Die Würfel sind gefallen
Das umstrittene Freiheits- und Einheitsdenkmal auf der Berliner Schlossfreiheit kann nun endlich gebaut werden



Noch gibt es von der Einheitswippe nur Modellfotos, bis zum 30. Jahrestag des Maufalls am 9. November 2019 soll sie fertig gestellt sein.



Aus der Vogelperspektive kann man die Lage des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals auf der Berliner Schlossfreiheit gut erkennen.



Der riesige Reiter füllt das Atelier seines Schöpfers, des Bildhauers Reinhold Begas, aus.



Die bald hundert Jahre alte Postkarte bildet das Kaiserdenkmal samt Kolonnade ab. Im Hintergrund sind die mit Marmorfiguren geschmückte Schlossbrücke, das Zeughaus Unter den Linden und die Kuppel des Bode-Museum zu erkennen, das damals Kaiser-Friedrich-Museum hieß.




Die Mauer vor der Schlossbaustelle gehört zum Sockel des Kaiserdenkmals, auf den alsbald die Einheitswippe gestellt werden soll. Die Aufnahme wurde Ende 2016 gemacht.




Mit Bauplanen verhüllt zeigte sich der Denkmalsockel am 15. Februar 2017, dahinter wird fleißig an der Sanierung und Restaurierung gearbeitet. (Fotos/Repros: Caspar)

In seiner Rede zur Eröffnung der Bundesversammlung am 12. Februar 2017, die den bisherigen Außenminister Frank Walter Steinmeier zum neuen Bundespräsidenten wählte, erklärte Bundestagspräsident Norbert Lammert, zum historischen Werden Deutschlands gehöre auch seine zwar wechselvolle, aber beachtliche Freiheits- und Demokratiegeschichte. "Ihrer angemessen und würdig zu gedenken, ist ebenso unverzichtbar wie konstitutiv für das Selbstverständnis unserer Nation. Ein Freiheits- und Einheitsdenkmal an einem zentralen Ort unserer Republik bleibt darum die noch immer ausstehende notwendige Ergänzung unserer vielfältigen Gedenklandschaft in der deutschen Hauptstadt." Das habe der Deutsche Bundestag beschlossen, symbolträchtig an einem 9. November, vor inzwischen schon fast zehn Jahren.

Nach vielem Hin und Her steht jetzt fest, dass das Freiheits- und Einheitsdenkmal tatsächlich gebaut werden soll. Einen Tag nach Lammerts mit Beifall aufgenommenen Votum einigten sich die Fraktionschefs von Union und SPD, Volker Kauder und Thomas Oppermann, auf das im Volksmund "Einheitswippe" genannte Denkmal. Wie geplant soll es auf der Schlossfreiheit gegenüber dem Humboldt Forum errichtet werden, das in der äußeren Gestalt des 1950 abgerissenen Stadtschlosses gerade entsteht (siehe Eintrag auf dieses Internetseite/Berlin vom 6. Dezember 2016).

Vor einem Jahr war das Projekt einer beweglichen, leicht gewölbten Schale mit der Inschrift "Wir sind das Volk - Wir sind ein Volk" vom Haushaltsausschuss des Bundestags gestoppt worden. Zur Begründung wurde erklärt, die so genannte Einheitswippe werde viel zu teuer. Statt der ursprünglich veranschlagten zehn Millionen Euro würde die Ausführung des Entwurfs des Architekten Johannes Milla fünfzehn Millionen Euro kosten. Sein Entwurf war siegreich aus zwei Wettbewerben mit 920 Einreichungen. Der Architekt verwies auf Baugenehmigung, das Projekt sei komplett baureif, und alle technischen Fragen seien geklärt. Dass Mitglieder des Haushaltsausschusses einen Beschluss des Deutschen Bundestages kippen, wurde als unmöglich empfunden. So war es nur eine Frage der Zeit, dass die oberste deutsche Volksvertretung sich für ihr eigenes Votum stark macht. Das ist jetzt geschehen. Unbenommen davon gibt es weiterhin kritische Fragen rund um die Einheitswippe, und sie werden auch nicht verstummen, wenn sie am 30. Jahrestag des Falls der Mauer am 9. November 2019 eingeweiht wird.

Mit der Entscheidung für die Einheitswippe ist eine von manchen Beobachter als geradezu irrwitzig bezeichnete Idee vom Tisch, statt des offiziell "Menschen in Bewegung" genannten Freiheits- und Einheitsdenkmals die nicht mehr vorhandene Säulenhalle des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Denkmals komplett neu aufzubauen. Wilhelm II., der Enkel des Monarchen, hatte das riesige Reitermonument mit einer eindrucksvollen Kolonnade im Hintergrund 22. März 1897 eingeweiht, dem einhundertsten Geburtstag des Königs von Preußen, der am 18. Januar 1871 in Versailles zum deutschen Kaiser ausgerufen wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Bronzefiguren bis auf vier Löwen und einen Adler eingeschmolzen, und die steinerne Kulisse fiel der Spitzhacke und dem Schredder zum Opfer.

Stehen blieb damals der monumentale Unterbau des mit zahlreichen Symbolen der Monarchie sowie Tieren aller Art geschmückten Monuments. Direkt an einem Spreearm gelegen, diente das Gewölbe in DDR-Zeiten als Platz für Personen, die an hohen Feiertagen der auf einer Tribüne versammelten SED- und Staatsführung zujubeln und militärischen Übungen beiwohnen mussten.

15. Februar 2017

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