Der BER lässt grüßen
Wiedereröffnung der Staatsoper verzögerte sich um vier Jahre und fand am 3. Oktober 2017 statt





Am Tag der deutschen Einheit herrschte Unter den Linden besonders viel Trubel, oben Blick auf die Kuppel des Humboldt Forums. Vor der rosa angestrichenen Staatsoper wurden die letzten Vorbereitungen für den Empfang der Gäste der Eröffnungsgala getroffen.





Um 1900 war die Königliche Oper ein beliebtes Motiv von Stadtansichten aller Art und manchmal auch von kitschigen Postkarten.



Die gelegentlich für repräsentative Veranstaltungen der DDR-Regierung genutzte, festlich beleuchtete Staatsoper in den 1960-er Jahren ohne die originale Inschrift FRIDERICUS REX APOLLINI ET MUSIS. Sie kehrte erst in den 1980-er Jahren während der Honecker-Ära zurück. (Fotos/Repros: Caspar)

Nach siebenjähriger Umbauzeit wurde die Staatsoper Unter den Linden in Berlin am 3. Oktober 2017, dem 27. Tag der deutschen Einheit, mit den "Faust Szenen" von Robert Schumann eröffnet. Allerdings schließen sich schon nach vier Tagen die Türen des von Dach bis Keller umgebauten und aufwändig erneuerten Kulturtempels (siehe Vorschau auf die Eröffnung am 3. Oktober 2017 auf dieser Internetseite/Berlin und Brandenburg 25. April 2017). Denn es sind noch bis zum Beginn des regulären Spielbetriebs einige restliche Arbeiten und Nachjustierungen nötig. Das betrifft das Funktionieren der technischen Einrichtungen, aber auch die Frage, ob die erwartete, überaus teure Verbesserung der Akustik tatsächlich bei vollbesetztem Saal eintritt. Am 7. Dezember 2017, wenn das 275. Jubiläum des Opernhauses begangen wird, nimmt die Staatsoper ihren regulären Spielbetrieb auf. Berlins Kultursenator Klaus Lederer freut sich, dass das Haus nun endlich seiner Bestimmung übergeben werden kann. "Mit der Sanierung des baulichen Ensembles wird Historisches ins Heute transferiert, wird Altes bewahrt und gleichzeitig Neues gewagt." Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher meint, die grundlegende Sanierung und Modernisierung eines solchen bedeutenden ehrwürdigen Hauses habe von allen Beteiligten Respekt vor dem Gebäude und ein hohes Maß an Können gefordert. Der erreichte Stand sei beeindruckend, und sie sei ganz sicher, dass das Ergebnis alle überzeugen wird.

Neubau in alten Mauern

Die Staatsoper ist, genau genommen, ein Neubau in den alten Mauern. Wer den vor 275 nach Plänen von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff für den musikbegeisterten Preußenkönig Friedrich II. für Opern, Konzerte und höfische Feste errichteten Prunkbau Unter den Linden betritt, wird sich an Rocaillen und Vergoldungen, an funkelnden Kristallen, zarten Stoffbespannungen und Marmorierungen und vor allem an der neuen Akustik erfreuen. Und er wird befriedigt zustimmen, dass abenteuerliche Pläne der vergangenen Jahre zur radikalen Umgestaltung des Innenraums nicht verwirklicht wurden.

Während der Umbauphase wurde heftig darüber diskutiert, wie denn der Zuschauersaal und die Spielbühne beschaffen sein sollen. Ein radikaler Umbauplan von Klaus Roth, der auf den Verzicht der im Stil des friederizianischen Rokoko gehaltenen Innenausstattung aus den 1950-er Jahren nach Plänen von Richard Paulick hinauslief, wurde nach heftigen Protesten in der Öffentlichkeit verworfen. Um aber dennoch die Nachhallzeit zu verlängern, hat der Architekt HG Merz auf Wunsch des Generalmusikdirektors Daniel Barenboim die Decke des Innenraumes um vier Meter anheben lassen, womit das Raumvolumen von 6500 auf 9500 m³ vergrößert wurde. Diese markante und dazu sehr teure Maßnahme ist von außen nicht zu sehen, denn die Kubatur des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes durfte nicht verändert werden. Nach akustischen Berechnungen soll sich die Nachhallzeit von rund 1,1 auf 1,6 Sekunden erhöht haben. Barenboim zeigte sich bei Führungen durch das Opernhaus begeistert.

Die Baumaßnahmen umfassten das Gesamtensemble der Staatsoper, das heißt das aus der Zeit Friedrichs des Großen stammende, danach immer wieder um- und ausgebaute Opernhaus, das Intendanzgebäude, das Probenzentrum im ehemaligen Magazingebäude mit den neuen Probensälen sowie die unterirdische Verbindung zwischen Probenzentrum und der Oper. Bei aller Euphorie und Bewunderung für die Leistungen der Architekten, Bauleute, Kunsthandwerker und Innengestalter muss gesagt werden, dass die Arbeiten an und in der Staatsoper längst schon hätten beendet werden sollen, und auch die Baukosten haben sich statt der seinerzeit geplanten 239 Millionen Euro auf etwa 400 Millionen Euro fast verdoppelt.

Den schwarzen Peter hat Berlin

Der Wiedereinzug in das Staatsoperngebäude war für Herbst 2013 geplant. Doch wurde der harte Winter 2010/2011 neben anderen Gründen von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher als verantwortlich für eine erste Verzögerung um anderthalb Jahre angegeben. Danach wurde von offizieller Seite vage der Oktober 2015 genannt. Die Baubehörde sah sich außerstande, die eigenen Pläne zu garantieren, was zu peinlichen Vergleichen mit den katastrophalen Zuständen am Flughafen BER in Schönefeld führte, bei dem sich kein Politiker mehr traut, einen Eröffnungstermin zu nennen und Verantwortung für die rasant angestiegenen Kosten zu übernehmen. Da sich der Bund auf einen Zuschuss von 200 Millionen Euro und keinen Cent mehr festgelegt hatte, muss das Land Berlin, das den schwarzen Peter gezogen hat, rund 200 Millionen Euro zahlen.

Ein wegen der Terminverzögerung und der irrsinnigen Verteuerung der Baumaßnahmen eingesetzter Untersuchungsausschuss ergab schwerwiegende Fehler in Politik und Verwaltung. Die Erklärungsversuche für das Baudebakel, wonach schlechtes Wetter, der rutschige Berliner Sandboden und überraschend aufgetauchte mittelalterliche Palisadenpfähle beim Aus- und Umbau zu den Verzögerungen und der Kostenexplosion beigetragen hätten, ließ der Ausschussvorsitzende Wolfgang Brauer (Die Linke) nicht gelten. Das Landesparlament habe jede Kostensteigerung abgenickt. Ihm sei seine Kontrollfähigkeit weitgehend abhanden gekommen. Die Querelen und Sorgen rund um Um- und Ausbau des Opernhauses werden, wenn dort erst einmal der Spielbetrieb aufgenommen ist, schnell vergessen sein wie so manch anderer Bauskandal in Berlin. Wichtig ist erst einmal, dass die Staatsoper wieder Besucher empfängt.

3. Oktober 2017

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