Spuren der Vergangenheit
Was bei archäologischen Grabungen im Bereich des Berliner Hohenzollerresidenz ans Tageslicht kam



Das Areal zwischen Staatsratsgebäude, Dom und Lustgarten wurde in den vergangenen Jahren von Archäologen des Berliner Landesdenkmalamtes untersucht.



Was die freigelegten Fundamente zu bedeuten haben und welchen Erkentnisgewinn die Grabungen erbrachten, wird in dem neuen Schlossbuch ausführlich anhand von Bauplänen und Beschreibungen erläutert.



So sah das kurfürstliche Schloss zu Cölln an der Spree vor dem großartigen Umbau in einen barocken Palast durch Andreas Schlüter und andere Künstler aus. Die Zeichnung aus dem Jahr 1690 stammt von Johann Stridbeck.



Im Bauschutt haben die Archäologen viele für die Schloss- und Stadtgeschichte interessante Relikte entdeckt, so auch das wunderbar gearbeitete Pelikan-Relief, das ursprünglich zu einem italienischen Grabmal aus dem 16. Jahrhundert gehörte.
(Fotos/Repros: Caspar)


Das Berliner Schloss erlebt seit einigen Jahren seine Wiedergeburt als Humboldt Forum. Die Fassade erhält an drei Seiten nach und nach ihr barockes Aussehen, und bald wird auch die riesige Kuppel aus der Mitte des 19. Jahrhunderts fertig gestellt sein. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz bereitet den Umzug ihrer Dahlemer Museen in den Neubau gegenüber dem Dom am Lustgarten und der Museumsinsel vor. Im Vorfeld der Bauarbeiten haben Berliner Archäologen das Areal erforscht, das einige Jahre lang vom Palast der Republik besetzt war. Vom Rand der Grabungen und bei Führungen konnte man ihnen bei der Arbeit zuschauen. Jetzt liegt ein gut illustriertes Buch über spektakuläre Funde auf dem Schlossgelände und seiner Umgebung vor. Der Bild-Text-Band "Das Berliner Schloss. Geschichte und Archäologie" erschien im Elsengold Verlag Berlin, hat 160 Seiten, rund 100 Abbildungen und kostet 24,95 Euro (ISBN 978-3-944594-58-3). Autoren sind Dr. Michael Malliaris, der die Ausgrabungen geleitet hat, und Prof. Dr. Matthias Wemhoff, der Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte und Berliner Landesarchäologe. Ihr Buch dokumentiert die wechselvolle Geschichte der 1950 auf Befehl der SED beseitigten Kriegsruine der Hohenzollernresidenz und schildert am Beispiel einzigartiger Fundstücke Stationen der etwa 800jährigen Geschichte von Berlin-Cölln.

Deutlich wird, welche Bedeutung das langsam immer größer werdende Schloss für die Haupt- und Residenzstadt hatte und wie es das Zusammenleben ihrer Bewohner im Guten und im Bösen beeinflusste. Dass die freiheitsliebenden Berliner in der Residenz eine Art Zwingburg sahen und ihren Bau zumindest im 15. Jahrhundert zu verhindern suchten, gehört ebenso zur Geschichte wie die Kämpfe in der Revolution von 1848/9, bei der es um die Abschaffung feudaler Schranken und Erlangung demokratischer Rechte ging, und von 1918, in deren Verlauf Kaiser Wilhelm II. abdankte und das Weite suchte. Neben dem ersten Preußenkönig Friedrich I. war es dieser Kaiser, der dem Berliner Schloss durch prunkvolle Um- und Ausgestaltung am nachhaltigsten seinen Stempel aufdrückte.

Die Autoren würdigen ausführlich die Leistungen dieser und weiterer Monarchen und der von ihnen beauftragten Künstler. Sie schlagen einen Bogen vom mittelalterlichen Berlin, das bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts noch ohne markgräfliches und kurfürstliches Schloss auskam, bis zur Gegenwart und vermitteln Einsichten in das Werden und Wachsen der Stadt. Es schildert unter anderem, wie das Schloss vor dem barocken Umbau durch Andreas Schlüter und andere Architekten ausgesehen hat und welche "Bodenurkunden" davon ans Tageslicht kamen, etwa als der Inhalt von Abfallgruben oder Schichten mit Bauschutt genauer unter die Lupe genommen wurde.

Vorgestellt werden unter anderem modisches Accessoire aus Metall, nach Berlin importierte Dachziegel aus Schiefer, aber auch jede Menge zerbrochenes Glas und Irdenware sowie gebrannte Bau- und Schmuckziegel. Jedes Stück erzählt Berlin- und Landesgeschichte, so auch das in einem Grab am Schlossplatz gefundene achtspitzige Johanniterkreuz des am Hof hochangesehenen Konrad von Burgdorff und ein mit einem ungeschliffenen Rubin besetzter Fingerring mit den Initialen des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Die Autoren vermuten in dem Ring ein Unterpfand für die von dem Adligen seinem Landesherren erwiesene Treue. Im Bereich des Eosanderportals haben die Archäologen vom Berliner Landesdenkmalamt Reste eines Reliefs mit einem Pelikan in der Mitte entdeckt, der nach der Sage seine Jungen mit dem eigenen Blut ernährt und damit zum Inbegriff für aufopfernde Liebe wurde.

Um eine Vorstellung von der baulichen Entwicklung des Berliner Schlosses und seiner Einbindung in das städtische Umfeld zu bekommen, kann man sich in Lagepläne vertiefen und auch alte Stadtansichten studieren. Die archäologischen Untersuchungen ergaben Einsichten nicht nur in die Geschichte der Hohenzollernresidenz sowie des benachbarten Dominikanerklosters und seiner Kirche, in die als Vorgängerin des 1905 eingeweihten Berliner Doms gilt. Das eine oder andere Fundstück wird im Humboldt Forum zu sehen sein. Auf die von den Autoren des Buches angekündigten Präsentation im neuen "Museum des Ortes" kann man gespannt sein. Michael Malliaris und Matthias Wemhoff laden schon heute zu einem gedanklichen Rundgang durch die Räume ein.

6. Januar 2017

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