"Sein Lied war deutsch und deutsch sein Leid"
Albert Lortzing komponiert im Tiergarten und Friedrich Karl Christoph Fasch wacht vor der Berliner Singakademie



Um zu komponieren, hat sich Albert Lortzing in den Tiergarten begeben.



Die Putten im Sockelbereich symbolisieren einige Themen aus Lortzings Opern.



Mitglieder des Herzoglichen Hoftheaters in Braunschweig haben Albert Lortzing zu Ehren das Grabmal im Hintergrund errichtet. Vorn kann man das Grabkreuz von Wilhelm Bach erkennen, der 1845 starb.



An den 1940 verstorbenen Walter Kollo und einige seiner populären Kompositionen erinnert der mit einem Porträt geschmückte schwarze Granitstein.



Vor Schinkels Singakademie, dem heutigen Maxim-Gorki-Theater, steht auf einem roten Granitsockel die Bronzebüste von Friedrich Karl Christoph Fasch. (Fotos: Caspar)

In einem Blumenrondell unweit der Rousseauinsel und der Großen Sternallee im Tiergarten steht das Marmordenkmal des in 1801 Berlin geborenen und dort 1851 verstorbenen Komponisten Albert Lortzing. Schöpfer des 6,50 Meter hohen Monuments von 1906 ist Gustav Eberlein, dem wir auch das Wagner-Denkmal verdanken (siehe Eintrag vom 4. April 2017 auf dieser Seite). Der Bildhauer, der zu den Günstlingen Kaiser Wilhelms II. gehörte und an Herrscherfiguren auf der Siegesallee und weiteren Staatsaufträgen beteiligt war, stellt den Komponisten, Kapellmeister, Sänger, Regisseur, Schauspieler und Dichter stehend mit einem Notenheft in der einen Hand dar, während die andere Hand einen Stift hält, als ob er gerade Noten einträgt.

Gustav Eberlein hat mit dem Standbild ein hervorragendes Porträt des Komponisten geschaffen. Ein Relief vorn auf dem Sockel ist mit Putten geschmückt, die an einige Lortzing-Opern erinnern. So trägt einer dieser dicklichen Knaben eine riesige Allongeperücke und spielt damit auf Lortzings wohl populärstes Werk "Zar und Zimmermann" an. Andere Putten halten Noten, ein Schlüsselbund, einen Hammer und ein Weinglas in den Händen. Dass es sich um ein Komponistendenkmal handelt, demonstrieren die Embleme unterhalb der Inschrift "Lortzing". Links und rechts eines Blattgehänges hat der Bildhauer zudem noch einige Musikinstrumente angebracht.

Wer das Denkmal betrachtet, meint, einen erfolgreichen und glücklichen Künstler vor sich zu haben. Doch das täuscht, denn Lortzings nicht sehr langes Leben war von manchen Höhen und noch mehr Tiefen geprägt. Das Komponieren hatte der Sohn eines Lederhändlers als Autodidakt erlernt. Seinen Lebensunterhalt verdiente er mehr schlecht als recht als Schauspieler in Detmold, wo er auch seine ersten Singspiele und Opern auf die Bühne brachte, und in anderen Städten. In Leipzig reüssierte er als Kapellmeister und hatte einigen Erfolg mit sieben "komischen" Opern, darunter "Zar und Zimmermann" und "Der Wildschütz".

Unerwünschte Improvisationen

Da Lortzing zum Improvisieren neigte und gelegentlich von seinen durch die Zensur genehmigten Rollentexten abwich, geriet er in den Blick der in Theatern sitzenden amtlichen Aufpasser, die auf Zucht und Ordnung zu achten und gegen politisch inkorrekten Spott einschreiten mussten. Mit "Zar und Zimmermann", die auch Dummheit und Borniertheit bei den Obrigkeiten der Barockzeit aufs Korn nimmt und ein Loblied auf den jungen Peter Romanow singt, seines Zeichens Kaiser aller Reußen, war Lortzing folgreich. Bei der Uraufführung der komischen Oper am 22. Dezember 1837 in Leipzig sang Lortzing den wissbegierigen, durch Europa inkognito reisenden Peter Iwanow. Allerdings brachte die Oper erst 1839 in Berlin seinem Schöpfer einen umjubelten Erfolg.

Als Lortzing 1850 am Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater in Berlin, dem heutigen Deutschen Theater, als Kapellmeister angestellt wurde, war das für ihn weder künstlerisch noch finanziell sonderlich erfreulich. Zwar lockten seine Opern viele Zuhörer an, doch hatte er materiell nicht viel von ihnen. Verschuldet und verarmt starb der Komponist volkstümlicher Opern und weiterer Werke bereits Anfang 1851 in seiner Geburtsstadt Berlin. Die Inschrift auf Lortzings in gotisierendem Stil mit einem Bildnismedaillon geschmückten Grabmal auf dem Sophienfriedhof an der Bergstraße im Berliner Bezirk Mitte bringt das Schicksals des Toten mit den Worten auf den Punkt: "Sein Lied war deutsch und deutsch sein Leid / Sein Leben Kampf mit Not und Neid /Sein Lied flieht diesen Friedensort / Der Kampf ist aus, sein Lied tönt fort". Lortzings Theaterkollegen hatten seinen Sarg mit den - an die gescheiterte Revolution von 1848/49 erinnernden - Farben Schwarz-Rot-Gold ausgekleidet. Musikfreunde finden in der Nähe des Lortzing-Grabes noch das mit einem schönen gusseisernen Kreuz geschmückte Grab von Wilhelm Bach, des letzten Enkels von Johann Sebastian Bach, sowie von Walter Kollo, der durch seine Operettenmelodien und Schlager bis heute in Erinnerung ist und auch gespielt wird.

Gründer der Singakademie

Auf einem Rasen- und Blumenrondell vor der Berliner Singakademie steht zwischen Zeughaus und Humboldt-Universität das von Fritz Schaper geschaffene Denkmal von Friedrich Karl Christoph Fasch. Der Komponist, Musiklehrer und Chorleiter war Sohn eins Zerbster Hofkapellmeisters, bei dem er seine musikalische Ausbildung erhielt. Die Büste auf einem Sockel aus rotem Granit war bereits in den 1930-er Jahren abgebaut und im Märkischen Museum eingelagert worden. Die Rückkehr des Denkmals in die Innenstadt vor ein paar war eine Verbeugung vor einem bedeutenden Musiker, der heute zu Unrecht wenig gespielt wird und für die vielen von uns nichts mehr bedeutet. Fasch kam 1756 nach Berlin, wo er als Cembalist den König bei seinen Flötenkonzerten begleitete und dafür die schmale Jahresgage von 300 Reichstalern erhielt. Diese Bezahlung verbesserte sich etwas, als er 1774 zum Hofkapellmeister ernannt wurde. Der "Alte Fritz" lehnte immer wieder Faschs Entlassungsgesuche ab und nötigte ihn, regelmäßig nach Potsdam zu reisen, was damals sehr teuer war, und vor dem König zu spielen. Da dieser fast alle seine Zähne verloren hatte, konnte er seine geliebte Flöte nicht mehr selber spielen. Auch war dem gichtkranken Herrscher in zunehmendem Alter Haus- und Hofmusik leid geworden.

Fasch widmete sich außer dem Komponieren auch musiktheoretischen Arbeiten und vielfältigen wissenschaftlichen Studien. Bei dem Versuch, einen Chor für seine Werke zu finden, der diesen gewachsen ist, hatte er keinen Erfolg. Deshalb suchte und fand er Privatschüler, die er in der "Singe-Academie" um sich versammelte. Der Laienchor wurde am 24. Mai 1791 gegründet. Fasch studierte mit seinen Sängern neben eigenen Werken auch die von Johann Sebastian Bach ein. Außerdem schrieben Joseph Haydn, Ludwig van Beethoven und andere Musiker für die Singakademie zu Berlin, die alsbald über Berlin hinaus berühmt wurde und bei Faschs Tod im Jahr 1800 rund 140 Mitglieder zählte. Als man ihn zu Grabe trug, erklang Mozarts Requiem erstmals auch in Berlin. Die Inschrift auf dem Grabstein auf dem Jerusalemer Friedhof in der Nähe des Halleschen Tors zitiert aus dem Psalm 40: "Ich harrete des Herrn und er neigete sich zu mir. Und hat mir ein neues Lied in meinen Mund gegeben zu loben unseren Gott."

6. April 2017

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