Ehrung für Theodor Mommsen
Auf dem Campus der Technischen Universität zu Berlin erinnert eine Gedenktafel aus Porzellan an den berühmten Gelehrten und Politiker



Die Gedenktafel an einem Gebäude der Technischen Universität Berlin weist auf den großartigen Altertumsforscher hin, der ineinem Haus etwa an dieser Stelle gewohnt hat



Das Gemälde von Ludwig Knaus zeigt Theodor Mommsen, der Vater von 16 Kindern war, in seinem Wohnhaus in Berlin-Charlottenburg.



Olaf Gulbransson hat im Satireblatt "Simplicissimus" den berühmten Gelehrten und streitbaren Politiker Theodor Mommsen mit wenigen Strichen eindrucksvoll porträtiert.



Seit 1909 schaut der in Marmor gemeißelte Mommsen vom Ehrenhof der Humboldt-Universität hinaus auf die Straße Unter den Linden.



Auf der Rückseite der Plakette zur Zweihundertjahrfeier der Berliner Akademie der Wissenschaften sind die Namen berühmter Mitglieder vermerkt, der von Theodor Mommsen ist in der letzten Zeile zu lesen.(Fotos: Caspar)

Berlins Kultursenator Klaus Lederer enthüllte am 1. Dezember 2017 an der Fassade eines Hauses der Technischen Universität Berlin, Straße des 17. Juni 152, eine Gedenktafel aus Porzellan zur Erinnerung an den Althistoriker und liberalen Politiker Theodor Mommsen. Anlass war der zweihundertste Geburtstag des weltberühmten Gelehrten, der etwa an dieser Stelle mit seiner Familie in der Marchstraße 8 gewohnt hat, einige Gebäude der damaligen Technischen Hochschule im damals noch selbstständigen Charlottenburg im Blick. Lederer, Michael Wildt, der Vorsitzende der Historischen Kommission zu Berlin, Wilfried Nippel von der Humboldt-Universität und weitere Redner dankten der Gasag AG, die als Sponsor das Erinnern durch Tafeln aus der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin quer durch die Hauptstadt unterstützt.

In den Ansprachen wurde hervorgehoben, dass Theodor Mommsen zu den bedeutendsten Historikern des 19. Jahrhunderts gehörte und als bedeutender Wissenschaftsmanager und Lobbyist, wie wir heute sagen würden, für die von ihm und anderen betriebenen Forschungen staatliche und private Zuschüsse aquiriert hat. Für sein dreibändiges Werk "Römische Geschichte" erhielt Mommsen 1902, sehr zu seiner Überraschung, den Literatur-Nobelpreis. Die "Römische Geschichte" zählt durch seine Detailgenauigkeit und literarische Qualität bis heute zu den klassischen Standardwerken der Geschichtsschreibung. Wenn die ihm verliehene Nobel-Medaille aus Gold demnächst in New York versteigert wird, ist ihr ein bedeutender Preis sicher

Kämpferisch gegen Otto von Bismarck

Als Abgeordneter und Politiker engagierte sich Mommsen kämpferisch für einen modernen und zukunftsorientierten Liberalismus. Besonders setzte er sich für die Anerkennung und Interessen der jüdischen Bevölkerung ein und ging damit gegen den seit der Revolution von 1848/49 zunehmenden Antisemitismus und den sich nach der Reichseinigung entwickelnden Imperialismus im Kaiserreich vor. In der von ihm gegründeten "Freien Wissenschaftlichen Vereinigung" sammelte Mommsen Persönlichkeiten um sich, um mit ihnen gegen Reaktion und Antisemitismus zu kämpfen. Im sogenannten Berliner Antisemitismusstreit 1879/1880 bezog er gegen seinen Historikerkollegen Heinrich von Treitschke Stellung, dessen Parole "Die Juden sind unser Unglück" später von den Nationalsozialisten als Argument für den Holocaust benutzt wurde. Mommsen war im Jahr 1890 einer der führenden Gründer des Vereins zur Abwehr des Antisemitismus. Als Abgeordneter legte sich der streitbare Professor, vergleichbar etwa mit dem Mediziner Robert Koch, im Preußischen Landtag beziehungsweise im Deutschen Reichstag mit Reichskanzler Otto von Bismarck an.

Nachdem der aus dem damaligen Herzogtum Schleswig stammende Pfarrerssohn zeitweilig in Zürich, Breslau und andern Universitätsstädten tätig war, folgte er 1859 einem Ruf nach Berlin, wo er als Autor bedeutender Werke über die Antike in die Geschichte große Anerkennung erwarb. Wissenschaftsgeschichte schrieb der Gelehrte mit dem von ihm aus der Taufe gehobenen "Corpus Inscriptiorum Latinarum", dem "Griechischen Münzwerk" und weiteren bis in unsere Zeit reichenden Forschungsprojekten, die heute an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften angesiedelt sind oder waren.

Im Ehrenhof der Humboldt-Universität kann man dem Altertumsforscher Mommsen direkt in die Augen schauen. Das Marmordenkmal, ein Werk des Bildhauers Adolph Brütt, wurde am 1. November 1909 im Rahmen der Einhundertjahrfeier der Berliner Universität eingeweiht. Drei Jahre nach dem Tod des berühmten Professors mit dem wehenden Haar um den Charakterkopf war ein Wettbewerb ausgeschrieben worden, nach dem Gelehrte sitzend dargestellt werden sollte. Parallelen zu den Marmordenkmälern der Brüder Wilhelm und Alexander von Humboldt vorn an der Straße Unter den Linden waren gewollt. Gelassen schaut Mommsen auf die Betrachter herab. Mit einem langen Mantel bekleidet, ohne den man sich einen solchen Gelehrten damals nicht vorstellen konnte, strahlt er Würde und Ruhe aus. Die linke Hand ruht auf einem aufgeschlagenen Buch, der rechte Arm lehnt über die Seitenwand seines Sessels. Brütt hatte Mommsens Totenmaske abgenommen und schuf danach ein vorzüglich gelungenes Altersbildnis des Mannes, der sich in der Revolution von 1848/49 mit der Obrigkeit angelegt hatte und dafür sein Lehramt in Leipzig verlor.

Suche nach der Varusschlacht

Römermünzen, die in Kalkriese am Ort der Schlacht im Teutoburger Wald gefunden wurden, sind 1884 vom späteren Direktor des Berliner Münzkabinetts, Julius Menadier, untersucht worden. Theodor Mommsen entwickelte aufgrund dieses Materials die These, dass Kalkriese der Ort der berühmten Varusschlacht war, was aber von der damaligen Fachwelt nicht akzeptiert wurde. Zu abenteuerlich war der Gedanke, lediglich aus Fundmünzen auf den Ort der Schlacht im Jahr 9 nach Christus zu schließen, zumal weitere Beweisstücke aus dem Besitz der Römer noch nicht ausgegraben waren. Der Feldherr P. Quinctilius Varus hatte die Schlacht gegen germanische Stämme krachend verloren und beging Selbstmord. Die verheerende Niederlage und der Verlust von drei Legionen lösten in Rom Panik aus. Kaiser Augustus, der schon den Feind vor den Toren der Stadt wähnte, soll geklagt haben "Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder".

Wo genau die Schlacht stattgefunden hat, über die nur spärliche zeitgenössische Berichte vorliegen, konnte in den letzten Jahren aufgrund von Ausgrabungen und der Analyse der dort in großer Zahl gefundenen Münzen festgestellt werden. Zahlreiche in Kalkriese im heutigen Landkreis Osnabrück und der Umgebung gemachte Funde dokumentieren die metallene Ausrüstung der in der Varusschlacht untergegangenen Legionen, hingegen hat sich aufgrund der spezifischen Lagerbedingungen in der Erde kaum organisches Material erhalten, gelegentlich sind Gebeine der Krieger ausgegraben worden.

Lange war die Schlacht im Teutoburger Wald vergessen, erst im 19. Jahrhundert wurde das Thema populär. Dichter und Maler schmückten das Ereignis aus, ohne Kenntnis von dem wahren Ablauf zu haben. "Als die Römer frech geworden, zogen sie nach Deutschlands Norden. Vorne mit Trompetenschall, ritt der Generalfeldmarschall, Herr Quinctilius Varus...." - das Lied von Viktor von Scheffel war in der Kaiserzeit in aller Munde. Kein Geringerer als Heinrich von Kleist widmete 1808 der "Hermannschlacht" ein Drama, fünf Jahre vor den Befreiungskriegen gegen Frankreich, die der Dichter selber nicht mehr erlebte. Mit den wahren Vorgängen haben die literarischen Ausmalungen nichts zu tun. Der Standort des 1875 in Anwesenheit von Kaiser Wilhelm I. und zahlreichen anderen Fürsten enthüllten, von Ernst von Bandel geschaffenen Hermanndenkmals auf dem Grotenberg bei Detmold zur Erinnerung an Hermann (Arminius) den Cherusker hat mit dem nun endlich identifizierten Schlachtfeld nichts zu tun. Die Figur ist reine Fiktion, denn niemand weiß, wie der bei der Denkmalweihe als Befreier vom römischen Joch gefeierte Cheruskerfürst wirklich ausgesehen hat. Heldisch steht der germanische Recke auf einem riesigen säulenbestückten Unterbau, Adlerschwingen schmücken seinen Helm, und das Schwert ist hoch erhoben. Besucher des Hermanndenkmals müssen weiter nach Kalkriese fahren, wenn sie den authentischen Schlachtort und ein der Varusschlacht gewidmetes Museum besuchen wollen. .

1. Dezember 2017

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