Philosoph und Menschenfreund
Stele an der Spandauer Straße/Ecke Karl-Liebknecht-Straße erinnert an Moses Mendelssohn



In Bild und Schrift macht die Stele darauf aufmerksam, dass auf dem Grundstück an der Ecke Spandauer- und Karl-Liebknecht-Straße das Wohnhaus des jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn stand.



So hat man sich im 19. Jahrhundert eine Begegnung von Moses Mendelssohn (links)und dem Zürcher Theologen Johann Caspar Lavater im Hause von Gotthold Ephraim Lessing (Mitte) vorgestellt.



Ein Grabstein auf dem Jüdischen Friedhof an der Großen Hamburger Straße erinnert an den am 4. Januar 1786 verstorbenen Moses Mendelssohn. Die Stadt Berlin erhält die Stätte als Ehrengrab.



Im 1887 abgerissenen Wohnhaus von Moses Mendelssohn Spandauer Straße 86 gab es einen Friseur und ein Geschäft für Stoffe aus Samt und Seide. (Fotos/Repro: Caspar

In der Nähe der Berliner Marienstraße steht auf einer unbebauten Fläche an der Ecke Spandauer- und Karl-Liebknecht-Straße gut sichtbar eine Bild-Text-Stele zur Erinnerung an Moses Mendelssohn (1729-1786), den berühmtesten Vertreter der jüdischen Aufklärung und Pionier des modernen Judentums, so eine der Aussagen dieser Gedenkstätte. Kein Geringerer als Gotthold Ephraim Lessing, der im gleichen Jahr wie Moses Mendelssohn geboren wurde, hat seinem Freund in dem Drama ein eindrucksvolles Denkmal gesetzt.

Die Gedenkstele erhebt sich an einem Ort, auf dem Mendelssohns Wohnhaus Spandauer Straße 68 stand. Aus Dessau kommend, lebte er hier von 1762 bis zu seinem Tod am 4. Januar 1786. Im selben Jahr starb auch Preußens König Friedrich II., genannt der Große, der den Juden in seinem Reich einige Freiheiten gewährte, nicht ohne aus Privilegien und gezahlten Schutzgeldern Einnahmen für die Staatskasse zu gewinnen. Als dem König der Vorschlag unterbreitet wurde, Moses Mendelssohn in die Philosophische Klasse der Berliner Akademie der Wissenschaften als Mitglied aufzunehmen, lehnte dieser sich so tolerant und gegenüber in Religionsfragen aufgeschlossen gebende Monarch ab.

Moses Mendelssohn arbeitete in der preußischen Haupt- und Residenzstadt zunächst als Schreiber und Privatlehre und wurde Teilhaber einer Seidenfabrik, die ihm, seiner aus Hamburg stammenden Frau Fromet Guggenheim und den sechs Kindern eine gewisse Auskömmlichkeit sowie unabhängiges Forschen und Publizieren gewährten. Moses Mendelssohns ältester Sohn Joseph gründete das bekannte Bankhaus Mendelssohn. Der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy ist ein Enkel von Moses Mendelssohn.

Nach dem Tod von Moses Mendessohn konnte die Witwe das Wohnhaus von eher bescheidenem Zuschnitt kaufen. Zum einhundertsten Geburtstag des Philosophen, Aufklärers und Menschenfreund wurde über den Eingang eine Gedenktafel angebracht, die auf den berühmten Bewohner aufmerksam macht. Das war die erste öffentliche Ehrung, die in der Ära des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. einer bürgerlichen Person und dazu noch einem jüdischen Gelehrten zuteil wurde. Bis dahin hatte man nur mit Standbildern und Tafeln an Monarchen und Feldmarschälle erinnert. Das Haus, in dessen Erdgeschoss zuletzt ein Friseur seine Geschäftsräume unterhielt und es einen Laden für Stoffe aus Samt und Seide gab, wurde 1887 abgerissen, als die kaiserliche Reichshauptstadt Berlin mit großartigen Neubauten besetzt wurde und zahlreiche historische Gebäude in der Umgebung des Hohenzollernschlosses, Roten Rathauses und der Museumsinsel der Spitzhacke zum Opfer fielen. Die originale Marmortafel wird in einer Ausstellung zur Geschichte der Familie Mendelssohn auf dem Friedhof am Halleschen Tor im Berliner Bezirk Kreuzberg gezeigt.

Die Mendelssohn-Gesellschaft e.V. ist ein 1967 von Mendelssohn-Forschern und -Nachkommen gegründeter, in Berlin ansässiger gemeinnütziger Verein, der sich die Pflege und Verbreitung des geistigen und künstlerischen Erbes der Mendelssohn-Familie in allen ihren Zweigen zum Ziel gesetzt hat. Er hat rund 460 Mitglieder, darunter über einhundert Nachkommen von Moses Mendelssohn. Der Verein hat am 3. November 2013 in einer ehemaligen Trauerkapelle auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof in Berlin-Kreuzberg eine Dauerausstellung zur Geschichte der Mendelssohn-Familie eröffnet. Auf den Friedhöfen vor dem Halleschen Tor sind 28 Mitglieder der Familie bestattet, unter ihnen ist auch das Grab des 1847 mit erst 38 Jahren viel zu früh verstorbenen Felix Mendelssohn Bartholdy.

Das Grab von Moses Mendelssohn befindet sich auf dem Friedhof an der Großen Hamburger Straße im Bezirk Mitte. Der Grabstein erinnert in hebräischer und deutscher Sprache an den großen Gelehrten und Menschenfreund. Der Sockel des von Otto Lessing geschaffenen Lessingdenkmals im Tiergarten ist mit Porträts von Moses Mendelssohn sowie des Dichters Ewald von Kleist und des Schriftstellers und Verlegers Friedrich Nicolai geschmückt, in dessen Haus Brüderstraße 13 Moses Mendelssohn und weitere Vertreter des geistigen und künstlerischen Berlin der Aufklärungszeit gern gesehene Gäste waren.

21. Januar 2017

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