"Holland im Kleinen"
Oranienburg ehrte Mitte des 19. Jahrhunderts seine Namenspatronin Kurfürstin Luise Henriette - Schloss nördlich von Berlin erlebte seine Wiedergeburt



Das Oranienburger Schloss gehört zu den Liegenschaften der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Erbaut seit 1651 nach niederländischem Vorbild, wird es ab 1999 nach aufwändiger Sanierung und Restaurierung als Schlossmuseum genutzt.



Die Medaille aus dem Jahr 1657 von Thomas Reuss auf die Geburt des Prinzen Friedrich, der das Oranienburger Schloss seinen Eltern widmete und sich 1701 zum König Friedrich "in" Preußen krönte. Kurprinz Carl Aemil steht beim Vater, sein kleiner Bruder wird von der Mutter auf dem Arm gehalten.



Von der prunkvollen Innenausstattung des Oranienburger Schlosses ist kaum etwas übrig geblieben, lediglich künden in der früheren Porzellankammer farbiger Stuck und ein prächtiges Deckengemälde von ehemaliger Pracht.



So muss man sich die Präsentation chinesischer Keramik auf einer vergoldeten Etagère in der Porzellankammer vorstellen.



Milde schaut die aus den Niederlanden stammende Kurfürstin Luise Henriette auf ihre Landeskinder herab. Bestattet ist die 1667 verstorbene Oranierin in einem Prunksarg in der Hohenzollerngruft des Berliner Doms.



Nach langer Odyssee ist das prachtvolle Denkmal des mit einem Lorbeerkranz geschmückten Kurfürsten Friedrich III. in das Schloss Oranienburg zurückgekehrt.



Das Portal zum Schlosspark ist mit dem gekrönten Monogramm Friedrichs III./I. geschmückt. (Fotos: Caspar)



Im Jahre 1850 beschlossen Bürger, Magistrat und Stadtverordnete von Oranienburg, die Kurfürstin Luise Henriette von Brandenburg durch ein Denkmal zu ehren. Anlass war die Zweihundertjahrfeier der Umbenennung des bisherigen Ortes Bötzow in Oranienburg. Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der die Herrschaft seiner Gemahlin Luise Henriette geschenkt hatte, ehrte damit seine aus dem niederländischen Geschlecht der Oranier stammenden Gemahlin, die sich die sich um die Kultivierung der Region verdient gemacht hatte und hier ein Schloss, die Oranienburg, errichten ließ. Zugleich war der Besitz als Einnahmequelle der Kurfürstin wichtig, die gut zu wirtschaften wusste. Nachdem der preußische König Friedrich Wilhelm IV. am 18. Juni 1850 den Grundstein für das Denkmal gelegt hatte, dauerte es noch acht Jahre, bis es unweit des Schlossparks enthüllt werden konnte.

Der Bildhauer Wilhelm Wolff stellt die zu ihren Untertanen milde und freundlich herab blickende Landesmutter in prächtiger Hoftracht stehend und mit einer Urkunde in der Hand dar. Der um die Schultern gelegte Hermelinmantel und das Diadem auf dem Kopf deuten auf den fürstlichen Stand der Namenspatronin von Oranienburg. Die Inschrift auf einer in den Sockel eingelassenen Tafel lautet: "Der hohen Wiederbegründerin dieser Stadt: LUISE HENRIETTE Churfürstin von Brandenburg geb. Prinzessin v. Oranien zum dauernden Gedächtnis die dankbare Bürgerschaft Oranienburgs 1858."

Zeugnis der Dankbarkeit der Bürgerschaft

Der aus Fehrbellin stammende Berliner Bildhauer Wilhelm Wolff ging als Schöpfer von Tierfiguren in die Kunstgeschichte ein, war aber auch am Reliefschmuck aus Terrakottaplatten rund um das Rote Rathaus in Berlin beteiligt und hat das Grab des in Oranienburg lebenden und dort bestatteten Chemikers Friedrich Runge mit einem Bildnisrelief geschmückt. In einer Festschrift von 1858 zur Denkmalsweihe wird das Monument der Luise Henriette als Zeugnis der Dankbarkeit der Oranienburger Bürgerschaft und des preußischen Volkes gefeiert, als Ausdruck "seiner unwandelbaren Gegenliebe und Treue für ein Herrscherhaus, dem das Vaterland Alles verdankt".

Eigentlich hatte Kurfürst Friedrich Wilhelm Königin Christina von Schweden, die Tochter Gustav Adolphs, heiraten wollen. Doch da der Plan scheiterte, wandte er sich an den damals überaus glänzenden Hof in Den Haag, den er schon als Kurprinz kennen und schätzen gelernt hatte. Hier regierte Friedrich Heinrich von Nassau-Oranien als Erbstatthalter der Niederlande. Der Großonkel des Brandenburgers hatte vier Töchter standesgemäß unter die Haube zu bringen. 1646, zwei Jahre vor dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, gaben sich Friedrich Wilhelm und Luise Henriette in Den Haag das Jawort.

Die ersten Ehejahre verbrachte die junge Familie in Kleve, das damals zu Kurbrandenburg gehörte. Man war glücklich und unglücklich zugleich, denn der 1648 geborene Kurprinz Wilhelm Heinrich starb noch als Säugling, und der andere Sohn Carl Aemil wurde nicht einmal erwachsen. Der recht schwächliche und durch einen Unfall in zartem Kindesalter etwas behinderte Sohn Friedrich hingegen trat 1688 als Friedrich III. die Nachfolge seines Vaters an und krönte sich 1701 in Königsberg als Friedrich I. zum König "in" Preußen. Er ließ nicht nur das Berliner Schloss von Andreas Schlüter barock aus- und umbauen, sondern sorgte auch für den überaus prächtigen Ausbau des Schlosses Oranienburg. Mit einer langen lateinischen Inschrift an der zur Stadt ausgerichteten Fassade würdigte der Herrscher sich und seine Eltern in einer Weise, die man ungefähr so übersetzen kann: "Diese von Louise, der Prinzessin von Oranien, der besten Mutter, erbaute und durch den Namen ihres Geschlechts ausgezeichnete Schloss hat Kurfürst Friedrich III. zum Gedächtnis der sehr frommen Mutter erweitert, geschmückt und ausgebaut".

Glanz, Niedergang und neue Blüte

Das Oranienburger Schloss sah Zeiten des Glanzes und des Prunks, doch viel mehr auch solche des Niedergangs und Verfalls, weil die Hohenzollern das Interesse an ihm verloren hatten und die Halbruine zu Beginn des 19. Jahrhunderts für 12 000 Taler an einen Chemiefabrikanten verkauften. Die dort wabernden Salzsäuredämpfe, ein Brand, die Nutzung als Polizeikaserne in der Zeit des Nationalsozialismus und als Kaserne der Nationalen Volksarmee in DDR-Zeiten setzten dem Bau furchtbar zu. In seinen "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" notierte Theodor Fontane: "Ich entsinne mich der Jahre, wo ich als Kind des Weges kam und von Platz und Brücke aus ängstlich nach dem unheimlichen alten Bau herüberblickte, der, grau und verkommen, in Qualm und Rauch dalag, wie ein Gefängnis oder Landarmenhaus, aber nicht wie der Lieblingssitz Friedrichs I." Was nach dem Auszug der NVA noch existierte, haben Restauratoren wunderbar zum Leuchten gebracht, während Architekten und Bauleute zugemauerte Raumfluchten und verhunzte Säle wieder geöffnet und erlebbar gemacht haben. Zu neuer Blüte erweckt, ist das Oranienburger Schloss nun wieder ein Touristenmagnet im Norden Berlins.

Die als klug, umsichtig, mildtätig und fromm geschilderte Landesmutter machte aus Oranienburg eine Art "Holland im Kleinen". Ihr Mann Friedrich Wilhelm siedelte unter dem Einfluss seiner Gemahlin in der Gegend zahlreiche niederländische Bauern und Handwerker an und stattete sie mit vielfältigen Privilegien aus. Gutsbesitzer wurden ermuntert, den Neuankömmlingen attraktive Entwicklungsmöglichkeiten zu geben und ihnen Land zu übereignen. Niederländische Kanalbauer legten Feuchtgebiete trocken, und noch heute kann man in der Nähe von Oranienburg schnurgerade Wasserstraßen aus jener Zeit bestaunen.

Das von einem Graben umgebene Schloss, der erste Bau dieser Art in der Mark Brandenburg nach dem Dreißigjährigen Krieg, wurde von Blumen und Bäumen eingefasst, und auch der Gemüse-, Hopfen- und Obstanbau erlebte einen bis dahin ungekannten Aufschwung. Prächtig wurde der Schlossgarten mit Figuren, Brunnen, Grotten und Bögen ausgestattet. Der Kurfürst ließ sein eigenes Denkmal direkt vor dem Schloss aufstellen, so dass man es schon von weitem sehen konnte. Es steht heute nicht mehr unter freiem Himmel, sondern auf einem prominenten Platz im Inneren des Schlosses. Luise Henriette sammelte asiatisches Porzellan, damals ein unerhörter Luxus.

Bei so viel Sorge um die neue Heimat verwundert es nicht, dass die Oranienburger der Kurfürstin Luise Henriette zweihundert Jahre nach der Umbenennung der Stadt ein Denkmal errichteten. Es bestand aus dem damals beliebten Zinkguss, der billiger als Bronze war. Da sich die gegen Umwelteinflüsse sehr empfindliche Plastik in DDR-Zeiten in einem beklagenswertem Zustand befand, war Ende der 1990er Jahre eine umfassende Restaurierung notwendig. Sie erfolgte in der Bildgießerei Seiler in Schöneiche bei Berlin und umfasste sowohl ein neues Stützkorsett im Inneren als auch die Schließung zahlreicher Risse und Löcher. Zum Schluss erhielt das Bildwerk eine galvanoplastische Bronzierung, so dass es jetzt wieder aussieht, als sei es eben erst enthüllt worden. Die Aufstellung und feierliche Wiedereinweihung fand am 18. Juni 1999 statt, dem 332. Todestag der Kurfürstin.

Das überlebensgroße Marmordenkmal des Kurfürsten Friedrich aus dem Jahr 1692 ist ein Werk des Bildhauers Gabriel Grupello und war ursprünglich für die zu Kurbrandenburg gehörenden Stadt Kleve vorgesehen. Der wie ein römischer Imperator kostümierte Hohenzoller, der sich seit seiner Königskrönung am 18. Januar 1701 Friedrich I. nannte, ist ein treffliches Beispiel dafür, wie man in der Barockzeit fürstliche Personen öffentlich präsentierte. Der barhäuptige Herrscher blickt in eine imaginäre Ferne, die rechte Hand hält den - nicht mehr vorhandenen - Feldherrnstab, die linke Hand ist stolz in die Hüfte gestemmt. Dass es sich um einen regierenden Landesherren und einen Heerführer handelt, unterstreichen der über einen Prunkpanzer geworfene Hermelinmantel und ein am rechten, leicht eingeknickten Bein aufgestellter Helm mit Federbusch. Kleine Bohrungen im lockigen Haupthaar weisen darauf hin, dass hier ursprünglich ein vermutlich vergoldeter Lorbeerkranz befestigt war.

Odysee der "Marmel-Säule"

Aus den Annalen ist bekannt, dass die Statue erst im Zusammenhang mit den preußischen Krönungsfeierlichkeiten anno 1701 in Oranienburg enthüllt wurde, was ihre Neuaufstellung im Schloss anlässlich der großen Oranierausstellung "Onder den Oranje Boom - Niederländische Kunst und Kultur im 17. und 18. Jahrhundert an deutschen Fürstenhöfen" im Jahre 1999 erklärt. Nach der Krönung hatte das neue Königspaar im damals überaus prächtig eingerichteten Oranienburger Schloss Station gemacht, bevor es weiter nach Berlin und Potsdam zog. Die "Marmel-Säule" war am Ende einer Straße mit drei Ehrenpforten aufgerichtet worden. "Das Bildniß stand im Königlichen Ornat, mit einem Lorbeer-Crantz auf dem Haupt…(und ist am) 19. Mertz 1701 unter Läutung der Glocken, Lösung der Geschütze und dreimaliger Salve der Soldateque und Bürgerschafft so in Gewehr paradierten, aufgerichtet worden", heißt es in einer Chronik.

Bis 1718 stand das Denkmal vor dem Oranienburger Schloss, dann wurde es nach Charlottenburg gebracht und im Garten als Pendant einer Marmorstatue des Großen Kurfürsten von François Dieussart auf der Gartenterrasse aufgestellt. Zum Glück für den empfindlichen Marmor hat man die Figur später ins Berliner Schloss gebracht. Nach dessen Zerstörung kam sie mit dem Großen Kurfürsten in die Gruft des Berliner Doms und 1968 ins Untere Vestibül des Neuen Palais im Park von Sanssouci. Die Rückführung des Standbildes nach Oranienburg stellte gewissermaßen den historischen Zustand wieder her. Ein von Andreas Schlüter für den Innenhof des Berliner Zeughauses geschaffenes Denkmal des prachtliebenden und baufreudigen Friedrich III./Friedrich I. steht im Charlottenburger Schlossgarten neben Friedrich dem Großen, dessen Standbild von Johann Gottfried Schadow geschaffen wurde. Beide Statuen sind Bronzenachgüsse der Originale.

29. April 2017

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