"Keine Wippe auf dem Denkmalsockel"
Gesellschaft Historisches Berlin verlangt Revision des neuesten Bundestagsbeschlusses



Die mächtige Schlosskuppel mit dem Kreuz obenauf wurde auf Wunsch des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV., kurze Zeit nach der gescheiterten Revolution von 1848/9 auf das Hohenzollernschloss gesetzt.





Die Computersimulation kann überall betrachtet werden, doch bis vor kurzem hat kaum jemand an dem Kreuz auf der Kuppel Anstoß genommen. Das gilt auch für das in der Schlossbox ausgestellte Modell, auf dem auch das Kaiser-Wilhelm-Denkmal von 1897 zu sehen ist.



Der Schlosshof wird nach den derzeitigen Planungen ein Glasdach bekommen und so auch in der kalten und nassen Jahreszeit für die Besucher des Humboldt Forums attraktiv sein. (Fotos/Repro: Caspar)

Nach jahrelanger öffentlicher Diskussion hat der Deutsche Bundestag Anfang Juni 2017 den Bau des Freiheits- und Einheitsdenkmals vor dem Berliner Humboldt Forum gebilligt. Der Gebäudekomplex in der Kubatur des 1950 abgerissenen Hohenzollernschlosses soll in zwei Jahren als neuer Standort für die außereuropäischen Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz sowie von wissenschaftlichen Sammlungen der Humboldt-Universität eröffnet werden und das Angebot auf der Museumsinsel, ein paar hundert Meter weiter, ergänzen. Das auch Einheitswippe oder Merkelschaukel genannte Denkmal ist höchst umstritten. Die Hälfte der Berliner lehnt es als kitschig und auch wegen zu befürchtender Unfälle nicht ganz ungefährlich ab. "Die Schlossfreiheit soll zweckentfremdet genutzt werden", kritisiert die Gesellschaft Historisches Berlin e. V. (GHB) und fordert, das alte Denkmalfundament unbebaut stehen zu lassen. Es sollte dem Gedenken an das vorherige zerstörte Denkmal und als ein Mahnmal gegen allen Machtmissbrauch, den das deutsche Volk im Laufe seiner Geschichte erdulden musste, dienen.

Die GHB wendet sich gegen die Teilzerstörung des denkmalgeschützten und mit Mosaiken aus der Kaiserzeit geschmückten Sockels. Für die Gründung der Wippe müssten große Betonpfähle in das Erdreich getrieben werden, und da sie durch den restaurierten Sockel gebohrt werden müssen, würden dem alten Bauwerk ernsthafte Schäden entstehen. Das würde eine weitere Sanierung des Sockels für das 1897 mit großem Brimborium eingeweihten Nationaldenkmals Kaiser Wilhelms I. nach sich ziehen. Die Baukosten würden unter diesen Umständen nicht nur von zehn Millionen auf 15 Millionen, sondern sogar auf 25 Millionen Euro steigen.

Die GHB bleibt bei ihrer seit Jahren vertretenen Forderung trotz des neuerlichen Bundestagsbeschlusses "Keine Wippe auf dem Sockel des Nationaldenkmales". Zudem weist die GHB darauf hin, dass das Berliner Schloss von Denkmälern und Brunnen umgeben war, die in der Mehrzahl die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und den Abbruch des Schlosses überstanden haben. Mit der Errichtung des Humboldt Forums und seiner barocken Schlossfassaden werden Bestandsaufnahmen des ehemaligen plastischen Schmuckes der Schlossumgebung und der Schlossinnenhöfe gefordert. Sie könnten bei einer Planung für die unmittelbare Umgebung des Humboldtforums hilfreich sein.

Diese Problematik scheint noch nicht in den Blick der für den Bau des Humboldt Forums verantwortlichen Personen und Planer gelangt zu sein. Das gilt übrigens auch für die Gestaltung der riesigen Kuppel über dem Schlossneubau. Während der Berliner Senat dagegen ist, auf der Laterne genannten Spitze wieder ein Kreuz anzubringen, wie es seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zu sehen war, gibt es viele Stimmen, die genau diese originalgetreue Rekonstruktion verlangen. Schaut man sich Schlossmodelle etwa in der Humboldt Box gleich neben der Baustelle an, dann prangt auf der Kuppel ein Kreuz. Bisher haben Politiker beim Besuch der Ausstellung an ihm noch keinen Anstoß genommen.

14. Juni 2017



Zurück zur Themenübersicht "Berlin, Potsdam, Land Brandenburg"