Denkmal der Begegnung und Befreiung
Bilder vom Elbe-Day Ende April 1945 gingen um die Welt / Lange und unselige Tradition des Forts Zinna als Militärgefängnis





Das hoch über der Elbe gelegene Renaissance-Schloss Hartenfels ist Museum und Landratsamt. Wie die Schlösser in Meißen, Dresden und Wittenberg ist es eine großzügig angelegte Residenz der Kurfürsten von Sachsen. Ihr Name ist für das Jahr 1548 belegt. Die Schlosskapelle wurde 1544 von Martin Luther eingeweiht.



Sowjetische und amerikanische Soldaten stoßen beim Elbe-Day am25. April 1945 auf das Zusammentreffen beider Armeen an.





Das bereits 1945 eingeweihte Denkmal am Elbufer reichte der DDR nicht aus, in der Honecker-Ära wurde in der Nähe eine ergänzende Stelenwand aufgestellt, die die Segnungen des Sozialismus feiert.



Das aus dem frühen 19. Jahrhundert stammende Fort Zinna wurde im Laufe seiner zweihundertjährigen Geschichte immer wieder um- und ausgebaut. Die historische Gestalt lässt sich aus großer Höhe gut erkennen, wie dieses Luftbild zeigt. (Fotos/Repro: Caspar)

Zu den frühen Denkmälern in Deutschland, die nach dem Zweiten Weltkrieg zum Gedenken an den Sieg über Hitlerdeutschland errichtet wurden, gehört das Denkmal der Begegnung in Torgau. Es erinnert an das Zusammentreffen einer Vorausabteilung der zur I. Ukrainischen Front unter Marschall Konew gehörende 58. sowjetischen Schützendivision unter Leutnant Alexander Silwaschko und einer den Leutnant William Robertson geführten Patrouille der 69. Infanterie-Division der I. US-Armee in den Mittagsstunden des 25. April 1945 an der zerstörten Elbebrücke in Torgau. Der historische Handschlag am "Elbe-Day" wurde fotografiert und wurde in Windeseile weltweit verbreitet.

Wenige Wochen nach Kriegsende begannen an der historischen Stelle Bauarbeiten für ein von der Sowjetischen Militäradministration in Auftrag gegebenes Denkmal. Verwendet wurden Steinplatten, die Hitler und sein Baumeister Albert Speer für ihre monströsen Bauten für "Germania" in Berlin und in Nürnberg vorgesehen haben sollen. Das Monument am Elbeufer ähnelt einem Pyramidenstumpf auf einem mehrfach getreppten Unterbau. Die Ecken der hoch in den Himmel ragenden Stele sind von ionischen Pilastern eingefasst. Auf den mit dem Sowjetstern sowie dem Staatswappen der UdSSR geschmückten Tafeln ist in russischer, englischer und deutscher Sprache zu lesen, dass sich an dieser Stelle am 25. April 1945 Soldaten der Ukrainischen Front der Roten Armee mit den amerikanischen Truppen vereinigt haben. "Ruhm der siegreichen Roten Armee und den heldenmütigen Truppen unserer Verbündeten, die den Sieg über das faschistische Deutschland erkämpft haben", lautet die Inschrift, die auf russisch und englisch wiederholt wird. Auf der Spitze des Denkmals sind, verbunden mit Lorbeerkränzen, je vier sowjetische und amerikanische Flaggen um aufgerichtete Gewehre angeordnet.

Waffenbrüderschaft war bald vorbei

Bereits im September 1945 war das nach Plänen des sowjetischen Architekten Abraham Milezkij von ortsansässigen Bauleuten und Steinmetzen ausgeführte Monument fertig gestellt. "Ich wollte, dass das Denkmal an die Zusammenarbeit erinnert, die im blutrünstigsten, grausamsten Krieg, den die Menschheit jemals führte, geboren wurde. Möge es an die unbesiegbare Kraft der Völker erinnern, die sie im Kampf gegen die Barbarei vereint hat. Ich wollte, daß es in einer wiedergeborenen Stadt auf neuem Boden und an eben einem solchen Fluss stehen soll, wo die Kriegswunden geheilt sind. Die in den Granit des Denkmalreliefs gehauenen Kampfesszenen sind ein feierlicher Befehl, der den Schlussstrich unter einen schweren Weg zieht", schreibt Milezkij in einem 2002 veröffentlichten Buch, das die Entstehung des Torgauer Monuments schildert.

Unter den zahllosen Erinnerungsmalen ist das Torgauer Monument das einzige, welches an das sowjetisch-amerikanische Bündnis im Kampf gegen Hitlerdeutschland erinnert. Als es eingeweiht wurde, war von amerikanischer Seite niemand anwesend. Das verwundert nicht, denn am Horizont deutete sich bereits der Kalte Krieg an. Da war von Waffenbrüderschaft und Kampf gegen den gemeinsamen Feind kaum mehr die Rede. Dessen ungeachtet wurde von dem amerikanischen Kriegsveteran Joseph (Joe) Polowsky die Erinnerung an den Elbe-Day hochgehalten, weshalb es 1960 und danach immer wieder zu informellen Begegnungen der ehemaligen Waffenbrüder kam. Polowsky starb 1983 und wurde auf eigenem Wunsch in Torgau begraben.

Die die DDR alles beherrschende SED wollte es bei dem Denkmal der Begegnung nicht belassen, und so gesellte sich 1976 auf Wunsch der Staatspartei eine von Karl Voigt geschaffene Steinwand hinzu. Unter dem Motto RUHM DEM SOWJETVOLK DANK FÜR SEINE BEFREIUNGSTAT schildert die steinerne Stelenwand in plakativer Form friedliches, freudvolles Leben, das offenbar nur unter dem Schutz von Soldaten der Roten Armee gedeihen kann. "Die Freundschaft mit der Sowjetunion ist die Seele unseres Bündnisses und die Grundlage zu neuen Erfolgen" hieß es damals bei der Einweihung des Denkmals, das dem Monument von 1945 gegenüber steht und von ihm nur durch eine Straße getrennt ist.

Militärgefängnis und Zuchthaus Fort Zinna

Zwischen 1936 und 1945 gab es in Torgau zwei der acht Wehrmachtsgefängnisse, das Fort Zinna und der Brückenkopf. Nach der Wiedervereinigung 1990 wird in dem aus der Renaissance stammenden Schloss Hartenfels an die Geschichte der Torgauer Haftstätten während der Zeit des Nationalsozialismus sowie der sowjetischen Besatzungszeit und in der DDR erinnert. Da das Fort Zinna Justizvollzugsanstalt des Freistaats Sachsen ist, befindet sich das Dokumentations- und Informationszentrum Torgau (DIZ), Arbeitsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft, im Schloss Hartenfels. Fort Zinna wurde schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts als Militärgefängnis der preußischen Armee genutzt. Die Haftanstalt wurde nach kurzzeitiger ziviler Nutzung in der Weimarer Republik wurde die Festung mit ihren markant gezackten Bastionen 1936 von der Wehrmacht ausgebaut und zum größten und modernsten Militärgefängnis im Deutschen Reich ausgebaut. Für viele zu Haftstrafen verurteilte Soldaten und Offiziere war die Anstalt eine Zwischenstation auf dem Weg in die Strafbataillone, doch tagte hier ab 1943 auch das Reichskriegsgerichtes, das wegen der Bombenbedrohungen aus Berlin erst nach Potsdam und dann nach Torgau verlegt worden war.

Bis zum Kriegende am 8. Mai 1945 wurden in Torgau über tausend Todesurteile gefällt und dort sowie an anderen Orten vollstreckt. Vielfach war den Angeklagten Fahnenflucht vorgeworfen worden, und dafür sah die Militärgerichtsbarkeit unerbittlich die Todesstrafe vor. In seinem Buch "Mein Kampf" hatte Hitler erklärt "Der Soldat kann sterben, der Deserteur muß sterben". Insgesamt fällte die NS-Militärjustiz fällte etwa 30.000 Todesurteile, von denen etwa 23.000 vollstreckt wurden. Wer nicht erschossen oder erhängt wurde, kam in die besonders gefährlichen Strafbataillone beziehungsweise ins Zuchthaus oder Konzentrationslager.

Das Militärgefängnis Brückenkopf wurde 1939 eingerichtet und war anfänglich Fort Zinna unterstellt. Schon bald erlangte die Anstalt einen eigenen Gefängnisstatus. Ferner gab es in Torgau zwei mit dem Feldstraflager I und Feldstraflager II zwei provisorische Anstalten für verurteilte Militärangehörige. Kurz vor der Befreiung durch amerikanische Soldaten überredeten die politischen Gefangenen des Forts Zinna ihre Bewacher, sich in Zivilkleidung aus dem Staub zu machen. Als die Amerikaner eintrafen, saßen in den Zellen noch 129 politische Gefangene aus den Reihen der Wehrmacht.

Die sowjetische Besatzungsmacht betrieb zwischen September 1945 und Oktober 1948 in Torgau die Speziallager Nr. 8 und Nr. 10. Hier waren mehr als 8000 Deutsche wegen tatsächlicher oder angeblicher Mitgliedschaft oder Funktion in nationalsozialistischen Organisationen inhaftiert. Das Lager Nr. 10 diente als Durchgangsgefängnis für zahlreiche Deutsche und sowjetische Staatsbürger vor dem Abtransport in so genannte Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion. Sie waren von Sowjetischen Militärtribunalen wegen des Vorwurfs verurteilt worden, in Nazi- und Kriegsverbrechen verstrickt gewesen zu sein. Nach sowjetischen Angaben sollen in dieser Zeit 800 bis 850 Gefangene gestorben sein. Die sowjetischen Gefangenen waren vor allem für Vergehen gegen die militärische Disziplin, wegen "Landesverrats" oder wegen krimineller Delikte bestraft worden. Anfang 1950 übernahm die Deutsche Volkspolizei das Fort Zinna als DDR-Strafvollzugsanstalt. Zu den Gefangenen gehörten aus der Gewalt der sowjetischen Militärjustiz überstellte Personen. Hinzu kamen in den 1950er- und 1960er-Jahren aktive Gegner der SED-Politik, die von DDR-Gerichten verurteilt worden waren, in das Zuchthaus Torgau. Außer den "Politischen" saßen gewöhnliche Kriminelle im Zuchthaus Zinna ein. Selbstverständlich wurde um alles, was dort vor sich ging, als Staatsgeheimnis behandelt. Bei den Feiern rund um den Tag der Begegnung an der Elbe war die dunkle Seite in der Geschichte der Stadt kein Thema. Erst nach dem Ende der DDR konnte die traurige Geschichte der DDR-Justiz und speziell des Zuchthauses aufgearbeitet und durch Ausstellungen dokumentiert werden.

8. Juli 2017

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