Napoleons treuester Vasall
Friedrich August I. legte sich Ende 1806 den Titel eines Königs von Sachsen zu



Der "Dresdner Fürstenzug" zeigt das Haus Wettin, das Sachsen von 1089 bis 1918 in ununterbrochener Erbfolge beherrschte, von seiner besten Seite. Die Reitergruppe besteht aus Friedrich August I., seinem Vater und seinen Nachfolgern.



König Friedrich August I., der Gerechte, thront, in Bronze gegossen, vor dem Dresdner Schloss.



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Der Königstaler von 1806 feiert die so genannte Standeserhöhung, die der sächsische Kurfürst dank französischer Schützenhilfe erreicht hatte. Friedrich August I. und der legendäre Sachsenherzog Widukind sowie Napoleon I. und Karl der Große auf einer Medaille, die die Waffenbrüderschaft von Sachsen und Franzosen feiert.



Nach seiner Entmachtung im Zuge der Novemberevolution von 1918 lebte Friedrich August III. auf seinen Gütern und in seinen Schlössern weiter herrlich und in Freuden. (Fotos/Repro: Caspar)

Wegen seiner Friedfertigkeit und seines milden Sinnes wurde der letzte sächsische Kurfürst und erste König von Sachsen schon zu Lebzeiten mit dem Beinamen "der Gerechte" ausgezeichnet. Friedrich August III., der als König Friedrich August I. hieß, regierte sein Land von 1763 bis 1827 in einer Zeit großer politischer, wirtschaftlicher und sozialer Konflikte, in einer Epoche, da Köpfe und Kronen purzelten und neue Länder entstanden und alte von der Bildfläche verschwanden. Friedrich August III./I. führte seine Untertanen durch eine kluge Wiederaufbaupolitik nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) aus der wirtschaftlichen Krise, machte Schluss mit höfischem Luxus und beendete die unter seinem Vater und Großvater übliche Günstlingswirtschaft. Er förderte Schulen und Lehranstalten und gewährte den Künsten und Wissenschaften neue Entfaltungsmöglichkeiten, etwa er als 1766 die Freiberger Bergakademie stiftete und die Landesuniversitäten Wittenberg und Leipzig unterstützte.

Friedrich August der Gerechte hätte sich nur zu gern aus den Konflikten seiner Zeit herausgehalten, doch lebte er nicht auf einer Insel der Seligen. Als Mann der Tradition war er zur Stelle, als es im ausgehenden 18. Jahrhundert gegen das revolutionäre Frankreich ging. Bauernaufstände in Kursachsen, die sich gegen die bedrückenden feudalen Verhältnisse richteten und eine Verbesserung der Lebensverhältnisse auf dem Land anstrebten, ließ der Herrscher blutig niederschlagen. Unglücklich ging der Krieg Preußens und Sachsens im Herbst 1806 gegen Frankreich aus. Doch während 1807 das unterlegene Preußen vom siegreichen Kaiser Napoleon I. mit hohen Kontributionszahlungen und Gebietsverlusten überaus hart bestraft wurde, kam Sachsen glimpflich davon.

Nachdem der letzte römisch-deutsche Kaiser Franz II. im Sommer 1806 die Reichskrone niedergelegt hatte, war das sehr angesehene Amt der Kurfürsten erledigt, die seit dem Mittelalter das Recht hatten, das deutsche Reichsoberhaupt zu wählen. Bis auf eine Ausnahme im 18. Jahrhundert waren das stets Angehörige der in Österreich, Böhmen, Ungarn und anderen Ländern herrschenden Familie Habsburg. Für den sächsischen Kurfürst Friedrich August III. war für der Weg zu jener Standeserhöhung frei, die zuvor schon die Kurfürsten von Bayern und Württemberg vollzogen hatten, die sich mit dem prestigeträchtigen Königstitel schmückten. Die Umwandlung Kursachsens in ein Königreich am 20. Dezember 1806 erfolgte mit französischer Billigung und wurde in Dresden prunkvoll gefeiert.

Preußen schluckte grünen Frosch

Friedrich August, der sich nach Jena und Auerstedt auf die französische Seite geschlagen hatte, verpflichtete sich gegenüber seinem Beschützer Napoleon I. gegenüber zur unverbrüchlichen Bündnistreue und zur Stellung von Soldaten. Junge Sachsen wurden in die französische Armee eingegliedert und mussten in Kriegen für fremde Interessen einen hohen Blutzoll zahlen. Die Bindung an Frankreich wurde überdies dadurch unterstrichen, dass der Sachsenkönig dem Rheinbund beitrat und sich damit unter das Protektorat des Kaisers der Franzosen stellte.

Als einer seiner treuesten Vasallen Napoleons I. wurde Friedrich August I., wie sich der nunmehrige König von Sachsen nannte, von diesem mit dem Herzogtum (ab 1809 Großherzogtum) Warschau begnadet, wie man damals sagte, das aus ehemaligen preußischen Gebieten gebildet worden war. Diese wiederum waren Ergebnis der Teilungen im ausgehenden 18. Jahrhundert, durch die Russland, Österreich und Preußen sich polnische Territorien angeeignet hatten. In der Völkerschlacht bei Leipzig am 18. Oktober 1813 kämpfte Sachsen als treuer Verbündeter Frankreichs und erlitt mit diesem eine herbe Niederlage. In preußische Gefangenschaft angeführt, musste Friedrich August I. ohnmächtig zusehen, wie große Landesteile seines Königreiches an Preußen fielen. Daraufhin wurden die neuen Landeskinder schlicht Beutepreußen genannt, was diesen nicht gefallen haben dürfte. Dass der preußische König Friedrich Wilhelm III., einer der Gewinner der Befreiungskriege von 1813 bis 1815, den ungeliebten, intern grüner Frosch wegen der Landesfarbe verspotteten Nachbarn nicht ganz schlucken konnte, war russischer und österreichischer Intervention zu verdanken, die die Hohenzollernmonarchie nicht allzu mächtig werden lassen wollten.

Hatte der junge Friedrich August III./I. zunächst eine aufgeklärte, reformorientierte Politik betrieben, so vertrat er mit zunehmendem Alter stockreaktionäre Positionen. Sachsen wurde in seiner Ära politisch zu einem der rückständigsten und reaktionärsten deutschen Staaten, entwickelte sich aber dank des sprichwörtlichen Fleißes seiner Einwohner und ihres Erfindungsreichtums zum Vorreiter der industriellen Revolution in Deutschland und zu einem Hort der schönen Künste. Als der erste Sachsenkönig am 5. Mai 1827 in Dresden mit 76 Jahren starb, hofften seine Untertanen vergeblich auf einen Neuanfang, auf eine Liberalisierung der politischen Verhältnisse. Der angesammelte Unmut über die Reformunwilligkeit der Regierung brach sich in der Revolution von 1848/49 Bahn.

Macht euern Dreck alleene

Im Vergleich zur herausragenden Stellung, die Preußen als größter Territorialstaat sowie als Wirtschafts- und Militärmacht im 1871 gegründeten deutschen Kaiserreich innehatte, war die Rolle, die das kleine Sachsen spielte, von untergeordneter Bedeutung. Seine Könige beherrschten ein nur 15 000 Quadtratkilometer großes Land mit etwa vier Millionen Einwohnern. Sachsen zehrte im 19. Jahrhundert vom Glanz vergangener Tage. Man war vor allem auf das "augusteische Zeitalter", der bau- und kunstfreudigen Epoche Augusts des Starken und seines Sohnes Friedrich August II. in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, stolz und konzentrierte sich ganz auf kulturelle und wirtschaftliche Dinge, während das Militär eine untergeordnete Rolle spielte. Dank des sprichwörtlichen Fleißes der Sachsen und guter Standortbedingungen stand der Staat der Wettiner wirtschaftlich gut da, ja war nach 1871 wegen der stark entwickelten Arbeiterbewegung und seiner Opposition gegenüber dem allmächtigen Reichskanzler Otto von Bismarck als "rotes Sachsen" gefürchtet.

Zweimal im 19. Jahrhundert bestand für Sachsen die Gefahr, von der Landkarte gestrichen zu werden - einmal nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 und im Jahr 1866. König Friedrich August I. verlor mit seinem mächtigen Verbündeten Napoleon I. im Oktober 1813 die Völkerschlacht bei Leipzig und geriet in preußische Gefangenschaft. Die Gelegenheit zur Revanche bot sich 1866 im preußisch-österreichischen Krieg, an dem König Johann von Sachsen an der Seite von Österreich, Bayern, Württemberg, Baden und anderen Fürstentümern kämpfte - und wiederum verlor. Während aber Hannover, Hessen und Nassau sowie die Freie Stadt Frankfurt am Main preußisch wurden, blieb Sachsen unangetastet. Der österreichische Kaiser Franz Joseph hatte das Fortbestehen des Wettinerstaates zur Bedingung für den Friedensschluss mit Preußen gemacht. Allerdings musste Sachsen musste hohe Kontributionen zahlen und dem von Preußen dominierten Norddeutschen Bund beitreten. Im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 kämpften und starben sächsische Soldaten für preußische Interessen, und als Preußens König Wilhelm I. am 18. Januar 1871 in Versailles zum deutschen Kaiser ausgerufen wurde, beeilte sich die Regierung in Dresden, ihm und seinem Haus ewige Treue zu schwören.

Sachsen spielte bis zum Ende der Monarchie in den Wirren der Novemberrevolution 1918 quasi als Anhängsel Preußens eine untergeordnete Rolle. Seine Könige blieben als leutselige Regenten in Erinnerung. Dem letzten Wettiner auf dem sächsischen Thron, König Friedrich August III., wird bei seinem Machtverzicht der Satz zugeschrieben "...dann macht doch euern Dreck alleene!". Zwar soll der volksnahe Monarch dieses Zitat stets bestritten haben, seiner liberalen Einstellung aber würde der Ausspruch gut entsprechen. Ob echt oder nicht, das Zitat machte die Runde und wurde zum Inbegriff für die Haltung von Menschen gegenüber Gegebenheiten, an denen man nichts mehr ändern kann.

18. Mai 2017



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