"Stolz und schönste Zierde"
Ernst Moritz Arndt wurde 1985 von der DDR durch eine silberne Gedenkmünze geehrt, doch es gibt nach wie vor Fragen an den Patrioten und Gelehrten



Ernst Moritz Arndt sowie seine beiden Zeitgenossen, der Greifswalder Maler Caspar David Friedrich und der preußische Staatsmann Karl von und zum Stein, wurden von der DDR durch Gedenkmünzen geehrt.



Arndt hat auf dem Greifswalder Rubenow-Denkmal zu Füßen des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm III. Platz genommen.



Nachdem Greifswald durch den Wiener Kongress 1815 preußisch geworden war, wurde ein klassizistisches Universitätsgebäude errichtet mit dem königlichen Wappen im Giebel.



An der Namensgebung hat sich ungeachtet vieler kritischer Einwände nichts geändert, doch ist der Streit noch lange nicht beendet.



Die Weihe des von Bernhard Afinger gestalteten Arndt-Denkmals in Bonn war 1865 die Prägung einer Medaille wert. (Fotos: Caspar)

Südlich von Garz auf der Insel Rügen befindet sich Groß Schoritz das Geburtshaus von Ernst Moritz Arndt, in Garz selbst ist ihm ein Museum gewidmet. Der 1769 geborene Historiker und Politiker wurde im Laufe der Geschichte sehr unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert. Die DDR hat ihm 1985 eine von Heinz und Sneschana Hoyer gestaltete Zwanzig-Mark-Münze gewidmet. Als der Historiker, Patriot und Publizist 1860 starb, würdigte die Bonner Universität ihren Professor und zeitweiligen Rektor als "Stolz und schönste Zierde" nicht bloß für diese Bildungsanstalt, sondern für "ganz Deutschland, das er so heiß und treu geliebt, für das er gelebt, gelitten und gesungen hat". Arndt war 1809 nach Berlin gekommen und wurde Privatsekretär des preußischen Reformpolitikers Reichsfreiherr Karl vom und zum Stein. Er veröffentlichte zahlreiche patriotische Flugschriften, darunter das programmatische Traktat "Der Rhein - Teutschlands Strom, aber nicht Teutschlands Grenze" und die "Lieder der Teutschen".

Als Arndt 1818 nach Bonn an die eben erst gegründete Universität berufen wurde, konnte er sich seiner Professur für Geschichte nicht lange erfreuen, denn schon 1820, kurz nach dem Erlass der antidemokratischen Karlsbader Beschlüsse, geriet er in den Blick der preußischen Justiz und politischen Polizei. Im Zuge der nun einsetzenden Demagogenverfolgung wurde er mit einem Vorlesungsverbot belegt. Erst 1840 holte ihn der neue preußische König Friedrich Wilhelm IV., der sich zunächst liberal gab, an die Bonner Universität zurück. 1848 vertrat Arndt den Wahlkreis Solingen im Parlament der Frankfurter Paulskirche. Er war einer derjenigen Abgeordneten, die Friedrich Wilhelm IV. im Auftrag der Nationalversammlung die deutsche Kaiserkrone anboten. Diese Ehre aber wurde von dem Hohenzollern entrüstet abgelehnt, weil er in dieser so genannten Volkskrone einen "Reifen aus Dreck und Letten" sah.

Arndt gehörte zu denjenigen Patrioten, die sich nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 für die Aufstellung eines Monuments auf dem Feld der Völkerschlacht von Leipzig einsetzten. Allerdings erlebte er nicht, dass seine großartigen Ideen zunächst realisiert wurden, denn dieses Monument wurde erst 1913, am einhundertsten Jahrestag der Völkerschlacht feierlich eingeweiht, was die Prägung eines Drei-Mark-Stücks mit der Denkmalansicht wert war.

Die Ausgabe der Gedenkmünze zum 125. Todestag von Ernst Moritz Arndt geschah in einer Zeit, als in der DDR "preußische Tugenden" neu entdeckt wurden. Die SED-Führung unter Erich Honecker und die Regierung ließen sich von Einwänden nicht beirren, dass der Jubilar außer seiner patriotischen und demokratischen Seite noch eine zweite Seite, die des Nationalisten und Antisemiten hatte. Das führte in den vergangenen Jahren zu der Forderung, der Greifswalder Alma Mater den ihr 1933 (!) verliehenen Namen Ernst-Moritz-Arndt-Universität zu entziehen. Als Argument wurden unter anderem Arndts hasserfüllte Äußerungen gegen den "Erbfeind" Frankreich und seine Auforderung an die Deutschen, ihr Blut nicht mit dem anderer Völker zu vermischen, ins Feld geführt. Als ebenso unerträglich wurde das von Arndt beobachtete "freche und wüste Gelärm" kritisiert, das Juden angeblich anstellen, um die heilige und menschliche Staatsordnung zu zerstören.

Es versteht sich, dass die Nazis in Arndt einen ihrer ideologischen Vordenker sahen, und dafür sorgten, dass die Greifswalder Universität seinen Namen erhielt. Alle diese zumindest Historikern und Sprachkundlern bekannte Bedenken und Einwände hielten die DDR-Regierung 1985 von der Ausgabe der Arndt-Münze nicht ab. Am 17. März 2010 beschloss der akademische Senat der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, ihren Namen beizubehalten. Daran hat sich bis heute nichts geändert, doch ist der Streit um dieses nicht unwichtige Detail der Stadt- und Universitätsgeschichte noch lange nicht beendet.

Ernst Moritz Arndt schaut gleichsam als Wächter vom Rubenow-Denkmal herab, das seit 1856 auf dem gleichnamigen Platz in der Hanse- und Universitätsstadt gegenüber dem Universitätshauptgebäude steht. Das von Friedrich August Stüler und Bernhard Afinger gestaltete Monument aus bronziertem Zink erinnert an den Bürgermeister und im Jahr 1456 Mitbegründer der Greifswalder Alma Mater, Heinrich Rubenow. Dem Berliner Kreuzbergdenkmal nachempfunden, ist die 12,55 Meter hohe Säule mit den Wappen von Pommern, Greifswald, Schweden und Preußen sowie Rubenows Reliefbild geschmückt. Vier Gelehrtenfiguren vertreten vier Fakultäten. Zu erkennen sind Johannes Bugenhagen (Theologie), David Mevius (Jurisprudenz), Friedrich August Gottlob Berndt (Medizin) und Ernst Moritz Arndt (Philosophie und Geschichte). Außerdem ehrt das Denkmal vier Monarchen, darunter den Preußenkönig Friedrich Wilhelm III., dem Greifswald und seine Universität viel zu verdanken haben.

19. Juli 2017



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