Napoleon und die fränkischen Bienen
Fleißige Honigsammlerinnen sind beliebte Motive auf Münzen und Medaillen



Bienenförmige Beschläge aus dem Childerichgrab, wie sie von J. J. Chiflet im Jahre 1655 publiziert wurden.



"Meine Pflicht ist mein Vergnügen" lautet der Wahlspruch auf der Rückseite der Medaille von 1691 mit dem Bildnis der Kurfürstin Sophie Charlotte von Brandenburg, die 1701 preußische Königin wurde.



Die Silbermedaille aus dem Jahr VIII (1804) kombiniert die napoleonischen Bienen mit dem kaiserlichen Adler. (Repros: Caspar)

Bienen sind für ihren sprichwörtlichen Fleiß, ihre Unentbehrlichkeit für die Bestäubung von Pflanzen und die Herstellung von Honig und Wachs bekannt. Doch sie werden massiv von Insektiziden bedroht, und wenn sie erst ausgestorben sind - dann ist es auch um unser komfortables Leben geschehen, sagen Landwirte, Zoologen und Umweltexperten. Angeblich soll der Physiknobelpreisträger Albert Einstein vorausgesagt haben, nach dem Absterben der Bienen habe die Menschheit noch vier Jahre zu leben. Das klingt dramatisch, weshalb wir es tun müssen, dass es so weit nicht kommt.

Auf Münzen und Medaillen hat man Bienen immer wieder als Zeichen für Wohlstand und Betriebsamkeit dargestellt. Geprägtes Metall mit der Darstellung von Bienen und Bienenstöcken ist gar nicht so selten, ergibt ein Blick in die numismatische Literatur. Immer wieder werden Belegstücke dieser Art vom Münzhandel angeboten, und das in vielen Fällen zu moderaten Preisen. Eine von Vinzenz Weber in jahrzehntelanger Arbeit angelegte Sammlung kam 2015 im Auktionshaus Christoph Gärtner in Bietigheim-Bissingen unter den Hammer. Das Angebot umfasste Münzen und Medaillen von der Antike bis in die heutige Zeit. Der Katalog zu dieser einzigartigen Kollektion ist ein wichtiges Nachschlagewerk für alle, die sich dem Thema Bienen und Imkerei widmen oder es für sich entdecken. Denn oft kommt es vor, dass die Veröffentlichung von solchen Spezialkollektionen andere Sammler anregt, sich einem interessanten, nicht üblichen Thema zu widmen und vorhandene Bestände auszubauen.

Symbol der Dynastie Bonaparte

Es war von großer Symbolik, dass der französische Kaiser Napoleon I. die hilfreichen Insekten auf den Mantel aus rotem Samt sticken ließ, den er bei seiner Krönung am 2. Dezember 1804 in der Kathedrale Notre Dame in Paris trug. Die Frage, wie er auf Bienen und nicht auf Adler oder Löwen kam, führt in die frühe Geschichte der Archäologie und noch viel weiter zurück in die Zeit der Nachantike. Als 1653 in Tournai (Belgien) das reich ausgestattete Grab des im Jahr 481 oder 482 verstorbenen fränkischen Königs Childerich I. geöffnet wurde, fand man viele Gegenstände aus Gold und darunter bienenförmige Beschläge, die schon bald mit weiteren Grabbeigaben von dem Arzt und Altertumsforscher Jean Jacques Chiflet in Antwerpen publiziert wurden.

Die Bienen des sagenhaften Frankenkönigs aus dem Geschlecht der Merowinger avancierten zum Symbol der Dynastie Bonaparte, dessen Oberhaupt Napoleon I. mit ihnen seinen Anspruch auf die Nachfolge der im nachrömischen Gallien herrschenden Könige unterstrich. Zugleich bedeutete die Verwendung der fleißigen Insekten eine Abkehr vom bourbonischen Königtum und dessen im Wappen erscheinenden Lilien. Deren letzter König Ludwig XVI. und seine Gemahlin Marie Antoinette waren 1793 von Revolutionären geköpft worden. Indem der aus Korsika stammende Feldherr und Kaiser Napoleon I. sowohl Bienen als auch stolze Adler zu Zeichen seiner Monarchie erhob, unterstrich er seine Legitimität als Nachfolger jener Frankenherrscher. Nicht zuletzt fühlte er sich auch als Nachfolger des Frankenkönigs Karl, der anno 800 in Rom zum Kaiser gekrönt wurde und als Karl der Große in die Geschichte einging.

Gestohlen und eingeschmolzen

Der aus Goldarbeiten sowie Münzen bestehende Schatz des Childerich I. wurde zum Politikum, denn Chiflet, der in den Bienen ein merowingisches Königszeichen erkannte, behauptete Mitte des 17. Jahrhunderts, die aktuell regierende Dynastie der Bourbonen mit dem Sonnenkönig Ludwig XIV. an der Spitze könnten keine Nachfahren der Frankenherrscher sein, weil sie Lilien im Schilde führen. Chiflet konnte sich solche despektierlichen Schlussfolgerungen leisten, da er, in Brüssel als habsburgischer Leibarzt lebend, vor Repressalien durch die französische Krone sicher war.

Die Funde aus dem Grab von Childerich I. gelangten zunächst in den Besitz des Statthalters der spanischen Niederlande, Erzherzog Leopold Wilhelm von Österreich, der ihn nach Wien mitnahm und 1662 seinem Neffen, Kaiser Leopold I. vererbte. Dieser schenkte bereits 1665 den Schatz auf Drängen des Mainzer Erzbischofs Johann Philipp von Schönborn dem französischen "Sonnenkönig" Ludwig XIV., wohl um positive politische Landschaftspflege zu betreiben und Friedensbemühungen zu fördern.

Leider kam es ganz schlimm, als 1831 zwei Verbrecher mit den Spitznamen "Rotkäppchen" und "der Reisende" die Preziosen aus der Königlichen Bibliothek in Paris stahlen. Der als Goldschmied tätige Bruder eines der Diebe hat die Kostbarkeiten in den Schmelztiegel geworfen und aus ihnen 60 Goldbarren hergestellt. So ging unendlich wertvolles Kulturgut verloren. Bei dem Gedanken daran fallen uns weitere Beispiele dafür ein, wie das kulturelle Erbe der Menschheit durch Dummheit und blanke Gier zerstört wurde und wird. Der immer noch nicht ganz aufgeklärte Raub des kanadischen Goldgiganten aus dem Berliner Münzkabinett ist dafür ein trauriges Beispiel.

28. Juli 2017 Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"