Köhler-Gedenken in Colditz
In seiner sächsischen Geburtsstadt ist der Autor der "Historischen Münzbelustigungen" bis heute präsent



Johann David Köhlers Bildnis auf einem Titelkupferstich der
"Münzbelustigungen" von 1729.




Die Plakette des Numismatischen Vereins zu Dresden mit Köhlers
Bildnis wurde 1913 in Silber und in Kupfer geprägt.




Zwei kleine Münztechnik-Medaille aus der Zeit Augusts des Starken
werden in der "Wöchentlichen Historischen Müntz-Belustigung" vom
10. Mai 1741 vorgestellt.




Der aufgeschlagene Jahrgang von 1739 und alle weiteren Ausgaben erläutern
auf dem zweifarbig gedruckten Titelblatt, was die Leser allwöchentlich erwartet.




Einzelne Ausgaben schildern, was vornehme Sammler in ihren Münzkabinetten
und Bibliotheken tun und niedliche Barockputten mit geprägtem Metall anstellen.
(Fotos: Caspar)


Es ist schon ein Rarissimum, wenn das Geburtshaus eines bedeutenden Numismatikers der Barockzeit noch weitgehend im Original erhalten ist. In der sächsischen Stadt Colditz (Muldentalkreis) steht das Wohnhaus von Johann David Köhler (1684-1755), der nicht nur zwischen 1729 und 1750 die berühmte Zeitschrift "Wöchentliche Historische Münzbelustigungen" herausgab, sondern auch als Begründer der Bibliothekswissenschaft verehrt wird. Das Fachwerkhaus mit spitzen Giebel in der Straße An der Kirche ist schon weithin an einer Gedenktafel zu erkennen, die auf rotem Grund das an einen Kupferstich in jenen "Münzbelustigungen" von 1729 angelehnte Reliefbildnis des Gelehrten zeigt. 1984, zum 300. Geburtstag des Professors, war das Haus im Rahmen der Aktion "Gepflegte Denkmale und ihre Umgebung" in einen vorzeigbaren Zustand versetzt worden, wobei auch die Gedenktafel restauriert wurde. Erwähnt sei, dass Colditz scharenweise von britischen Kriegsveteranen und ihren Hinterbliebenen besucht wird, weil das Schloss im Zweiten Weltkrieg als Kriegesgefangenenlager benutzt wurde.

Das gleiche Porträt des perückenbewehrten Herren, der freundlich ins Bild schaut, erscheint auf einer Plakette, die der Numismatischen Vereins zu Dresden e. V. zu seinem fünfjährigen Stiftungsfest am 15. März 1913 hat prägen lassen. Leichter als diese Rarität aus Kupfer beziehungsweise Silber dürfte eine 1979 von der Staatlichen Porzellanmanufaktur Meißen aus braunem Böttgersteinzeug gefertigte Medaille zu bekommen sein, auf der Köhler und sein Geburtshaus in Colditz dargestellt sind. Die von Manfred Wünsche gestaltete Medaille hatte eine Auflage von 10 000 Stück.

Vom Nutzen der Bibliotheken

Das Stadtmuseum Colditz ist im Besitz von 12 Bänden der "Münzbelustigung" Köhlers und 17 sonstigen Bänden seiner Werke beziehungsweise von Werken, an denen er als Autor mitgewirkt hat. Eigentümer dieser Sammlung sind seit 2012 die Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH. Die Stadt Colditz hatte ihnen diese Büchersammlung übertragen. Wie wir von der Museologin Regina Thiede erfahren, ist es Interessenten möglich, sie vor Ort für wissenschaftliche Zwecke zu nutzen. Zu Köhlers Werken gehört eine "Anweisung für reisende Gelehrte", Bibliotheken, Münzkabinette, Antiquitäten-, Bilder-, Naturalien- und Kunstsammlungen mit Nutzen zu besehen. In dem posthum 1762 und 1788 nach Köhler'schen Vorlesungen in Altdorf und Göttingen erschienenen Buch wird geraten: "Bücher zu kennen, ist allen Gelehrten unentbehrlich. Daher denn auf Reisen die Bibliothecken zu erst zu besuchen sind, wozu grosse Klugheit erfordert wird". Köhlers Sentenzen wurden von anderen Autoren aufgegriffen und fortentwickelt, und so genießt der Sohn eines Colditzer Theologen auch bei Bibliothekaren als Ahnherr ihrer Zunft Hochachtung.

In Colditz kann man einiges aus der Lebensgeschichte des schreibfleißigen Gelehrten erfahren, über seine Studienjahre an der Fürstenschule Sankt Afra zu Meißen und an der Universität zu Wittenberg, dann über seine Lehrtätigkeit an der Universität zu Altdorf bei Nürnberg, wo er 1729 die mit Beschreibungen ausgewählter Münzen und Medaillen samt historisch-biographischen Erklärungen und sogar Verkaufsangeboten an Sammler gespickten "Münzbelustigungen" herauszubringen begann. Köhler nahm 1735 einem ehrenvollen Ruf an die Universität in Göttingen an, wo er 1755 hochgeachtet starb.

Die 22 Jahrgänge der kleinformatigen Zeitschrift jeweils mit einem Kupferstich auf dem Titelblatt sind eine wahre Fundgrube für denjenigen, der sich mit der Geschichte der Numismatik im weitesten Sinne beschäftigt. Selbstverständlich ist vieles, was Köhler seinen Lesern mitteilte, historisch überholt, doch uninteressant sind seine Darlegungen zu numismatischen, genealogischen, geographischen und politischen Fragen aber nicht. Es war üblich, in solchen Blättern ausführlich zeitgeschichtliche Quellen, Augenzeugenberichte und ähnliches zu zitieren. Bei aller Vorsicht sind auch sie auch für numismatische und andere Forschungen nutzbar. Das gilt auch für die präzisen Kupferstiche, die gern auch heute zur Verzierung von Publikationen aller Art verwendet werden. In seinem Sohn Tobias, der als Autor des Katalogs "Vollständiges Ducaten-Cabinet" (1759/60) in Erscheinung trat, hatte Johann David Köhler einen guten Mitarbeiter und würdigen Nachfolger.

Titelschutz gab es noch nicht

Die Resonanz auf Köhlers Zeitschrift war im 18. Jahrhundert beachtlich. In ihrem Schlepptau brachten andere Autoren weitere Blätter dieser Art heraus, die den gut eingeführten, ganz ernst gemeinten Begriff "Münzbelustigungen" ebenfalls verwendeten. Einen Titelschutz hat es damals ja noch nicht gegeben. Kein geringerer als Johann Wolfgang von Goethe, der begeisterte Münzen- und Medaillensammler, trug sich mit dem Gedanken, selber ein Blatt im Stil der "Münzbelustigungen" herauszubringen, was aber "aus literarisch-merkantilistischer Not" unterblieb.

Es verdient festgehalten zu werden, dass sich in DDR-Zeiten nicht wenige Denkmal-Enthuiasten, unter denen auch manche Münzfreunde waren, um historische Bauten und materielle Hinterlassenschaften früherer Generationen gekümmert haben. Basis dieser heute zum großen Teil bereits vergessener Aktivitäten war der Kulturbund mit seinen Fachgruppen Denkmalpflege, Heimatkunde und Numismatik sowie zu weiteren Themen. Die Fachgruppen boten vielfach abseits plumper politischer Indoktrination reiche Betätigungsmöglichkeiten in verschiedensten "Nischen". Dass die SED, die Staatssicherheit und die Behörden ein wachsames Auge auf das Treiben dieser Gruppen hatte, war selbstverständlich. Vorzug der Arbeit in Kulturbundgruppen und weiteren (zum Teil auch offiziell nicht zugelassenen)Vereinigungen war, dass man sich hier ohne das Getöse der marxistisch-leninistischen Ideologie praktisch entfalten konnte und manch ordentliches Ergebnis erzielte. Auf numismatischem Gebiet gab es verschiedene Publikationen und Periodika wie die "Numismatischen Beiträge" und die "Numismatischen Hefte", aus denen nach dem Ende der DDR regionale Jahrbücher hervorgingen.

6. Januar 2017

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