Coselgulden und Schmetterlingstaler
Um Münzen aus der Zeit Augusts des Starken ranken sich manche abenteuerlichen Legenden



Als Goldener Reiter glänzt Friedrich August I. von Sachsen, der sich als polnischer König August II. nannte, in der Dresdner Neustadt.



Wenn du mit jemand ins Bett gehst, bedenke auch die Folgen, mahnen die in verschiedenen Versionen geprägten Coseldukaten aus der Zeit Augusts des Starken.



Raute und Punkt zwischen dem polnisch-sächsischen Allianzwappen auf dem Gulden von 1706 werden als Anspielung auf die Liebesbeziehung Augusts des Starken zur Gräfin Cosel gedeutet.



Was es mit dem Schmetterlingstaler mit dem königlichen Monogramm AR für König August auf sich hat, wird seit 300 Jahren diskutiert. (Foto/Repros: Caspar)

Was Ende des 17. Jahrhunderts und im frühen 18. Jahrhundert gelangen deutschen Fürsten spektakuläre "Standeserhöhungen". Drei Kurfürsten erreichten königliche Würden, und auch andere Potentaten schmückten sich mit neuen Titeln. Der erst 26jährige Kurfürst Friedrich August I., den man wegen seiner Kraft und Körpergröße "August den Starken" nannte, ließ sich von polnischen Magnaten zum König von Polen wählen. Zwischen Sachsen und Polen bestanden enge wirtschaftliche Beziehungen, doch eines trennte sie total: Polen war katholisch, Kursachsen protestantisch. Wenn der Kurfürst von Sachsen je den polnischen Thron erklimmen wollte, musste er dem Glauben seiner Vorfahren, die den Reformator Martin Luther beschützt hatten und Protektoren seiner Lehre waren, entsagen und sich der katholischen Kirche unterwerfen.

Für Friedrich August I. war das kein Problem, auch wenn er das ganze Land und die protestantische Christenheit gegen sich aufbrachte. War für den Kurfürsten der Glaubenswechsel kein Problem, so erbosten sich seine "Landeskinder", allen voran die Geistlichkeit, um so mehr über den Verrat. Manche Untertanen riskierten ihr Leben, wenn sie ihren in Glaubensfragen so laxen Herrscher in die Hölle wünschten. Die von ihrem Mann getrennt lebende Kurfürsten Gemahlin Elisabeth Christine blieb beim lutherischen Glauben. Sie kam nie ins katholische Polen und wurde nicht gekrönt, trug aber den Titel einer Königin. Als sie 1727 starb, widmete ihr der Herr Gemahl eine Serie von Gedenkmünzen.

Hercules saxonicus

August der Starke wird als imposante Persönlichkeit geschildert, er war ein Barockherrscher, wie er im Buche stand. Viel Freude hatte August II., wie er sich als polnischer König offiziell nannte, an seiner Würde nicht, denn bis zu seinem Tod wurde sie ihm mehrmals streitig gemacht. Sein Traum scheiterte, durch die Verheiratung seines Sohnes Friedrich August (II.) mit der Kaisertochter Josepha eines Tages die römisch-deutsche Kaiserkrone erwerben zu können.

Erfolgreicher war August der Starke als Liebhaber schöner Frauen, Kunstsammler, Bauherr und Mäzen. Zahlreiche Medaillen erzählen von den Taten des "Hercules saxonicus", manche wurden von ihm selbst entworfen. Die so genannten Coseldukaten und Coselgulden waren nicht darunter. Nach der Legende sollen sie sich auf die erotischen Beziehungen des Herrschers zu seiner Mätresse Anna Constantia Reichsgräfin von Cosel, geborene von Brockdorff, beziehen. In Wahrheit sind die Coseldukaten keine wirklichen Goldmünzen, sondern Spielmarken, die aus Gold oder Silber bestehen. Sie nehmen satirisch aufs Korn, dass ein Mann, der, vom Pfeil des Liebesgottes Amor getroffen, jede Vorsicht und Vernunft fahren lässt, eines Tages als Geschlagener und Verlierer vom Feld ziehen könnte. Die so genannten Coselgulden sind reguläre Silberstücke im Wert von 2/3 Talern, die um 1705 bis 1707 mit dem Bildnis des Landesherren geprägt wurden. Das Besondere ist die Gestaltung des polnisch-sächsischen Allianzwappens auf der Rückseite. Sie ergeben in der Mitte eine Art Raute mit einem Punkt in der Mitte. Dies wurde lange nach August dem Starken mit der Vagina der Gräfin Cosel in Verbindung gebracht und verschaffte dem Coselgulden wegen der Legende um ihn einen besseren Preis als er bei "normalen" Geldstücken verlangt wird.

Die schöne Gräfin verscherzte es sich mit dem Kurfürsten und König, als sie von ihm ein schriftliches Heiratsversprechen verlangte, wenn eines Tages die Königin und Kurfürstin Christiane Eberhardine von Bayreuth sterben wird. Da aber die Verwirklichung einer solchen Zusage in der europäischen Fürstenriege ein Ding der Unmöglichkeit war, ließ August der Starke seine Finger von der macht- und standesbewussten Dame und schickte sie nach einem misslungenen Fluchtversuch nach Berlin auf die Burg Stolpen ins Gefängnis, wo sie bis zu ihrem Tod im Jahre 1765 unter Hausarrest stand. Nachdem ihr früherer Liebhaber 1733 gestorben war, lehnte sie es ab, die Burg zu verlassen, in dem sie ein recht komfortables Leben führte. Die einzige Genugtuung für sie war, dass August der Starke für ein standesgemäßes Fortkommen der drei gemeinsamen Kinder sorgte. In diesem Punkt konnte der liebestolle Monarch generös sein.

Als August der Starke 1733 mit 63 Jahren starb, hinterließ er ein geordnetes, wirtschaftlich gesundetes Land, das alsbald in den Strudel der vom Preußenkönig Friedrich II. angezettelten Schlesischen Kriege gezogen wurde. Dem prunkliebenden und kunstsinnigen Monarchen, der aus seiner Hauptstadt Dresden ein Elbflorenz gemacht hatte und als "Goldener Reiter" in der Dresdner Neustadt steht, wird nachgesagt, dass er über geradezu übermenschliche Kräfte verfügte. Letzteres mag stimmen, denn es ist überliefert, dass er Hufeisen und Eisenrohre mit den bloßen Händen biegen und Silberteller zusammenrollen konnte. Auch soll er zum Spaß Höflinge am langen Arm aus dem Fenster seines Schlosses gehalten haben. Dass der starke August 300 Kinder gezeugt hat, ist eine Legende. Denn neben dem legitimen Erben und Nachfolger Friedrich August (II.) hatte er nur weitere sieben Kinder mit verschiedenen Mätressen.

Roter Apoll mit großen Flügeln

Auch die sächsisch-polnischen Schmetterlingsmünzen geben manche Rätsel auf. Ob sie wirkliches Geld waren oder nur Spielmünzen in unterschiedlichen Größen bleibt dahin gestellt. Neben ganzen Talern zu 32 Groschen mit der Darstellung eines Schmetterlings sowie dem königlichen Monogramm AR (Augustus Rex) gibt es Ausgaben zu 16, acht, vier und einem Groschen. Der Schmetterling wird als Roter Apollo gedeutet, der eine Flügelspannweite bis acht Zentimeter besitzt. Warum ein solches Insekt auf Münzen dargestellt wurde, ist nicht ganz klar. Angeblich soll mit ihm August der Starke gemeint gewesen sein, den man mit dem antiken Gott Apoll verglich.

Da Schmetterlinge als Symbole des ewigen Lebens galten und deshalb manchmal Grabsteine schmücken, mögen die Münzen den Wunsch ausgedrückt haben, dass der zu ihrer Entstehungszeit zwischen 1707 und 1709 in militärische und politische Bedrängnis geratene König von Polen und Kurfürst von Sachsen Unsterblichkeit erlangt, was dann tatsächlich eintrat. Denn während man von seinen Vorgängern und Nachfolgern kaum etwas weiß, ist August der Starke bis heute unvergessen.

1. Oktober 2017

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"