Schlossdiebe wurden grausam bestraft
Königliche Dienstleute vergingen sich vor 300 Jahren an Silbergerät und Goldmünzen



Als diese in den Taschen der Berliner klapperten, ließ der preußische Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. zwei Schlossdiebe auf besonders grausame Weise exekutieren.



Preußisches Gold wie diese Dukaten könnten zur Beute von Runck und Stieff gehört haben. Diese Beispiele allerdings sind im Paulikloster, dem Archäologiemuseum des Landes Brandenburg, in Brandenburg an der Havel ausgestellt.



Die Hinrichtung von Runck und Stieff im Jahr 1718 war ein Spektakel, zu dem viele Bewohner Berlins sensationslüstern pilgerten.



Die im Berliner Schloss gehorteten Schätze des Herrschers waren absolut tabu, und wer sich an ihnen vergriff, war des Todes. Der kolorierte Kupferstich wurde 1781 von Johann Georg Rosenberg geschaffen. (Fotos/Repros: Caspar)

Man muss schon lange, sehr lange in die Geschichte zurück gehen, um nach dem spektakulären Diebstahl des kanadischen Goldgiganten aus der Ausstellung des Berliner Münzkabinetts einen ähnlich dreisten Coup zu finden. Der wurde vor 300 Jahren ruchbar, und die Diebe Runck und Stieff wurden 1718 besonders grausam vom Leben zum Tod befördert. Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. war außer sich, als er hörte, dass Schlosskastellan Valentin Runck und Hofschlosser Daniel Stieff ihre Vertrauensstellungen am königlichen Hof zu Berlin schamlos für eigene Zwecke ausgenutzt hatten. Ungeniert bedienten sie sich an goldenen und silbernen Kostbarkeiten und verkauften sie, unvorsichtig wie sie waren, an Berliner Juweliere und andere Personen.

Zum Diebesgut gehörten Goldstücke aus der königlichen Münzsammlung. Einer der Käufer zeigte die Medaillen dem Bibliothekar und Direktor des königlichen Münzkabinetts Maturin Veyssière de La Croze, der den Diebstahl entdeckte und ihn dem König meldete. Friedrich Wilhelm I. ließ den Hofschlosser verhaften. Stieff hatte sich durch "Verkaufung" etlicher Medaillen und eingeschmolzenen Goldes verdächtig gemacht, heißt es in einer Chronik, weshalb er "gefänglich" eingezogen wurde. Unter Folter mühte sich der Gefangene, seine Schuld auf andere abzuwälzen. Er behauptete sogar, die Goldstücke auf der Straße gefunden zu haben. Es dauerte nicht lange, bis auch der Komplize Runck in den Blick der Justiz geriet. Der Schlossverwalter wurde verhaftet und bekannte nach den Worten des Chronisten Fassmann, "dass er mit dem Hofschlosser viele Medaillen und andere Kostbarkeiten aus den königlichen Zimmern, Spinden und Schränken, Kisten und Kästen gestohlen; wie sie dann auch gesonnen gewesen, den Diebstahl noch weiter miteinander fortzusetzen". Nach Ermittlungen der Justiz sollen Runck 31182 Taler und 300 Dukaten und Stieff 13718 Taler und 500 Dukaten aus dem preußischen Staatsschatz sowie Seidenstoffe, Tischzeug und andere Stücke aus königlichem Besitz erbeutet haben.

Verrottet am eisernen Galgen

Die zum Tod verurteilten Verbrecher hat man auf Weisung des erbosten Königs auf dem Weg zum Hinrichtungsort besonders gequält. Auf einem Karren halbnackt sitzend, wurden sie drei Stunden durch die Stadt gefahren und dabei an den Ecken der Hauptstraßen mit glühenden Zangen gekniffen. "Als sie nun in Begleitung einer starken Wache zum Gericht gebracht waren, welches auch schon zuvor mit einem Kreis von der Soldateska, drei Mann hoch, umgeben gewesen, wurde der Hofschlösser von unten auf gerädert, welches der Kastellan Runck, desgleichen die beiden Weiber, mitansehen müssen. Hernach ist auch der Runck ebenfalls von unten auf gerädert worden." Als dies geschehen, redeten die Priester der zur öffentlichen Hinrichtung erschienenen Menschenmenge ins Gewissen. Sie sahen zu, wie die beiden Leichen zur allgemeinen Abschreckung an den höchsten eisernen Galgen hinaufgezogen und mit eisernen Ketten daran fest gemacht. Die Leichen blieben dort hängen, bis sie ganz und gar verotet waren. Die Frauen der Exekutierten hat man in die Spandauer Zitadelle zur Zuchthausarbeit gebracht. Man warf ihnen vor, dass sie ihre Männer wegen der Diebstähle nicht angezeigt hatten.

Runck hin, Stieff her - Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. war sich nicht zu schade, höchstpersönlich der Münzsammlung seines Vaters Friedrich I. zahlreiche Goldmünzen zu entnehmen und sie dem Schmelztiegel zu überantworten. Er tat dies in der Absicht, den 1713 übernommenen Schuldenberg seines Vorgängers abzutragen. Auf diesem Wege büßte das königliche Münzkabinett 319 Goldmünzen und Goldmedaillen aus dem 16. und 17. Jahrhundert von zum Teil beträchtlichem Gewicht bis zu einem Kilogramm pro Stück ein. Anzuerkennen ist, dass der König antike Münzen unberührt ließ. Schlechtes Gewissen hat ihn nicht geplagt, denn er wollte mit gutem Vorbild voran gehen und seine Untertanen ermuntern, sich zum Wohl des Staates von überflüssigem Edelmetall zu trennen. Einhundert Jahre später fand zu Beginn der Befreiungskriege von 1813 bis 1815 die Aktion "Gold gab ich für Eisen" großen patriotischen Widerhall, bei der jede Menge Edelmetall zur Ausrüstung von Freiwilligen zusammen kam und auch der Hof überflüssiges Tafelsilber dem Schmelztiegel überantwortete. In großen Mengen dürften dabei auch kostbare Münzen vernichtet worden sein, nach denen sich heute jeder Sammler die Finger ablecken würde.

Der Stadthistoriker Adolf Streckfuß schreibt in seinem Buch "500 Jahre Berliner Geschichte", dass bei solchen Hinrichtungen stets Prediger bei den Delinquenten waren, "um sie auf dem letzten Lebenswege zu trösten und um zugleich sich selbst den Ruhm einer Sünderbekehrung zu erwerben." Gerade zu Zeiten, da viele öffentliche Exekutionen stattfanden, sei die Stadt angesichts "liederlicher Personen" besonders unsicher gewesen. "Es war ein Wagestück", schreibt Streckfuß weiter, "nachts allein die Straßen der Residenz zu durchwandern, und wer dies in den Vorstädten versuchen wollte, durfte fast sicher sein, ausgeplündert zu werden."

14. April 2017

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