Falsche Fuffziger in Serie
Unbeliebte Münze war in der Weimarer Republik Attacken von Gaunern und Betrügern ausgesetzt und wird heute gesucht



Uralte Maschinen, auf denen noch in DDR-Zeiten Hartgeld geprägt wurde, können im Betriebsmuseum der Staatlichen Münze Berlin an der Ollenhauerstraße 97 im Bezirk Reinickendorf besichtigt werden.



Die nach einem Entwurf von Waldemar Raemisch gestalteten Fünfzigpfennigstücke erzielen, wenn sie echt sind, sensationelle Preise.



Die ab 1927 geprägten Fünfziger waren komplizierter gestaltet und ließen sich weniger gut wie die Vorläufer fälschen.



Die von Rassisten beanstandeten Münzen wurden auch auf Plakaten abgebildet, auf denen die Nazis für ihr Eintopfessen warben.



Die Fälschung von Kurs- und Sammlermünzen ist ein großes Thema, mit dem sich Münzfreunde immer aufs Neue befassen müssen, denn die Zahl der fraglichen Stücke ist Legion, und jeden Tag kann es passieren, dass sie einem auf den Tisch kommen. (Repros/Fotos: Caspar)

Eine der merkwürdigsten und umstrittensten deutschen Kleinmünzen der frühen Weimarer Republik ist das 1923 bis 1925 in großer Zahl hergestellte Fünfzigpfennigstück. Für die gigantische Aufgabe, das Deutsche Reich mit neuen Münzen zu versorgen, standen sechs Münzstätten zur Verfügung, erkennbar an den aus der Kaiserzeit übernommenen Münzbuchstaben: Berlin (A), Hamburg (J), München (D), Muldenhütten (E), Stuttgart (F) und Karlsruhe (G).

Der gleich nach dem Ende der Inflation auf den Markt geworfenen Münze war nur eine kurze Lebensdauer beschieden, weil sie, quasi über Nacht nach einem Entwurf von Waldemar Raemisch recht einfach gestaltet, häufig gefälscht wurde und nur geringes Ansehen besaß. Das mit der Wertzahl "50" und Getreideähren geschmückte Fünfzigpfennigstück wurde bereits 1928 eingezogen und am 1. Dezember 1929 außer Kurs gesetzt. Bestimmte Ausgaben von 1923 bis 1925 erreichen, wenn sie echt und dazu noch herausragend erhalten sind, vierstellige Beträge.

Da der "Fuffziger" eine vergleichsweise hohe Kaufkraft hatte, war er den Attacken von Gaunern und Betrügern ausgesetzt, die Falsifikate von "plump bis exzellent" herstellten. Der bekannte Numismatiker Heinrich Buchenau ging in einem Beitrag über das Münzwesen des Deutschen Reichs (Blätter für Münzfreunde, November 1925) auf die neuen Münzen nach Raemischs "eilig in Gips geschnittenen Entwurf" ein. "Die Weizenähren wurden durch die wegen zu großer technischer Einfalt dieses Münzbildes an sie geflickten Gersten- oder Roggenähren zu einem botanisch bemerkenswerten hybriden Gebilde. Die 50-Pfenniger haben sich nach längerem Umlauf zu kaffeebraunen Biermarken entfärbt und wurden seit Frühjahr 1925 wegen der ungewöhnlich großen Zahl ihrer Fälschungen kaum mehr gemünzt".

Großer wirtschaftlicher Schaden

Neue Fünfzigpfennigstücke aus Feinnickel würden beim Volk eine bessere Wertvorstellung erwecken und wären bei technisch feiner Ausführung schwerer fälschbar, fügte Buchenau hinzu und berichtete von ausgehobenen Fälscherwerkstätten. So sei im Oktober 1925 in Ruprechtshagen bei Hersbruck eine für 20 000 Mark angeschaffte Prägemaschine entdeckt worden, die täglich 25 000 Stück Hartgeld prägen konnte. In Hannover habe man einen Lokomotivführer und einen Schlosser wegen Anfertigung falscher Fünfzigpfennigstücke und belgischer Einfrancstücke verurteilt. In der Nähe von Sagan habe ein Architekt eine Werkstatt für falsche Einmarkstücke eingerichtet. Als er festgenommen werden sollte, habe er sich erschossen.

Der Vossischen Zeitung aus Berlin ist ebenfalls zu entnehmen, dass immer häufiger Fälschungen des Fünfzigpfennigstücks auftauchen. "Ein Teil dieser Fälschungen ist ziemlich plump in Messing ausgeführt, ein anderer Teil in einer Legierung hergestellt, die von der Metallmischung der Originale kaum noch oder überhaupt nicht mehr zu unterscheiden ist". Da sich sogar Fachleute über die Echtheit dieser Stücke uneins sind, sei es für kaufmännische Unternehmungen völlig unmöglich, Echtes von Falschem zu unterscheiden, was zu Verlusten führt. Diese würden in die tausende Mark gehen, "da die Reichsbank die einlaufenden Stücke auf Falsifikate durchsieht und mit den falschen Stücken das Konto der einliefernden Stücke belastet."

Gefälscht wurde in der damaligen Zeit und später eigentlich alles, was zu fälschen war. Das betraf normale Kursstücke und Gedenkmünzen, mit denen man bezahlte, aber auch numismatische Raritäten, die ein eigenes Thema sind. Die hohe Kaufkraft der Münzen war zu verlockend. So ist auch bei den silbernen Gedenkmünzen zu drei und fünf Mark, aber auch bei dem bekannten Fünfmarkstück "Eichenbaum" nach einem Entwurf von Josef Wackerle Vorsicht angebracht, das ab 1927 herauskam. Das "Sinnbild deutscher Kraft" zeigt einige verdorrte Äste, die angeblich auf die abgetretenen deutschen Gebiete hindeuten sollen. Die seltene Ausgabe von 1933 mit dem Hamburger Münzzeichen J sollte genau untersucht werden, denn es ist schon vorgekommen, dass die letzte Zahl manipuliert wurde, um eine preisliche Aufwertung zu erreichen.

Hinterhältige Angriffe

Ein Jahr vor der Errichtung der NS-Diktatur machten die Kleinmünzen nach Raemischs Entwurf dem für die Gestaltung von Münzen zuständigen Reichskunstwart Edwin Redslob das Leben schwer. Das Modell mit den sechs Getreideähren und der Wertzahl in einem auf die Spitze gestellten Quadrat gab Anlass zu mancherlei Rätselraten und Verdächtigungen. Offenbar ging die Kampagne gegen den Fünfziger und die kleineren Werte mit dem beschriebenen Design von München aus, damals die "Stadt der (NS-)Bewegung". In den im Berliner Bundesarchiv verwahrten Akten des Reichskunstwarts Edwin Redslob findet sich als Abschrift der Wortlaut eines wohl von der NSDAP herausgegebenen Flugblatts mit der Überschrift "Kennst Du das Zeichen", in dem die von Raemisch entwickelten Münzbilder verdächtigt werden, der "Aufrichtung der Judenherrschaft über die ganze Welt" das Wort reden. Aus dem Kubus mit der Wertzahl, der mit dem Tempelbau Salomons in Verbindung gebracht wird, "ragen in Linksrichtung 4 Eichenblätter (in Deutschland dreht sich alles von der Rohrwinde bis zur Kaffeemühle nach rechts.) Der Jude schreibt & liest von rechts nach links! Dies das Siegeszeichen, denn nicht die Franzosen, Engländer oder Amerikaner haben den Krieg (den Ersten Weltkrieg, H. C.) gewonnen, sondern nur allein der Jude!!!- 4 Eichenblätter = 4 Kriegsjahre!" Die Rückseite zeige, oberflächlich gesehen, den Segen der Landwirtschaft, heißt es in dem wohl Anfang 1932 verbreiteten Flugblatt weiter. Die Kreuzung der Ährenhalme und ihrer Stützen ergebe ein gleichseitiges Dreieck, dies sei die Freimaurerkelle. Das Pamphlet fragt "Deutscher Volksgenosse, ist die Zufall" und fordert auf "Deutscher! Denke".

Wir wissen nicht, wie der hochgebildete Kunsthistoriker und Reichskunstwart Edwin Redslob auf solche hinterhältigen und dummen Angriffe reagierte. Vermutlich war er über die rassistische Tendenz und den gefährlichen Ton entsetzt. Selbstverständlich stellte er sich schützend vor den Münzgestalter und bemerkte auf verschiedene in den Akten des Bundesarchivs dokumentierte Anfragen, "dass beim Prägebild der 5 und 10 Pfennigstücke weder vom Auftraggeber noch vom entwerfenden Künstler eine Symbolik irgendwelcher Art beabsichtigt gewesen ist".

Es muss erwähnt werden, dass die Fünf- und Zehnpfennigstücke ungeachtet der zitierten Unterstellungen aus rechtsradikalen und nationalsozialistischen Kreisen immerhin noch bis 1936 unverändert geprägt wurden. Offenbar nahm man in regierungsamtlichen Kreisen des NS-Staates an dem Design keinen Anstoß. Raemischs Karriere als Bildhauer hat es nicht geschadet, dass er Urheber jener Kleinmünzen aus der Zeit nach der Inflation war. In der NS-Zeit war er an der künstlerischen Ausschmückung öffentlicher Bauten beteiligt, darunter auch solcher auf dem Berliner Olympiagelände.

28. Juli 2017

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