Auf die Goldwaage gelegt
Münzgewichte sind interessante Geschichtszeugnisse und Sammelstücke



Das Berliner Münzkabinett zeigt im Bode-Museum auf der Museumsinsel unter anderem auch diese Münzgewichte, Münzwaagen und weitere Utensilien.



Der Hamburger Kupferstich aus dem Jahr 1695 zeigt einen Wardein bei der Prüfung von frisch geprägten Münzen.



Die preußischen Münzgewichte aus dem 18. Jahrhundert waren für verschiedene Goldmünzen bestimmt.



Mit dem braunschweigischen Passiergewicht von 1774 wurden doppelte Louisdors aus Gold geprüft.



In Hamburg hat man zum Abwiegen von Banco-Talern dieses Gewicht mit der Jahreszahl 1744 benutzt, die Gestaltung lehnt sich damals kursierenden Silbermünzen an. (Fotos: Caspar)

Die mit Wappen, Inschriften und Stempeleinschlägen geschmückten Münzgewichte meist aus Messing oder Kupfer gehören zu den vielfach unbeachteten, aber historisch bedeutsamen Zeugnissen der Münz- und Geldgeschichte. Da es bis ins 19. Jahrhundert hinein üblich war, Silber- und Goldmünzen nachzuwiegen, wenn man mit ihnen bezahlte oder etwas für sie verkaufte, war es ratsam, stets eine Waage und die passenden Gewichte bei sich zu führen. Es gibt Sammler, die besitzen ein Arsenal dieser von Wechslern, Kaufleuten, Zöllnern und anderen Personen benutzten Hilfsmittel zur Abwicklung von Geldgeschäften und halten auf Auktionen und Münzbörsen zielgerichtet nach ihnen Ausschau.

Der Einsatz der Waagen sowie Gewichte war wichtig, weil man in der Regel nicht mit einer abgezählten Münzmenge bezahlte, sondern sie vor den Augen des Kunden abwog. Das Verfahren war notwendig, weil die Geldstücke niemals gleich schwer waren, sondern im Gewicht und damit auch im Wert untereinander differierten. Unterschiede gab es, weil die Münzen mitunter am Rand beschnitten oder befeilt wurden, um ein wenig Edelmetall zu gewinnen, das man beim Goldschmied oder anderswo in bares Geld verwandeln konnte. Da Münzen durch langen Umlauf abnutzten und daher langsam leichter wurden, war es notwendig, auch deren Gewicht ständig zu prüfen und neu zu bestimmen.

Bereits in der Antike hat man amtlich geeichte Münzgewichte aus unedlem Metall, aber mit vorgeschriebenen Gewicht verwendet. Kenner sprechen vom Exagium oder im Plural von Exagia. Ihr offizieller Charakter wurde durch den Namen eines Kaisers oder seines Vertreters beziehungsweise eines Beamten unterstrichen. Die Gewichte bestehen oft aus viereckiger Bronze, doch sind auch runde Stücke und sogar solche aus Glas überliefert. Würde man die Exagia Stück für Stück abwiegen, dann ergäben sich Unterschiede um ein paar Zehntelgramm. Mit anderen Worten konnte man auch schon im Altertum beim Einsatz der Gewichte etwas Profit machen. Von den antiken Münzgewichten haben nur wenige Stücke die Zeiten überstanden, im Münzhandel werden sie kaum angeboten. Das macht sie zu Antiquitäten der besonderen Art.

Als im Mittelalter und der Neuzeit Gold- und Silbermünzen in großen Stückzahlen geprägt und in Umlauf gegeben wurden, hat man auch die passenden Münzgewichte hergestellt. Die ältesten Exemplare wurden im 14. Jahrhundert in Italien, dem Geburtsland des Bankenwesens, und in Frankreich angefertigt. Um zu wissen, für welche Geldsorten sie bestimmt sind, hat man auf ihnen etwa "Passiergewicht ein doppelter Louisdor" oder "Ein vollwichtiger Dukaten" notiert, häufig ergänzt durch eine Jahreszahl. Da nicht jeder lesen und schreiben konnte, sind auf bestimmten Gewichten Bilder der für sie bestimmten Geldstücke zu finden.

Münzgewichte und die dazu gehörenden Waagen samt Holzetuis kamen im Verlauf des 19. Jahrhunderts aus der Mode, weil die für sie bestimmten Geldstücke nach strengen Standards produziert wurden. Ganz wurde aber auf das Wiegen von Münzen vor allem aus Gold nicht verzichtet, nur fand diese Arbeit nicht in einem Laden, einer Bank oder auf dem Marktplatz statt, sondern bereits in der Geldfabrik. Dort hat man Reichsgoldmünzen nach gesetzlicher Vorgabe genau auf ihren Klang und ihr Gewicht geprüft, wobei produktionsbedingt zu leicht oder zu schwer geratene Stücke ausgeschieden und dem Schmelztiegel überantwortet wurden.

Der Gebrauch von Münzgewichten und Münzwaagen ist auf Gemälden und Grafiken dokumentiert, und wenn Sammler auch sie ihr eigen nennen können, dürfen sie sich besonders glücklich schätzen. Beliebt waren Bilder, auf denen sich als alte Geizhälse charakterisierte Männer und Frauen einen Spaß machen, ihre auf dem Tisch ausgebreiteten Goldstücke nachzuwiegen, vielleicht um mit den zu leichten Stücken bei nächster Gelegenheit zu bezahlen und einen anderen Menschen zu übervorteilen. Da aber auch dieser mit Waagen und Gewichten ausgestattet war, gestaltete sich das Verfahren vermutlich nicht ganz einfach.

Die Herstellung der Münzwaagen war ein ehrbares Handwerk, das in Köln, Nürnberg und anderen Städten sowie im Bergischen Land zu hoher Blüte kam. Generationen von Münzwaagenfabrikanten exportierten ihre Erzeugnisse in verzierten und beschrifteten Kästen in alle Himmelsrichtungen und sorgten für den guten Ruf dieses Produktionszweiges. Wer es genau wissen will, findet in den Büchern "Münzgewichte und Münzwaagen aus Österreich" von Gerhard Eiselmayr, von Günter Unshelm "Die bergischen und märkischen Goldwaagen 1749-1850" und anderen Publikationen interessante Informationen und Anregungen. Helmut Caspar

26. Juni 2017

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