"Gesegnet sei durch ihn ein ganzes Volk"
Bildnisse preußischer Könige auf Rechenpfennigen und Spielmarken aus dem 18. und 19. Jahrhundert





Solche stiefmütterlich behandelten Jetons und Marken aus preußischer Zeit hat Manfred Olding aus der Versenkung geholt. Sie könnten am Anfang einer kleinen Spezialsammlung stehen. Die obere Reihe zeigt Prägungen mit dem Kopf von Friedrich II., dem Großen, die beiden unteren Reihen zeigen Friedrich Wilhelm III. und sein Sohn Friedrich Wilhelm IV., genannt Romantiker auf dem Thron. (Repros aus dem besprochenen Heft: Caspar)

Sie spielen in den meisten Münzsammlungen und im Handel ein Mauerblümchendasein, man beachtet sie wenig und nimmt sich auch kaum die Zeit, sie näher zu betrachten. Die Rede ist von Rechenpfennigen, Jetons und Spielmarken, die in großer Zahl zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert zumeist in Nürnberg hergestellt wurden. Das Material besteht aus Kupfer oder Messing, und auch die Gestaltung mutet billig an. Die Hersteller mussten keine sonderliche Mühe auf die Jetons und ähnliche Gepräge verwenden, denn sie waren ja keine regelrechten Geldstücke, die auch Macht und Größe eines Staates repräsentieren, sondern "nur" zum alsbaldigen Ge- und Verbrauch bestimmt.

Der Osnabrücker Münzhändler Manfred Olding ist ein ausgewiesener Kenner der preußischen Münzgeschichte sowie Autor mehrerer Bücher über Münzen und Medaillen Friedrichs des Großen und seiner Nachfolger. Er hat die kaum beachteten Stücke dieser Gattung für einen Beitrag im Jahrbuch "Beiträge zur brandenburgisch/preußischen Numismatik" erfasst und beschrieben. Das 283 Seiten starke Numismatischen Heft von 2017 ist die nunmehr 25. Ausgabe, in der Mitglieder des Arbeitskreises Brandenburg/Preußen und weitere Autoren über Münzfunde, Münzstätten, Geldgeschichte, Medaillen, Orden und viele andere Themen mit Bezug zur regionalen, aber auch zur deutschen Numismatik berichten.

Auf dem hellblauen Umschlag wird mit Münzen aus Brandenburg, Sachsen und den braunschweigischen Herzogtümern auf den vor 350 Jahren abgeschlossenen Münzvertrag von Zinna hingewiesen, mit dem mit einigem erfolg der Versuch unternommen wurde, Ordnung und Übersicht in das Münz- und Geldwesen der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg zu bringen. Wenn man so sagen will, war der Vertrag ein Meilenstein auf dem Weg zur deutschen Münzeinheit, die erst gut 200 Jahre später durch die Schaffung der Einheitswährung "Mark" im das 1871 gegründeten deutschen Kaiserreich vollzogen wurde.

In seinem Beitrag über Rechenpfennige und vergleichbare Marken mit Bildnissen der preußischen Könige von Friedrich II. bis Wilhelm I. weist Olding darauf hin, dass die wenigsten Stücke noch im 18. Jahrhundert hergestellt wurden, die meisten habe man nach 1800 geprägt. Eine genaue Datierung ist schwierig, da die Stücke keine Jahreszahlen aufweisen. Die Herstellung von Marken und Zeichen oblag in alten Zeiten so genannten Pfennigschlägern oder Rechenpfennigmachern. In Nürnberg lebte eine ganze Dynastie, die Familie Lauer, von der Prägung dieser Marken, aber auch von der Herstellung mehr oder weniger kunstvoll gestalteter Medaillen. Viele Stücke sind mit echten oder Fantasiewappen, Porträts, Allegorien, Bauwerken und Inschriften versehen, ja es gibt auch Ausgaben, die das "Rechnen auf Linien" zeigen. Durch diese Methode war es möglich zu addieren, subtrahieren, multiplizieren und andere Operationen ausführen. Das Verfahren wurde von dem in der sächsischen Bergstadt Annaberg ansässigen Rechenmeister Adam Ries propagiert, auf den sich der bekannte Satz "Das macht nach Adam Ries" bezieht.

Viele von Olding erfasste Rechenpfennige und Jetons zeigen zunächst den nach links gewendeten Kopf beziehungsweise das Brustbild Friedrichs II., des Großen, kombiniert mit einem galoppierenden Pferd, einem Springbrunnen und einer Friedensgöttin. Dass man in der Firma Lauer kein Problem damit hatte, den Kopf des schon lange verstorbenen Friedrich II. mit einer Friedensgöttin und der Jahreszahl 1814 zu ehren, zeigt, wie patriotisch man nach den Befreiungskriegen dachte und welche Rolle dabei auch das geprägte Metall spielte.

Die Inschriften auf den von Olding vorgestellten Jetons fordern auf, frommen Mut zu haben, den König und den errungenen Frieden zu ehren und das durch ihn errungene neue Glück zu genießen, sich für die gerechte Sache und den Freiheit einzusetzen und dem Sieger im Krieg gegen das napoleonische Frankreich seine Reverenz zu erweisen. Mehrere preußischen Silbermünzen nachempfundenen Jetons aus der Zeit Friedrich Wilhelms IV. enthalten die Inschrift im Lorbeerkranz "Gesegnet sei durch ihn ein ganzes Volk". Zu hoffen ist, dass Oldings kleiner Katalog den einen oder anderen Sammler anregen wird, seine Bestände nach den bescheidenen, aber doch recht aussagestarken Marken zu durchsuchen. Wer das erwähnte Heft (15 Euro) oder einen Sonderdruck über die erwähnten Jetons haben möchte, kann eine Bestellung bei Manfred Olding unter der Telefonnummer 0541-442277 abgeben. In einem für die nächste Zeit geplanten Werk über die Medaillen preußischer Könige will Olding über 26 mm große Prägungen mit der Aufschrift IETTON vorstellen.

22. September 2017

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