"Wir sind ein Volk"
Staatliche Münze Berlin ehrt Helmut Kohl, den Kanzler der deutschen Einheit, mit einer Silbermedaille



Ihrer Serie mit Bildnissen deutscher Politiker - Angela Merkel 2015 und Hans-Dietrich Genscher 2016 - hat die Staatliche Münze Berlin 2017 eine Helmut Kohl, dem Kanzler der deutschen Einheit, gewidmete Silbermedaille hinzugefügt.



Die Politiker-Medaillen und weitere Ausgaben werden von der Berliner Münze in einer anspruchsvoll gestalteten Verpackung angeboten. (Fotos: Caspar)

Die Staatliche Münze Berlin hat wenige Tage nach dem Tod des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl eine diesem gewidmete Medaille herausgebracht. Gestaltet von Stefanie Lindner, verbindet die Silberprägung das Porträt des CDU-Politikers mit dem Brandenburger Tor in Berlin, dem Symbol für die guten und die schlechten Zeiten in der deutschen Geschichte. Kohl war von 1982 bis 1998 Bundeskanzler, und er war es, der nach dem Fall der Berliner und der innerdeutschen Mauer gemeinsam mit dem Außenminister Hans-Dietrich Genscher und weiteren Politikern die einmalige Gelegenheit ergriff, nach 40 Jahren deutsch-deutscher Trennung die Einheit unseres Landes wiederherzustellen. Bei allem, was man zu Kohls Persönlichkeit und insbesondere zu seiner dubiosen Rolle in der Parteispendenaffäre und zum Umgang mit der eigenen Familie sagen muss - sein Name wird ehrenvoll in den Geschichtebüchern genannt als Kanzler der deutschen Einheit, so wie er auch auf der Medaille vermerkt ist.

Bei der Würdigung des am 16. Juni 2017 verstorbenen Kanzlers der deutschen Einheit, ging ein wenig unter, wie und unter welch schwierigen Umständen sich der Zug in Richtung Wiedervereinigung in Bewegung setzte und welche Widerstände im In- und Ausland dabei überwunden werden mussten. Im Rückblick auf den Fall der Mauer am 9. November 1989 und das, was ihm folgte, erklärte Kohl, seine Grundposition sei immer gewesen, am Ziel der deutschen Einheit festzuhalten. So wenig wie andere habe er allerdings gewusst, wann dieses Ziel erreicht wird. "Wäre ich am 8. November 1989, als ich im Deutschen Bundestag den Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland abgab, gefragt worden, wann wird die deutsche Einheit kommen - ich hätte gesagt, ich weiß nicht, ob ich das noch erleben werde. Ich hätte mit Sicherheit nicht gesagt, ich werde es noch in meiner Amtszeit als Bundeskanzler erleben. Als wir am 9. November nach Warschau flogen, hatte ich keine Vorahnung, mit welcher Dramatik sich die Ereignisse noch am selben Abend in Berlin entwickeln würden."

Die Möglichkeit, dass in absehbarer Zeit enorme Veränderungen in Gang kommen könnten, sei dagegen schon klar gewesen, fügte Kohl mit Blick auf die Protestbewegung in der DDR und die Öffnung der ungarisch-österreichischen Grenze hinzu. Sie habe im Prinzip signalisiert, dass die DDR am Ende war. Nach dem Mauerfall habe die Uhr für die deutsche Einheit auf fünf vor zwölf gestanden. "Für uns war klar, dass wir in einen Zeitabschnitt mit unerhörten Chancen, aber auch ungeheuren Gefahren eintraten", so Kohl. Wenn man jetzt nicht das richtige Wort finde, wenn man eine falsche Nuance hineinbringt, werde es unglaublich schwierig. "Denn unsere europäischen Nachbarn waren keinesfalls voller Freude angesichts der Ereignisse. Bei den meisten überwogen die Besorgnisse, was man von den Deutschen letztendlich zu erwarten hätte." Die vorherrschende Stimmung sei "Kaum ist etwas Ruhe, geht es schon wieder mit den Deutschen los", so Kohls Meinung über Bedenkenträger, die es nicht nur in beiden deutschen Staaten, sondern und vor allem im Ausland gab. Am 10. November 1989 sagte er bei einer Kundgebung in West-Berlin: "Wir haben für diesen Tag hingearbeitet. Wir haben ihn herbei gesehnt", und seinen Landsleuten in der DDR rief er zu: "Ihr steht nicht alleine, wir stehen an eurer Seite. Wir sind und bleiben eine Nation, und wir gehören zusammen. Es geht um Deutschland, es geht um Einigkeit und Recht und Freiheit."

Mit seinem am 28. November 1989 vorgelegten "Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas" orientierte Bundeskanzler Helmut Kohl klar auf die Wiedervereinigung Deutschlands zu einem unbestimmten Zeitpunkt. Er mahnte zu Besonnenheit, Vernunft und Augenmaß auf allen Seiten, "damit die jetzt begonnene - so hoffnungsvolle - Entwicklung stetig und friedlich weiter verläuft." Was diesen Prozess stören könnte, seien nicht Reformen, sondern deren Verweigerung. Nicht Freiheit schaffe Instabilität, sondern deren Unterdrückung, so Kohl in Richtung Ostberlin, wo die alten Kräfte noch sehr aktiv waren, was zu weiteren "Übertritten" von DDR-Bewohnern in den Westen führte.

Die Großmächte zeigten sich von Kohls Vorstoß überrascht und indigniert. In Moskau und Washington, London, Paris und anderen Hauptstädten gab es manche Bedenken, ob es wirklich gut ist, wenn die Deutschen ihre Einheit erlangen. Ungeachtet vielfältiger Widerstände und Querelen, wurde in jenen dramatischen Tagen aus der Parole der DDR-Bevölkerung "Wir sind das Volk" die klare Forderung "Wir sind ein Volk". Dass bei der Herstellung der deutschen Einheit in Politik, Wirtschaft und anderen Bereichen vieles nicht rund lief und die von Kohl versprochenen "Blühenden Landschaften" nur partiell entstanden, wird zu bedenken sein, wenn man sich an Helmut Kohl erinnert.

8. Juli 2017



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