Geld nach einheitlichem Standard
Die 1865 von Napoleon III. gegründete Lateinische Münzunion entfaltete für wenige Jahrzehnte ihre volle Wirkung





Das Fünf-Francs-Stück von 1868 zeigt den Kopf von Napoleon III., der im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 seinen Thron verlor, sowie und den gleichen Wert aus der Schweiz von 1907 mit dem Kopf der Helvetia als Landespatronin der Eidgenossenschaft.





Als Mitglieder der Lateinischen Münzunion prägten auch Rumänien und Italien nach den vertraglichen Vorgaben, jedoch mit unterschiedlichen Bildern, Wappen und Inschriften. (Repros: Caspar)

Seit Münzen geprägt werden, gibt es Versuche, ihnen im Interesse von Handel und Wandel überregionale Gültigkeit und Verbreitung zu verschaffen. Bereits in der Antike hat man zu diesem Zweck Bündnisse abgeschlossen, und diese gab es auch in der Neuzeit. Seit dem 16. Jahrhundert hat man versucht, die Unübersichtlichkeit im europäischen Geldwesen durch Schaffung überregionaler Vereinbarungen zu überwinden. Genannt seien im deutschen Raum die in Österreich und anderen Staaten des römisch-deutschen Reichs ab Mitte des 18. Jahrhunderts umlaufenden Konventionstaler die preußischen Reichstaler sowie im 19. Jahrhundert die Vereinstaler, von denen auch Doppelstücke hergestellt wurden.

Münzverträge waren angesichts der sich stark entwickelnden Ware-Geld-Beziehungen nötig und hatten zeitweise Bestand. Der bei uns ab 2002 umlaufende Euro ist ein treffliches Beispiel für Fluch und Segen solcher Vereinbarungen. Kaiser Napoleon III., der 1852 in Frankreich auf den Thron gelangte Neffe Napoleons I., hatte den Ehrgeiz, aus dem französischen Franc eine Weltmünze zu machen. Der von ihm 1865 ins Leben gerufenen Lateinischen Münzunion gehörten außer Frankreich auch Belgien, Italien und die Schweiz an. Später schlossen sich Bulgarien, Griechenland, Finnland, Rumänien, Serbien, Spanien sowie einige Staaten in Mittel- und Südamerika an. Einbezogen waren Kolonien, sofern deren "Mutterländer" Mitglieder der Münzvereinigung waren. Österreich-Ungarn und andere Länder prägten Münzen nach dem Standard der Lateinischen Münzunion, ohne ihr selber anzugehören.

Das von Napoleon III. geschaffene Münzsystem war als Mittel zur Schaffung einer europäischen Union gedacht. Die Hoffnung des Kaisers, mit ihm Kontinentaleuropa beherrschen zu können, erwies sich als Illusion. Der Name des Bündnisses bezieht sich auf die Sprachen in den Mitgliedsländern, die vielfach auf das Lateinische zurückgehen. Die von zahlreichen Ländern dieses Bündnisses geprägten Münzen bilden ein interessantes Sammelgebiet, sie sind gut erforscht und in Katalogen erfasst. Regelmäßig bietet der Münzhandel die nach einheitlichen Vorgaben, aber natürlich mit unterschiedlichen Vorder- und Rückseiten sowie Randschriften und Randmarkierungen hergestellten Geldstücke an. Die Preise schwanken je nach Metall, Größe und Höhe der Auflagezahlen.

Nach den Vereinigten Staaten von Amerika hatte das revolutionäre Frankreich 1795 die dezimale Währung mit dem Franc zu 100 Centimes eingeführt. Ein Silberfranc sollte fünf Gramm wiegen und einen Feingehalt von 900/1000 haben. Das Verhältnis von Gold zu Silber betrug 1:15,5. Schon bald wurde im frühen 19. Jahrhundert dieses Geldsystem von Belgien, Italien, der Schweiz und anderen Ländern nachgeahmt. Der dann 1865 in der Lateinischen Münzunion festgelegte Bimetallismus bedeutete, dass zwei silberne Fünf-Franc-Stücke im Gewicht von zusammen 45 g Feinsilber einem goldenen Zehn-Francs-Stück zu 2,9032 g Feingold entsprechen.

Die Convention monétaire, wie die Lateinische Münzunion offiziell hieß, begrenzte die Auflage der Geldstücke zunächst auf sechs Franken pro Einwohner, später wurde der Anteil auf 16 Franken erhöht. Der Vertrag legte außerdem fest, dass die öffentlichen Kassen der Mitgliedstaaten das Geld der anderen Partner annehmen müssen. Das hatte den Vorteil, dass man bei Reisen sowie im Banken- und Warenverkehr das Geld nicht ständig umtauschen musste, was ja immer zu Verlusten führte. Das alles hörte sich gut an, aber die Lateinische Münzunion hatte auch einen Haken. Denn sie konnte den Mangel an Kleingeld nicht überwinden, und auch der Gebrauch von Papiergeld, das mehr und mehr die Metallmünzen verdrängte und nicht immer fälschungssicher war, schränkte die guten Absichten des Vertrags ein. Aufgrund des Verfalls des Silberpreises und starker Schwankungen im Verhältnis zwischen Gold und Silber, der zunehmenden Verwendung von Papiergeld sowie inflationärer Entwicklungen im frühen 20. Jahrhundert sowie des Verlaufs und der Folgen des Ersten Weltkriegs (1914-1918) und weitere Faktoren hatte sich die Lateinische Münzunion in den 1920-er Jahren überlebt, weshalb sie mit Wirksamkeit vom 1. Januar 1927 aufgelöst wurde.

3. Oktober 2017

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