Münzen mit Makeln und Macken
Fehler bei der Stempelgravur und Verwechselungen der Stempel führen zu numismatischen Raritäten



Sie hätten niemals während der Weimarer Republik das am D erkennbare Hauptmünzamt in München verlassen dürfen, taten es aber und avancierten zu begehrten Sammelstücken.



So genannte Verprägungen wie diese aus der Weimare Republik und der DDR werden von Sammlern eifrig gesucht, aber eigentlich sind sie Münzschrott.



Ein besonders krasser Fall einer Zwitterprägung ist dieses im Archiv der Kreditanstalt für Wiederaufbau am Berliner Gendarmenmarkt liegende Münze mit dem Kopf des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg und dem DDR-Wappen. (Fotos: Caspar)

Verwechselte oder auf dem Kopf stehende Buchstaben, falsche Jahreszahlen und andere Fehler kommen auf modernen Münzen selten vor. Zu genau sind in den Münzstätten die Qualitätskontrollen, und wenn dennoch ein fehlerhaftes Stück hergestellt wird, hat es kaum eine Chance, in die Öffentlichkeit zu gelangen. In früheren Jahrhunderten, als die meisten Menschen weder lesen noch schreiben konnten, nahm man es mit der Orthographie nicht sehr genau. Und so konnte Stempelschneidern schon mal Fehler unterlaufen, die heute manches Stück zu einer begehrten und teuren Rarität werden lassen. Da die Gravur der Prägewerkzeuge langwierig und teuer war, hat man Mängel in den Umschriften und bei Jahreszahlen gern übersehen und munter weiter geprägt. Solche mit Makeln und Macken behaftete Geldstücke rücken, ähnlich wie man es auch bei Briefmarken beobachten kann, in den Rang von numismatischen Kuriositäten und gar Kostbarkeiten auf und werden im Handel besser bezahlt als "normale" Ausgaben.

Schaut man sich um, dann kommen schon falsche Namen wie Ferdinadus, Maxmilian, Augusstus, Wilhlm oder Henriccus vor. Es gibt auch Münzen, auf denen Prussen statt Preußen oder Tahler, Ausbeutthalr, Thaelr und ähnliches Taler steht. Ebenso kommen Bezeichnungen wie Vereinsthaelr oder Verrinsthaler statt Vereinsthaler vor. Der Stempelschneider hat hier die Buchstabenpunzen, mit denen er die Um- und Aufschriften produzierte, verwechselt. Vielleicht wurde auch die Menge der auf dem Stempel unterzubringenden Buchstaben nicht richtig berechnet, so dass man am Ende einige Zeichen fortlassen musste. Als man das Missgeschick bemerkte, hat man auf die Korrektur verzichtet, weil das zusätzliche Kosten und Zeitverlust verursacht hätte. Man durfte sicher sein, dass der Fehler kaum bemerkt wurde. Viele Münzen mit Stempelfehlern zeigen Gebrauchsspuren, waren also Teil des allgemeinen Geldumlaufs. Da man sich die Münzen kaum genau anschaute, mögen Stempelfehler kaum aufgefallen sein.

Gestalterische und inhaltliche Fehlleistungen

Gelegentlich kommen auf Münzen auch inhaltliche Fehlleistungen vor, etwa dort, wo ein Herrschertitel nicht ganz vollständig oder schlicht falsch wiedergegeben wurde. Bei einem Magdeburger Taler von 1623 beispielsweise hat der Stempelschneider den wichtigen Hinweis Do G weggelassen, also Die Gratia oder Von Gottes Gnaden. Da der auf der Adlerseite genannte Kaiser Ferdinand II. sein Amt aber "von Gottes Gnaden" herleitete, stimmte die Titulatur des Reichsoberhaupts nicht. Man kann davon ausgehen, dass die Prägung eingestellt wurde, als die Peinlichkeit bemerkt wurde.

Missgeschicke wie dieses sind eher selten, viel häufiger sind absichtliche Manipulationen auf Münzen etwa bei Jahreszahlen. Die Rückdatierung etwa sollte suggerieren, dass die Geldstücke ein stattliches Alter aufweisen und von altem Schrot und Korn sind. Selbstverständlich müssen Stempelfehler nicht immer echt und alt sein. Sie können bei schon fertigen Münzen auch in betrügerischer Absicht erst jetzt angefertigt worden sein. Fälscher sind sich nicht zu schade, eine Jahreszahl oder einen Buchstaben zu verändern, und schon entsteht aus einer normalen Münze eine seltene Variante, ein besonders teurer Jahrgang.

Hin und wieder bietet der Münzhandel so genannte Zwittermünzen an, doch kommen sie auch auf Tauschbörsen und bei anderen Gelegenheiten vor. Nicht immer ist auf den ersten Blick zu sehen, dass die Vorderseiten nicht zur Rückseite gehören oder auch die Randschriften zu den betreffenden Münzen nicht passen. Die Zwittermünzen oder Hybriden Gepräge kommen in den unterschiedlichsten Formen vor, etwa wenn auf der Vorderseite ein Fürst dargestellt ist und die Rückseite aus einer Zeit stammt, als dieser schon tot war. Manchmal hat man ein Porträt mit einem Wappen kombiniert, das einem anderen Münzherrn gehört. Solche Stücke entstanden, als man in den Münzschmieden und Prägeanstalten weniger als heute auf die Qualität der Münzen geachtet hat und aus Sparsamkeitsgründen manche Ungereimtheit durchgehen ließ. Es existieren sogar Stücke, die auf beiden Seiten das gleiche Motiv, etwa ein Wappen oder einen Kopf, zeigen.

Um das Sammlerinteresse befriedigen zu können, haben Fälscher Münzen in Scheiben zersägt und nicht zusammen gehörende Hälften miteinander verlötet. Wer nicht ganz genau hinschaut, mag glauben, dass er eine "echte" Zwittermünze vor sicht hat. Einer, der sich auf Zwittermünzen und andere Sonderlinge spezialisiert hat, war der Berliner Sammler Willliam F. Hahlo. Seine Kollektion wurde 1927 in Frankfurt am Main versteigert. Im Katalog finden sich zahlreiche Proben von Motiven, die nicht zur Ausgabe gelangten, aber auch Abschläge aus Gold, Silber, Zinn oder Blei von Münzen, die offiziell nur aus Kupfer bestehen dürfen. Umgekehrt kommen Goldmünzen als Abschläge in Silber und Kupfer vor.

Aus Unachtsamkeit verwechselte Stempel

Bei den meisten Zwittermünzen kann man davon ausgehen, dass sie infolge von Unachtsamkeit oder Schlamperei zustande kamen oder Stempel im Eifer des Gefechts verwechselt wurden. Zur Entstehungszeit hat man wenig Anstoß an solchen Unregelmäßigkeiten genommen, denn solche Münzen wurden nicht des Sammelns für würdig erachtet. Doch mit der Entwicklung des Münzensammelns zu einer Art Volkssport wurden sie begehrte Raritäten, weshalb sie im Handel teuer bezahlt wurden und werden. Nicht auszuschließen ist, dass solche numismatischen Sonderlinge speziell für Sammler hergestellt wurden, ob es eine Genehmigung dazu gab oder nicht.

Als in der Bundesrepublik Deutschland das Sammeln von Goldmünzen in Mode kam, hat ein privater Hersteller von Nachprägungen massenhaft Zwittermünzen produziert. Er behauptete, dass seine Machwerke sofort wegen der unkorrekten Stempelkopplung oder an zeitlichen Ungereimtheiten zu erkennen sind, weshalb sie für Sammler keine Gefahr darstellen. Dabei ging es zumindest in den Reichsmünzstätten überaus korrekt zu, jedes einzelne Goldstück wurde von Hand auf sein Gewicht und den reinen Klang untersucht, bevor es an die Ausgabestellen ausgeliefert wurde. Wer die Nachprägungen kaufte und die Hintergründe nicht kannte, mochte glauben, eine numismatische Rarität zu besitzen, und war bereit, für sie viel Geld zu zahlen. Dabei sind diese Nachprägungen nur das Metall wert, aus dem sie bestehen.

Im Archiv der Kreditanstalt für Wiederaufbau am Gendarmenmarkt in Berlin wird eine besonders extreme Zwittermünze aufbewahrt. Sie kombiniert den auf Münzen der NS-Zeit abgebildeten Kopf des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg mit dem DDR-Wappen. Unter welchen Umständen dieser Zwitter im damaligen VEB Münze der DDR entstanden ist, kann nicht geklärt werden. Schaut man die Münzgeschichte des bis 1990 existierenden zweiten deutschen Staates an, dann tauchen dort weitere Kombinationen von nicht zusammen passenden Vorder- und Rückseiten sowie Randschriften auf, die für andere Geldstücke bestimmt waren. Es gibt Sammler, die solche Stücke suchen und sie gut bezahlen. Obwohl es strenge Bestimmungen gibt, dass Verprägungen und falsche Stempelkopplungen eine Prägeanstalt nicht verlassen dürfen, sondern dort vernichtet werden müssen, gelang und gelingt ihnen mitunter der Weg nach draußen. Sonst könnte der Handel diese numismatischen Missgeburten zur Freude von Raritätenjägern nicht anbieten.

1. Oktober 2017

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