Der Geburtsort des Levantetalers
Berühmte Silbermünze der Kaiserin Maria Theresia aus dem Jahr 1780 wird bis heute nachgeprägt



In riesigen Stückzahlen wurden die Maria-Theresien-Taler von 1780 geprägt, die wenigsten aber stammen aus der Günzburger Münzstätte.



Im Kulturhistorischen Museum zeigt das Wiener Münzkabinett unter anderem auch die Stempel, die zur Herstellung der hochwertigen Silberstücke verwendet wurden.



Das barocke Deckengemälde in der früheren Münze am Schlossplatz zu Günzburg schildert mit einer barocken Allegorie, wie sich niedliche Putten an einer Spindelpresse zu schaffen machen.



Auch im Wiener Kaiserschloss Schönbrunn kann man ein weitaus üppiger gestaltetes Deckengemälde von 1760 mit einer Spindelpresse bewundern.



Die Medaillen mit dem Bildnis der Kaiserin Maria Theresia unterstreichen das Interesse der Habsburger an einem geordneten und effektiven Münzwesen. (Fotos: Caspar)

Zahlreiche Münzstätten mit zum Teil veraltetem technischem Inventar mussten aus politischen und ökonomischen Gründen ihre Arbeit entstellen. Vielfach wanderten die Prägemaschinen und weitere Gerätschaften in den Schrott oder wurden an andere Münzanstalten verkauft. Die Spindelpressen, Walzen, Rändelmaschinen, Münzwaagen und Stempel stellen, sofern sie erhalten geblieben sind, technikgeschichtliche Kostbarkeiten dar und werden in Museen und Ausstellungen der Münzkabinette gezeigt. In Günzburg, der Hauptstadt der seinerzeit zu Österreich gehörigen Markgrafschaft Burgau, wurde 1764 auf Befehl der Kaiserin Maria Theresia eine Münzstätte eingerichtet worden, um mit hochwertigen Silbermünzen gegen das in Süddeutschland grassierende Chaos im Geldwesen anzugehen. Nach neuestem technischem Standard im Alten Schloss eingerichtet, hatte die Anstalt überdies die Aufgabe, Silbergeld für den Orient bereitzustellen und - am Ende des 18. Jahrhunderts - massenhaft Hartgeld für die habsburgische Kriegskasse zu produzieren.

Bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1805 stand die Prägeanstalt in voller Blüte. Sie wurde als Musterbetrieb gelobt, der in der k. und k. Monarchie seinesgleichen suchte. Erhalten ist im ehemaligen Kassenraum eine prächtige barocke Deckenmalerei. Sie zeigt, vergleichbar mit einem Deckenbild im Wiener Schloss Schönbrunn, unter anderem das alte Münzgebäude am Schlossplatz und ein weiteres am Egelsee. Besonderer Blickfang ist die auf Wolken thronende antike Göttin Moneta als Patronin der Münzhersteller, die von musizierenden Putten flankiert wird. Die lateinische Inschrift HIS NITITUR ORBIS bedeutet übersetzt "Auf diese stützt sich der Erdkreis". Interesse verdient ein münztechnisches Detail am unteren Bildrand. Hier machen sich geflügelte Putten an einem Schmelzofen zu schaffen, nebenbei ist eine Spindelpresse aufgestellt.

Das Gerät mit den langen Schwungarmen war bis ins 19. Jahrhundert hinein die wichtigste Prägemaschine vor allem für große Münzen und Medaillen und war laut Inventarlisten auch in der Günzburger Münze reichlich in Gebrauch. Eine lateinische Bauinschrift nennt Maria Theresia eine "fromme, glückliche, erhabene Mutter des Vaterlandes, die Wiederherstellerin des Metall- und Münzwesens". Sie habe die Errichtung dieser Münzstätte "als Zeugnis ihrer Majestät, zur Förderung der Vorteile des öffentlichen Wohlstandes in diesem altehrwürdigen Sitz der Markgrafschaft Burgau besorgt".

Günzburg wäre wie viele andere Münzstätten sicher vergessen, wäre die Stadt nicht der Geburts- und erste Prägeort des bis heute mit der Jahreszahl 1780 nachgeprägten Maria-Theresien-Talers gewesen, dem Todesjahr der berühmten Monarchin. Die hochwertige Silbermünze mit den auf die Münzbeamten Schöbl und Faby deutenden Initialen SoFo erfreuten sich zur Entstehungszeit so großer Beliebtheit, dass sie, versehen mit dem ansehnlichen Brustbild der Kaiserin und dem doppelköpfigen Reichsadler, in den Vorderen Orient, nach Afrika und selbst in den Fernen Osten exportiert wurden. Als Levantetaler waren diese noch im 19. Jahrhundert in Österreich zum Bezahlen und zum Export in andere Länder beliebt.

Wie alle Münzstätten der damaligen Zeit, unterlag auch die Günzburger Prägeanstalt konjunkturellen Schwankungen, je nachdem ob Hartgeld gebraucht wurde oder nicht. Mit Genehmigung aus Wien wurden daher in Günzburg auch fremde Münzen angefertigt, so für die Hochstifte Konstanz und Augsburg, für den Bischof von Straßburg, die Reichsstadt Ulm sowie den Fürsten Joseph Wenzel von Fürstenberg. Dass man in Günzburg gute Arbeit leistete, zeigt ein Blick auf die Geldstücke. Auf ihnen sind nach Maria Theresia auch deren Sohn Joseph II. sowie die Kaiser Leopold II. und Franz II. abgebildet, in dessen Regierungszeit die Auflösung der Münzanstalt fiel.

Dass die Münzstätte kurz vor Jahresende 1805 überraschend ihre Arbeit einstellen musste, hängt mit dem dritten Koalitionskrieg Englands, Österreichs, Russlands, Schwedens und anderer Staaten gegen Frankreich und das mit ihm verbundene Spanien und einige süddeutsche Staaten zusammen. Ziel der antinapoleonischen Koalition war die Wiederherstellung des europäischen Gleichgewichts und die Zurückdrängung des französischen Einflusses. Der Plan ging gründlich schief, denn in der Dreikaiserschlacht von Austerlitz am 2. Dezember 1805 erlitten die österreichischen und russischen Truppen eine schwere Niederlage. Daraufhin wurde zu Weihnachten 1805 der Frieden von Pressburg geschlossen, der Österreich zu erheblichen Gebietsabtretungen nötigte. Aus diesem Grund fiel die Markgrafschaft Burgau und mit ihr die nach neuestem Know-how eingerichtete Münzstätte zu Günzburg an Bayern, dessen Kurfürst Maximilian Joseph 1806 König geworden war. In München hatte man kein Interesse an der Weiterführung der Münzstätte in Günzburg. Viele Gerätschaften kamen in die Münchner Münze, die in hochproduktive Geldfabrik verwandelt wurde. Mitarbeiter der aufgelösten Prägeanstalt wurden entweder in München eingesetzt oder in Pension geschickt. Manche suchten sich eine andere Tätigkeit.

21. Juli 2017

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