Passiermarken und Jubelmedaillen
Berliner Münze pflegt seit dem 19. Jahrhundert ihr Image auf geprägtem Metall und zeichnete langjährige Mitarbeiter aus



Vor einigen Jahren war in einer Ausstellung am Berliner Kulturforum ein Modell der 1886 abgerissenen Königlichen Münze, die 1798 bis 1800 auf dem Friedrichswerder erbaut wurde.



Beamte der Münzstätten in Berlin, Breslau und Düsseldorf widmeten 1843 ihrem Generalmünzdirektor Goedeking eine aufwändig gestaltete Medaille.



Details vom Gilly-Schadow-Fries sind von der Königlichen Münze sind auf einer Medaillenserie von 2014 abgebildet, mit der die Staatliche Münze Berlin den Bildhauer Johann Gottfried Schadow geehrt hat.



Mit der um 1820 geprägten Passiermarke aus Kupfer mussten sich Beamte und Bewohner der Münzgebäude ausweisen, sonst wurden sie nicht eingelassen.



Den Berliner Münzdirektoren Friedrich Wilhelm Loos und Ludwig Friedrich Eduard Klipfel wurden 1879 und 1865 diese Medaillen anlässlich ihres fünfzigjährigen Dienstjubiläums gewidmet.



Die Medaille von Bodo Broschat von 1997 zur 27. Internationalen Münztechnikertagung kombiniert die Ansicht der Berliner Münzstätte mit einer Kniehebelpresse, verbunden mit der Wiedergabe des figurenreichen Münzfrieses.



Das Zehn-Euro-Stück wurde 2014 zum 250. Geburtstag des Berliner Bildhauers und Grafikers Johann Gottfried Schadow von Bodo Broschat geschaffen. Dargestellt die Prinzessinnengruppe, die Quadriga vom Brandenburger Tot sowie eine Platte vom Münzerfries. (Fotos: Caspar)

Die Berliner Münze besteht seit dem Jahr 1280 und ist damit der älteste Produktionsbetrieb in der Stadt an der Spree. Viele Bücher und Studien beschäftigen sich mit der Geschichte der Prägestätte, deren Anfang durch eine urkundliche Erwähnung aus jenem Jahr bezeugt ist. Erst im 19. und 20. Jahrhundert hat die Geldfabrik Medaillen in eigener Sache geprägt. Verglichen mit anderen Münzstätten wie Paris, Wien und Sankt Petersburg hat man nur recht zurückhaltend die Möglichkeit zur numismatischen Selbstdarstellung genutzt. Die sprichwörtliche "preußische Sparsamkeit" könnte ein Grund dafür gewesen sein. Dass man mit gut gestalteten, repräsentativen Medaillen auf die eigenen künstlerischen Kapazitäten und technischen Möglichkeiten aufmerksam machen und damit auch Eigenwerbung betreiben kann, ist erst in unseren Tagen in der Berliner Münzstätte erkannt worden, und demzufolge mehrten sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts diesbezügliche Ausgaben. >

Hoher Besuch in Geldfabriken >

Wenn hochgestellte Persönlichkeiten Münzstätten beehrten, hat man in Paris, Wien, Brüssel, Dresden/Muldenhütten, Wiesbaden und an anderen Orten spezielle Besuchsmedaillen hergestellt, ja sogar reguläre Gedenkmünzen mit Hinweisen auf die Visiten versehen. In Berlin wurde darauf verzichtet, obwohl dort auch solche Besuche belegt sind. Der sogenannte Kronprinzentaler von 1812 mit dem Kopf König Friedrich Wilhelms III. und der Aufschrift "Gott schütze ihn und den theuren Erben seines Thrones" belegt nur indirekt die Visite des späteren Königs Friedrich Wilhelm IV. in der Berliner Münze. Der Anlass wird nicht genannt. Ein anderer Taler feiert die Anwesenheit Friedrich Wilhelms III. in der Münze zu Düsseldorf. Dass Berlin und Düsseldorf in einer technologischen Umbruchsphase steckten und bei der Einführung neuer Prägemechanismen Pionierarbeit leisteten, ist diesen sehr seltenen Sondermünzen nicht zu entnehmen. >

Im 18. Jahrhundert und während der napoleonischen Ära brachte die Pariser Münze zahllose exzellent gestaltete Medaillen mit Herrscherbildnissen sowie Allegorien heraus, auf denen die Spindelpresse als Attribut erscheint, das vor dem Gebrauch der Kniehebelpresse wichtigste Prägeinstrument. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert tat sich die Pariser Münze zudem mit der Dokumentation ihres hochmodernen Maschinenparks hervor und würdigte auch die Arbeit der Präger und Metallgießer. Hinzu kommen über zwei Dutzend Medaillen, die den Besuch gekrönter Häupter in der Pariser Münze in der napoleonischen Zeit und nach den Befreiungskriegen dokumentieren. Diese Form der Erinnerungsarbeit muss damals geradezu eine Manie gewesen sein, weshalb sich hier ein kleines und feines Sammelgebiet auftut. Wenn man die Originale nicht bekommt, kann man sich auch mit Nachprägungen begnügen, die die Administration des Monnaies et Médailles in Paris im Angebot hat. Die aus dem 18. Jahrhundert stammenden Spindelpressen-Darstellungen waren so erfolgreich, dass sie von anderen Ländern auf Münzbesuchs-Medaillen kopiert wurden. >

Im frühen 20. Jahrhundert schuf der Berliner Stempelschneider und Medailleur Franz Krischker eine für Erinnerungs- und Auszeichnungszwecke bestimmte Plakette, die in Form einer Bildergeschichte Stationen der Münzfertigung einschließlich der Kniehebelpresse schildert. In den 1980-er Jahren brachte der damalige VEB Münze der DDR eine ähnlich gut gestaltete Plakette heraus. Heinz Hoyer zeigt, wie sich an der Spree Prägetechnik und Maschinerie weiterentwickelt haben. >

Ehrung für lange Dienstzeit >

Mehrere im 19. Jahrhundert geprägte Medaillen erinnern an Dienstjubiläen leitender Beamter der seit 1750 mit dem "A" zeichnenden wichtigsten Münzstätte Preußens. Mit dem Schema Kopf/Schrift im Blätterkranz sind sie von erstaunlicher Einfallslosigkeit gestaltet. So wurden Möglichkeiten verschenkt, die Arbeit der Prägeanstalt ins rechte Licht zu rücken. Ausnahmen wie die gestalterisch und technisch exzellent gemachte Medaille von 1843 mit beidseitigem hohem Relief auf das Dienstjubiläum von Christian Friedrich Goedeking bestätigen die Regel. Von dem bekannten Medailleur Henri François Brandt gestaltet, zeigt sie auf dem Blätterkranz kleine Bilder mit münztechnischen Geräten. Unter ihnen ist die 1817 von dem rheinischen Textilfabrikanten Diederich Uhlhorn erfundene Kniehebelpresse, für deren Nutzung in den preußischen Geldfabriken Berlin, Breslau und Düsseldorf sich der Chef des Münzdepartements gegen manche Widerstände eingesetzt hatte. >

Eine Auszeichnungsplakette der Preußischen Staatsmünze aus dem frühen 20. Jahrhundert zeigt, von Paul Sturm und Reinhard Kullrich gestaltet, das Münzgebäude an der Unterwasserstraße sowie zwei nackte Männer, die ein Lorbeergewinde über eine Spindelpresse zeigen. Die Darstellung ist ein Anachronismus, denn die Prägeapparate mit den langen Schwungarmen waren damals schon längst ausgemustert und fanden höchstens noch bei der Herstellung von Medaillen und der Vervielfältigung von Prägestempeln Verwendung. Heute werden Spindelpressen zur Freude des Publikums auf Münzmessen und anderen Veranstaltungen beim Schauprägen von Medaillen eingesetzt. >

Außer solchen Medaillen mit Gebäude- und Geräteansichten kennen Sammler Einlass- oder Passiermarken aus Kupfer für Mitarbeiter der Berliner Münze. Sie scheinen numismatische Raritäten zu sein, im Berliner Münzkabinett und einigen Spezialsammlungen sind solche Legitimationsmarken für "Einwohner der Münz-Gebäude" erhalten. Um 1980 benutzten Mitarbeiter des VEB Münze der DDR einfallslos gestaltete Einlassmarken. In eine Sammlung Berliner Münztechnik-Medaillen passt eine Ausgabe von 1942, mit der der damalige Chefgraveur Franz Krischker die Einweihung der Preußischen Staatsmünze in einem riesigen Neubaukomplex zwischen Molkenmarkt und Mühlendammschleuse würdigt. Zur Gebäudeansicht kontrastiert der Prägesaal, in dem 35 Kniehebelpressen mit ohrenbetäubendem Lärm ihre Arbeit verrichten. Mit den Stempeln von damals wurden in DDR-Zeiten und bis heute neue Medaillen dieser Art ohne die Widmung von 1942 geprägt, so dass Sammler die Möglichkeit haben, sich mit diesen Ausgaben zu versehen. Ab und zu werden die Stücke vom Münzhandel angeboten. >

Meisterwerk der Gravierkunst >

Ein Meisterwerk der Gravierkunst ist die Medaille von 1997, auf der Bodo Broschat nicht nur die Fassade der Berliner Münze abbildet, sondern auch eine Kniehebelpresse aus dem frühen 19. Jahrhundert, von der einige Exemplare in die heutige Zeit hinüber gerettet wurden. Die Bilder werden auf beiden Seiten durch Details aus dem Bilderfries umschlossen, der die 1798 bis 1800 erbaute Berliner Münzfabrik umschlossen hat. Die 36 Meter lange, von Friedrich Gilly entworfene Darstellung von Bergleuten, Münzprägern und anderen für den Staat nützlichen Personen wurde von Johann Gottfried Schadow und weiteren Bildhauern gefertigt. Nachdem in den 1860-er Jahren eine neue Münzstätte an der Spree gebaut wurde, weil die alte zu eng geworden war, hat man die steinerne Bilderfolge von der Fassade gelöst und in die Front des Neubaus eingefügt. Der Münzerfries, den man heute an der Fassade des Münzgebäudes am Molkenmarkt bewundern kann, ist eine Kopie aus den 1930-er Jahren. Die originalen Steinplatten "schmoren" in den Katakomben des Berliner Kreuzbergdenkmals und warten darauf, dass man sie aus dem Dornröschenschlaf holt und als Meisterwerk klassizistischer Bildhauerkunst in einem Museum oder an anderer Stelle öffentlich zeigt. >

24. Juni 2017

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