Kostbare Nachprägungen
Von manchen alten Talern und Goldstücken gibt es Kopien, auf die jeder Sammer stolz sein kann



Der Kölner Ursulataler ist eine zwischen 1620 und 1630 hergestellte Nachbildung des beliebten Originals.



Die kursächsischen Sophiendukaten waren so beliebt, dass man sie bis in die Kaiserzeit hinein nachgeprägt hat.



Auch dieser Pfaffenfeindtaler stammt nicht aus dem Jahr 1622, sondern ist eine spätere Nachprägung, kenntlich am Birett, das auf dem Schwert aufgespießt ist.



Die Münsterschen Wiedertäufertaler von 1534 waren so populär, dass sie noch im 17. Jahrhundert mit nachgeschnitten Stempeln angefertigt hat. Das K auf der Rückseite weist auf den Münzmeister Engelbert Ketteler.



Der aus der frühen Sowjetunion stammende Goldrubel wurde 1980 nachgeprägt und kann daher nicht mit dem Original von 1924 verwechselt werden.



Im kaiserlichen Russland hat man niederländische Dukaten mit dem stehenden Ritter und der Schrifttafel nachgeprägt, weil sich die Staatskasse davon schöne Einkünfte versprach.



Der Maria-Theresien-Taler von 1780 war so beliebt, dass er bis heute mit unterschiedlichen Münzbuchstaben unter dem Bildnis der im gleichen Jahr verstorbenen Monarchin nachgeprägt wird



Da die Kremnitzer Georgstaler gern als Amulette verwendet wurde, hat man sich an verschiedenen Orten nicht nur nachgeprägt, sondern sie manchmal auch mit Ösen versehen, damit man sie als Schutz vor Krankheit, Tod und bösem Blick an Ketten und Schnüren um den Hals tragen kann. (Fotos: Caspar)

Schaut man in die Münzgeschichte der Neuzeit, dann fallen einem da und dort Stücke meist aus Silber auf und manchmal sogar in die Hände, die so beliebt waren, dass man sie lange Zeit nach ihrem ersten Erscheinen nachgeprägt hat. Dies geschah nicht in betrügerischer Absicht, sondern um Wünsche des Publikums nach solchen Erinnerungsstücken zu befriedigen. Ein treffliches Beispiel für die Beliebtheit, ja Verehrung geprägten Metalls sind die Kölner Dreikönigs- oder Ursulataler aus dem frühen 16. Jahrhundert. Ursula war eine bretonische Prinzessin, die auf der Rückfahrt von einer Pilgerreise nach Rom mitsamt 11 000 Gefährtinnen von den Hunnen ermordet wurde, die Köln belagerten. Den Ursulatalern schrieb man Schutz vor Unglücksfällen, Krankheit und "bösem Blick" zu. Auf der Vorderseite sind die auch Weisen aus dem Morgenland genannten Heiligen drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar dargestellt, wie sie gleichsam das Kölner Wappen bewachen und segnen. Auf der Rückseite steht die Heilige Ursula in Begleitung der Jungfrauen an Bord eines Segenschiffs. Die Heiligsprechung der frommen Prinzessin und Märtyrerin brachte ihr ehrendes Gedenken, den Bau einer Kirche und Verehrung durch Gemälde, Skulpturen und die Ursulataler ein.

Die mit den Jahreszahlen 1512 und 1516 versehenen Gepräge wurden rund um den Kölner Dom an Pilger verkauft. Von ihnen kommen Doppelstücke sowie halbe Taler, Zweidrittelstücke und weitere Werte vor, und es gibt auch besonders kostbare Abschläge aus Gold. Ausgaben ohne Jahreszahl sind späteren Datums. Die Vielzahl der Varianten unterstreicht, welch hohen Rang man den Ursulatalern als Amulett und Beleg für eine Pilgerfahrt zuschrieb. Dass auf ihnen auch ein Papst mit seiner dreifachen Krone dargestellt ist, geht auf die Legende zurück, dass dieser mit weiteren Kirchenfürsten an der Rückfahrt von Rom teilgenommen hat. Da mit der Zeit die Zahl der aus dem frühen 16. Jahrhundert geprägten Münzen ausgegangen war, haben geschäftstüchtige Unternehmer sie zwischen 1610 und 1630 in altem Stil nachgeprägt, allerdings Jahreszahl. Ob sie zu lesen ist oder nicht, erklärt, ob es sich um ein originales oder ein nachgeprägtes Stück handelt. Wie dem auch sei, in jedem Fall handelt es sich um ein interessantes Zeugnis für die Beliebtheit von Münzen jenseits ihrer Verwendung als Zahlungsmittel.

Gottes Freund, der Pfaffen Feind

Das kann man mit Fug und Recht auch von den so genanten Pfaffenfeindtalern sagen, die im frühen 17. Jahrhundert geprägt und dann ein paar Jahrzehnte später leicht verändert nachgeprägt wurden. Der braunschweigische Herzog Christian, genannt der tolle Christian ließ die mit dem Motto GOTTES FREVNDT DER PFAFFEN FEINDT 1622 versehenen Spottmünzen aus dem Silber vor allem des Liborius-Schreins im Dom zu Paderborn prägen, nachdem er die alte Bischofsstadt erobert hatte. Von den schon zur Entstehungszeit mit manchen Legenden umgebenen Geldstücken, auf denen ein geharnischter Arm mit Schwert aus Wolken herausschaut, gibt es zahlreiche Varianten und Abweichungen, und es kommen Nachprägungen aus der Zeit um 1671 vor, als sich Herzog Rudolph von Braunschweig-Wolfenbüttel mit dem Bischof von Münster, Christoph Bernhard von Galen, befehdete. Diese Stücke sind an einem Käppchen an der Spitze eines Schwertes zu erkennen und erinnern an den Kampf der Protestanten gegen die Katholiken und speziell gegen die Jesuiten. Bis ins 18. Jahrhundert hinein wurden Nachprägungen vom Pfaffenfeindtaler angefertigt. Es kommen von der ursprünglich zur Bezahlung der herzoglichen Truppen, aber auch zur religiösen Propaganda zu Beginn des Dreißigjährigen Krieg verwendeten Silbermünzen auch Doppelstücke sowie Dukaten vor, die ausgesprochen selten und teuer sind. Da sie mitunter gefälscht wurden und werden, müssen sie stets auf Echtheit überprüft werden.

Nachgeprägt wurden auch beiderseits mit Inschriften versehene Taler, die an das im westfälischen Münster aufgerichtete Königreich der Wiedertäufertaler erinnern. Die Propagandamünzen dienten als Erkennungszeichen der "Aposteln", die ausgesandt wurden, um Bewohner benachbarter Städten zu missionieren und um Hilfe für die belagerte Stadt zu bitten. Dass die aus Gold und Silber gefertigten Wiedertäufertaler auch als spätere Nachprägungen vorkommen, zeigt, dass die Ereignisse von 1534/35 auch später noch waren. Spezialisten können sie einzelnen Stempelschneidern anhand von Signaturen und anderen Merkmalen zuordnen. Im 17. Jahrhundert beschafften sich Gesandte bei den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden nach dem Dreißigjährigen Krieg mit solchen Souvenirs, die Münzmeister Engelbert Ketteler mit einem "K" zeichnete. Andere Nachprägungen mit dem Buchstaben "P" weisen auf den münsterschen Münzmeister Hermann Potthof, der Originalstempel verwendet hat. Daneben gibt es Kombinationen von alten und neu geschnittenen Stempeln.

Beliebt als Taufgeschenke

Beliebt und jede Menge Nachprägungen wert waren die Sophiendukaten. Kurfürstin Sophie von Sachsen ließ die Goldstücke 1616 für ihre Kinder zum Weihnachtsfest prägen. Da aber die mit dem Monogramm der Landesmutter unterm Kurhut sowie der göttlichen Taube und der Umschrift HILF DV HEILIGE DREYFALTIGKEIT versehenen Goldmünzen sehr beliebt waren, hat man sie fast unverändert bis 1872 geprägt. Allerdings mussten die Stempel immer wieder neu geschnitten werden, was zu kleinen Abweichungen von den Originalen führte. Die Umschrift WOL DEM DER FREVE AN SEINEN KIND: ERLEBT war sicher der Grund dafür, dass sich die Goldstücke auch als Taufgeschenke eigneten. Dem "Handwörterbuch der gesammten Münzkunde" von Carl Christoph Schmieder (Halle 1811) kann man entnehmen, dass die mit den sächsischen Kurschwertern versehenen Dukaten "neuerlich" auch in Nürnberg nachgeschlagen wurden. Da es damals kein Copyright für das Design gab, mussten die Fabrikanten nicht befürchten, dass man sie wegen Bruch der Urhebergesetze belangte.

Nach der Oktoberevolution, durch die vor hundert Jahren in Russland die Bolschewiki unter Lenins Führung an die Macht kamen und radikal und sehr blutig mit der alten Zarenordnung abrechneten, dauerte es bis 1921, dass neue sowjetrussische Münzen ausgegeben wurden. Die Bilder auf den Werten zwischen einem Rubel und zehn Kopeken unterschieden sich in der Gestaltung fundamental von denen, mit denen man bisher bezahlte. Das neue, aus Hammer und Sichel bestehende Sowjetwappen symbolisiert die Einheit von Arbeiterklasse und Bauernschaft, wie man damals sagte. Die Zahlen im fünfzackigen Stern auf den Rubel- und Fünfzig-Kopeken-Stücken geben den jeweiligen Wert an. Die ins Deutsche übersetzte Umschrift "Proletarier aller Länder, vereinigt euch" ist ein Zitat aus dem Kommunistischen Manifest von Marx und Engels aus dem Jahr 1848. Zu den silbernen Rubel- und Kopekenwerten gesellten sich 1923 Goldmünzen im Wert von zehn Rubeln. Die so genannten Tscherwonzen wurden nur kurze Zeit vor allem zur Bezahlung von Rechnungen im Ausland hergestellt. In späten Sowjetzeiten hat man diese seltenen Goldstücke mit neuen Jahreszahlen nachgeprägt. Über sie haben sich jene Münzsammler gefreut, für die die seltenen Originale von 1923 unerreichbar waren.

Handelsmünze für die Levante

Eine der erfolgreichsten Silbermünzen der Neuzeit ist der Maria-Theresien-Taler, benannt nach der römisch-deutschen Kaiserin Maria Theresia, die von 1740 bis 1780 regierte und eine ganze Ära prägte, das theresianische Zeitalter. Von dieser hochwertigen Münze mit der Jahreszahl 1780 stammen die wenigsten tatsächlich aus dem späten 18. Jahrhundert. Die meisten sind, da man sie immer wieder mit unveränderten Bildern nachgeprägt hat, viel jünger. Die Maria-Theresien-Taler konnten sich gegen starke Konkurrenz als Handelsmünze für den Orient, vertrieben unter anderem durch Augsburger Kaufleute, auf der Beliebtheitsskala ganz oben behaupten. Versehen mit der lateinischen Randschrift "Justitia et Clementia" (Gerechtigkeit und Milde), war die Münze bis 1858 in Österreich offizielles Zahlungsmittel, klingelte aber auch lange danach in den Geldbeuteln und Kassen des Vielvölkerstaates.

Insgesamt dürfte sich die Masse der Silberstücke auf über 400 Millionen Stück belaufen. Allein für Wien hat man eine Gesamtauflage von 250 Millionen Stück errechnet. Da große Mengen in den von den Türken beherrschten Orient, die Levante, gelangten, erhielt die Münze den Namen Levantetaler. In vielen Staaten Afrikas und Asiens war sie lange Zeit offizielles Zahlungsmittel, so in Äthiopien bis zum Jahr 1945. Es gibt Sammler und Forscher, die sämtliche Varianten des Maria-Theresien-Talers von 1780 und seiner Vorläufer kennen. Sie unterscheiden geringfügige Stempelabweichungen und verschiedene Münzbuchstaben, die auf unterschiedliche Herkunftsorte und Münzbeamte weisen, und sie zählen sogar die Perlen im Diadem der Kaiserinwitwe, die nach dem Tod ihres Gemahls Franz I. 1765 stets einen Schleier im Haar trug, sowie an der Brosche, die den Hermelinmantel zusammenhält. Aus solchen Anhaltspunkten lässt sich ableiten, wann ein bestimmtes Stück entstanden ist. Geprägt wurden die Maria-Theresien-Talers in verschiedenen österreichischen, aber auch in ausländischen Münzstätten, so in Birmingham, Bombay, Brüssel, Günzburg, Hall, Karlsburg, Kremnitz, London, Mailand, Paris, Prag, Wien und Venedig Die Günzburger Exemplare sind mit den Buchstaben S. F. signiert. Sie stehen für die Münzbeamten Schöbl und Faby. Als die Günzburger Münze im Jahre 1805 aufgelöst wurde, setzten Mailand, Venedig und Wien die Prägung fort.

Sicherheit im Sturm

Weitere Beispiele für die Nachprägung beliebter Münzen sind die Vier-Dukaten-Stücke von 1915 mit dem Bildnis von Kaiser Franz Joseph und dem österreichischen Doppeladler, aber auch niederländische Dukaten, die seit dem 18. Jahrhundert unverändert bis heute mit einem stehenden Ritter und einer Schrifttafel geschmückt werden. Von diesen beliebten Goldmünzen hat man im zaristischen Russland Nachprägungen hergestellt, denn natürlich wollte man dort am Erfolg dieser hochwertigen Goldstücke partizipieren. Nachgeprägt wurden an anderen Orten auch die beliebten Kremnitzer Georgstaler, auf denen Jesus Christus und seine Jünger auf tobender See damit tröstet, dass sie im Sturm sicher sind, während auf der Kehrseite der Heilige Georg einen gräulichen Drachen niedersticht.

Auf einem anderen Blatt Papier stehen Nachprägungen von Münzen und Medaillen, die im alten Russland mit originalen Stempeln beziehungsweise mit nachgeschnittenen Werkzeugen für reiche und einflussreiche Sammler ganz offiziell und mit Genehmigung der Regierung angefertigt wurden. Diese so genannten Novodely sind in den Angebotskatalogen des Münzhandels als solche deklariert. Schließlich gibt es von privater Seite mit alten Stempeln neu geprägte Münzen etwa aus Einbeck und Nordhausen. In der einschlägigen Literatur wird auf sie hingewiesen, und erfahrene Sammler werden auf diese Machwerke kaum hereinfallen. Übrigens auch nicht auf massenhaft nachgeprägte Goldmünzen aus der deutschen Kaiserzeit oder - ganz aktuell - auf Fälschungen, die gerade aus China auf den Markt kommen. .

4. Juli 2017

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