Kreuzigung und Auferstehung
Wie die Passionsgeschichte und Engel auf alte Münzen und Medaillen kamen



Wie die Stadt Braunschweig haben auch andere deutsche Städte ihre Münzen mit der Kreuzigung und der Auferstehung Christi geschmückt.



Der Holzschnitt aus dem 16. Jahrhundert zeigt, wie Jesus Christus auf dem braunschweigischen Taler von 1545 aus seinem Grab erhebt.



Der eineinhalbfache Pesttaler aus dem Jahr 1531 bildet die Kreuzigung Christi und die Bitten der Menschen an die Eherne Schlange um Heilung ab.



Der Mansfelder Taler aus dem Jahr 1595 zeigt, wie der Heilige Georg den gräulichen Drachen mit der Lanze niedersticht.



Die mit dem Namen des sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. Fürsten versehenen Engeltaler taten so, als würden sie aus gutem Silber bestehen. Dabei waren sie nur Machwerke der berüchtigten Kipper und Wipper. (Fotos: Caspar)

Seit dem Mittelalter werden Münzen mit religiösen Motiven geprägt. Beliebt waren Bilder aus der Passionsgeschichte, vor allem die Kreuzigung und Auferstehung Christi, aber auch Szenen aus dem Stall von Bethlehem und solche aus der Vita von heiligen Frauen und Männern, die in der Zeit der Christenverfolgung und später ihr Leben für ihren Glauben lassen mussten. Dieser Gebrauch erklärt die Beliebtheit etwa der Mansfelder Georgstaler oder der Pestmedaillen, die im 16. Jahrhundert im Erzgebirge und an anderen Orten geschaffen wurden. Bei den Mansfeldern hat man den Heiligen Georg hoch zu Ross im Kampf gegen den Drachen dargestellt. Diesen Stücken schrieb man wundersame Kräfte zu, und so kursierten unter Soldaten Geschichten, dass der eine oder andere von ihnen vor Flintenkugeln bewahrt wurde, weil er einen solchen Taler am Körper trug. In größeren Mengen sind Medaillen und Münzen erhalten, die an die todbringende Pest erinnern und den Sinn der Menschen auf eine gottesfürchtige Lebensweise richten. Die zum Teil sehr ansprechend mit Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament geschmückten Silberstücke kommen gelegentlich vergoldet und mit einem Henkel oder einem Schmuckrand versehen vor.

Nicht selten sind diese Gepräge, zu denen seit der Renaissance auch die Medaillen kamen, mit Ösen oder Löchern versehen. Das ärgert die Sammler, denn solche Zusätze mindern den Wert dieser Stücke. Das gilt auch für Vergoldungen und Fassungen. Auf der anderen Seite würde die Beseitigung dieser Zutaten bedeuten, dass der kulturhistorische Wert der Prägestücke beseitigt wird, denn sie wurden häufig als Amulett zum Schutz vor Krankheit, Tod und "bösem Blick" verwendet. Die große Zahl von Stempelvarianten und anderen Versionen deutet darauf, dass die Georgstaler sowie die Pestmedaillen oder Pesttaler sehr beliebt und weit verbreitet waren. Viele Belegstücke sind in dem Werk von Pfeiffer und Ruland "Pestilentia in nummis" (Tübingen 1882) und in anderen Büchern publiziert, aber auch Auktionskataloge und Verkaufslisten des Münzhandels verzeichnen sie. Bei den Pestmedaillen oder Pesttalern war die Kreuzigung Christi beliebt. Die meist unbekannten Stempelschneider kannten die Bibeltexte gut und stellten den Gekreuzigten allein und/oder mit seinen Peinigern dar. Beliebt waren auch Auferstehungsszenen und die Himmelfahrt des Gottessohns, verbunden mit Zitaten aus der Bibel und frommen Mahnungen für ein gottesfürchtiges Leben.

Suche nach den 30 Silberlingen

Als man im Mittelalter nach christlichen Reliquien suchte, rätselte man auch über die legendären 30 Silberlinge, deretwegen Jesus Christus von Judas verraten worden sein soll. Es ist nicht überliefert, um welche Gepräge es sich handelte, es können nur römische Denare gewesen sein. Obwohl das Aussehen nicht bekannt war, fanden sich Stempelschneider und Juweliere, die Nachbildungen beschafften oder neue Münzen erfanden. Unbekümmert fertigten geschäftstüchtige Reliquienhersteller so genannte Schekel aus Silber, Zinn und anderem Material an und trieben schwunghaften Handel mit ihnen. Berühmt wurden die Görlitzer Schekel, die von vielen Gläubigen als Amulette getragen wurden. Bis weit in die Neuzeit hinein wurden sie an Pilger verkauft. Bei der Nachahmung echter Münzen des antiken Judäa aus der Zeit des ersten Aufstandes der Juden gegen die römisch Fremdherrschaft (66-70 n. Chr.) gingen die Kopisten recht freizügig vor. Der Kelch auf dem Vorbild wurde in ein Räuchergefäß umgedeutet. Buchstaben über dem Gefäß sah man als Qualmwolke. Auf der Rückseite ersetzte Lorbeer den Zweig des Granatapfelbaums. Ein anderer Fehler war die neuzeitliche hebräische Quadratschrift.

Maler des Mittelalters haben Engel stets als junge Männer dargestellt, angetan mit langen Gewändern. Da sie als überirdische Wesen aufgefasst wurden, gab man den geflügelten Himmelsboten schöne, ebenmäßige und immer bartlose Züge. In diesem Habitus treten sie als Beschützer und Wächter auf zahllosen Münzen auf. Die bekanntesten Ausgaben mit Engeln sind die kursächsischen Schreckenberger Groschen, auch Engelgroschen, Annaberger oder wegen ihrer ungewöhnlichen Größe Mühlsteine genannt, sowie die Engeltaler aus der Zeit der Kipper und Wipper zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges. Die aus der Silberausbeute des Schreckenbergs bei Annaberg gewonnenen und ab 1496 geprägten Groschen zeigen Engel als Wächter des Kurwappens mit den gekreuzten Schwertern, die das von den Wettinern ausgeübte Amt des Erzmarschalls symbolisieren.

Die Schreckenberger, von denen sieben auf einen Goldgulden gingen, waren wegen ihrer Qualität überaus beliebt und wurden bis 1571 in unzähligen Varianten ausgebracht. Bestanden die Engelgroschen ursprünglich aus nahezu feinem Silber, so sanken ihr Gehalt und Gewicht im Laufe des 16. Jahrhunderts immer mehr herab, so dass "Schreckenberger" schließlich zu einem Schimpfwort wurde.

Gutes Geld verlor an Wert

In großen Massen und zahlreichen Varianten wurden an verschiedenen Orten zwischen Annaberg und Zwickau etwa 70 Jahre später die eigentlichen, ganz und gar minderwertigen kursächsischen Engeltaler geprägt. Sie knüpften an die bewährten Engelgroschen an und täuschen damit Tradition und Guthaltigkeit in einer Zeit vor, da die nach "des Reiches Schrot und Korn" geprägten guten alten Taler eingesammelt und in minderwertiges Geld umgemünzt wurden. Auf der Vorderseite der Kippertaler beschützt ein Engel die gekreuzten Kurschwerter, während rückseitig zwei Engel ihre Hände über drei kleine Wappenschilder halten.

Noch nie war mit Münzen, auf denen die ebenso verehrten wie beliebten Himmelsboten erscheinen, so viel Schindluder getrieben worden. Sie auf den minderwertigen Stücken als Beschützer Kursachsens darzustellen, war reine Gotteslästerung. Die Menschen seufzten "unter einem immittelst fühlbarer aufgelegten Joche wollüstiger, dem Elende hohnsprechender Münzverfälscher", sie litten unter den Wirkungen der "Kräfte ihrer Bosheit", wie Johann Friedrich Klotzsch in seiner "Chur-Sächsischen Münzgeschichte" (Chemnitz 1779-1780) drastisch bemerkte.

Neben den einfachen Engeltalern zu 40 und 60 Groschen gibt es auch Mehrfachtaler sowie Teilstücke mit und ohne Engelschmuck. Niemand durfte die Annahme verweigern, weil die Kipperlinge nicht behaupteten, Taler zu sein, sondern nur Zwanzig-, Vierzig- oder Sechziggroschenstücke. Als Landmünzen unterlagen die "engelhaften" Geldstücke nicht dem Reichsmünzgesetz. Der sächsische Kurfürst Johann Georg I., der auf den Machwerken mit vollem Titel genannt wurde, nicht aber mit seinem Porträt erscheint, hatte größte Mühe, die massenhafte Ausprägung der Schummelmünzen einzudämmen, die letztlich auch dem Fiskus schadeten. Als die Geldverschlechterung beendet wurde, war das Entsetzen groß. Für ein in Engeltalern ausgedrücktes Vermögen bekam man, um noch einmal Klotzsch zu zitieren, gerade den Wert eines Silberlöffels und eines Kupferkessels. Da die Kippermünzen nach dem Ende der Geldschwemme meist eingeschmolzen wurden, haben sich nur wenige Exemplare erhalten. Stücke von hervorragender Erhaltung erzielen in der Regel hohe Preise.

9. Februar 2017



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