Pyr, Greif und Baselstab
Viele Münzen lassen sich durch ihr Wappen einer bestimmten Stadt gut zuordnen



Dass die Taler von 1632 und 1642 aus Augsburg stammen, kann man gut an der Zirbelnuss, auch Pyr genannt, erkennen.



Ein gräulicher Basilisk schwingt sich auf dem Goldstück von 1741 zum Wächter der Stadt Basel auf, deren eindrucksvolles Panorama gut wiedergegeben ist.



Mit einem anderen Mischwesen, dem geflügelten Greifen, geschmückt sind die Münzen der Hanse- und Universitätsstadt Rostock. (Fotos: Caspar)

Neben unzähligen geistlichen und weltlichen Fürsten haben im Römisch-Deutschen Reich auch manche Städte das Münzrecht erworben. Mit diesem Privileg von Kaisern, Königen und Fürsten gegen hohe Geldzahlungen "begnadet", übten sie es bis zum Verlust der Reichsunmittelbarkeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts fleißig aus. Städtische Münzen und Medaillen bilden ein attraktives Sammelgebiet, das wissenschaftlich gut erschlossen ist. Da viele Leute in uralten Zeiten weder lesen noch schreiben konnten, haben Wappen und Zeichen ihnen signalisiert, woher ein Geldstück stammt. Das lässt sich an Augsburg und seinen Münzen gut demonstrieren. Zum schwäbischen Reichskreis gehörend, brachte die in die Römerzeit als Augusta Vindelicorum von Kaiser Hadrian mit dem römischen Stadtrecht ausgestattete Siedlung Goldgulden, Taler, Kreuzer, Batzen Pfennige und andere Münzen heraus.

Augsburger Münzen sind gut an der Frucht der Zirbelkiefer (Pyr) zu erkennen, aus dem das Stadtwappen gebildet wird. Wer in der alten Reichsstadt wohnt oder sie besucht, wird dieses Zeichen im Christentum als Zeichen der Auferstehung und Unsterblichkeit an vielen Stellen entdecken können. Im Jahr 1276 zur Freien Reichsstadt erhoben und mit dem Münzrecht ausgestattet, prägte die Stadt Münzen, die dann und wann vom Handel angeboten werden. In Augsburg besaß bereits im zweiten Viertel des 10. Jahrhunderts eine bischöfliche Münzstätte, die kleine Silberpfennige herstellte, zeitweilig aber auch den bayerischen Herzögen zu Diensten war. Das zur Geldherstellung benötigte Edelmetall wurde dem Münzmeister sowie den Gold- und Silberschmieden dank weitreichender Handelsbeziehungen zur Verfügung gestellt. Diese günstige Versorgungslage machte Augsburg zu einem Zentrum des Gold- und Silberschmiedehandwerks.

Wie in vielen anderen Kommunen gab es auch in der Reichsstadt heftige Spannungen zwischen der Bürgerschaft und der fürstlichen Obrigkeit, in diesem Fall mit dem Bischof, die 1388 sogar zur Zerstörung der städtischen Münzstätte führten. Nachdem der Stadt 1521 von Kaiser Karl V. noch einmal und ausdrücklich das Münzrecht erhalten hatte, verzichteten die Bischöfe auf weitere Einmischungsversuche. Wenn sie eigenes Geld benötigten, übernahmen Augsburger Handwerker diese Arbeit. Auch für andere Freie und Reichsstädte sowie benachbarte Fürstlichkeiten stand die Augsburger Münze bereit.

Bei der Ausübung des Münzrechts musste die Stadt die Vorschriften der Reichsmünzordnungen beachten und auch zulassen, dass ihre Geldstücke bei Probationstagen einer genauen Prüfung unterzogen wurden. 1570 wurde Augsburg auf dem Reichstag zu Speyer zu einer der vier offiziellen Münzstätten des Schwäbischen Kreises erhoben. 1805 ging der Stadt im Ergebnis des Friedens von Pressburg die Reichsunmittelbarkeit verloren. Sie fiel an Bayern und musste auf ihr Münzrecht verzichten.

Die Münzen der Schweiz sind gut dokumentiert und kommen in den Angeboten des Handels regelmäßig vor. Kenner wissen, dass ehemalige Massenauflagen durch Einschmelzung stark geschrumpft sind. Während man Taler und ähnliche Schwergewichte gern als Andenken oder zur Schatzbildung beiseite legte, kommen die geldgeschichtlich nicht minder interessanten Kleinmünzen oft nur selten vor. Sollte einmal ein hervorragend erhaltenes Stück dieser Art angeboten werden, ist ihm ein guter Preis sicher. Er wird von Sammlern gern bezahlt, die auf Vollständigkeit bedacht sind.

Darstellungen von Mischwesen in menschlicher und tierischer Gestalt sind keine Kinder der Neuzeit. Diese Ungeheuer in Menschen- und Tiergestalt waren im Vorderen Orient, der klassischen Antike und im Fernen Osten beliebt. Wenn wir europäische Münzen und Wappen aus der Zeit nach 1500 suchen, dann finden wir Einhörner, geflügelte Löwen und Pferde sowie doppelköpfige Adler und gräuliche Drachen mit feuerspeiendem Maul. Auf Geprägen aus Basel erkennen wir einen Basilisken. Diesem schrecklichen Mischwesen aus der antiken Mythologie mit dem Oberkörper eines Hahns und dem Unterleib einer Schlange wurde nachgesagt, dass sein Blick versteinernd wirkt und sein Atem giftig ist. Indem der Basilisk das Baseler Wappen bewacht, hält er Feinde von der Stadt fern, lautet die Botschaft. Münzen aus Basel sind überdies am so genannten Baselstab oder Baslerstab zu erkennen. Der Hirten- und Bischofsstab findet sich im Wappen von Städten und Dörfern rund um die schweizerische Stadt und auf ihren Münzen und Medaillen. Obwohl sich Basel 1529 zur Reformation bekannte und der ortsansässige Bischof die Stadt verließ, behielt sie dessen heraldisches Symbol. Daher kann man das bis zum 19. Jahrhundert unter Regie der Stadt geprägte Metall schon von weitem als aus Basel stammend erkennen.

Wenn wir nach weiteren Misch- und Fabelwesen schauen, dann stoßen wir auf Greifen, Sphingen und Chimären, und manch andere dieser aus Menschen- und Tierkörpern bestehenden Gestalten. So finden wir auf Münzen der italienischen Herzogsfamilie Sforza eine Schlange, die ein Kind frisst. Wer sich auf unseren Straßen umschaut, findet auf Autos der Marke Alfa Romeo dieses Mailänder Wappen in Verbindung mit einem roten Kreuz auf weißem Grund. Das Bild von der menschenverschlingenden Schlange wird als Anspielung auf das Schicksal des Söldnerführes oder Condottieres Jacopo Attendolo gedeutet, der 1424 ertrank. Wegen seiner herkulischen Kräfte hat man ihn "Sforza"(Bezwinger) genannt, worauf seine Nachkommen sich diesen Spitznamen als Familiennamen zulegten. Wenn man mit einiger Mühe die entsprechenden Belegstücke aufspürt, kann man eine interessante Spezialsammlung anlegen.

6. Oktober 2017

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