Freundschaft, Schutz und Hilfe
Barockmedaillen aus dem Jahr 1732 erinnern an die Ausweisung von Salzburger Glaubensflüchtlingen



Preußens Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. wird auf der von Peter Paul Werner geschaffenen Medaille aus dem Jahr 1732 als Beschützer der Salzburger Emigranten gefeiert, Silber, Ø 43,60 mm



Stiche wie dieser und Flugblätter begleiteten die Salzburger Glaubensflüchtlinge in jene Länder, in denen man sie freundlich aufnahm.



Die 1732 von Daniel Siegmund Dockler geschaffene Medaille im Gewicht von zwei Dukaten schildert, wie sich eine Salzburger Familie auf den Weg in eine bessere Zukunft macht, Gold, Ø 28 mm



Die Schraubmedaille zeigt, wie unter dem Motto "Könige sollen deine Pfleger seyn" der preußische Soldatenkönig die aus dem fernen Salzburg angekommenen Emigranten willkommen heißt, Silber, Ø 44,30 mm (Repros: Caspar)



Die Medaille von Christian Wermuth feiert Friedrich Wilhelm I. von Preußen als REX EVANGELICISSIMUS und zeigt auf der Rückseite, wie sich die Salzburger mit Pferd und Wagenmit göttlichem Segen in das Land der Hohenzollern aufmachen, Silber, Ø 53 mm (Repros: Caspar)

Im Römisch-deutschen Reich war vor 300 Jahren überall bekannt, dass die brandenburgischen Kurfürsten und ab 1701 preußischen Könige sowie andere Mächte bereitwillig und freundschaftlich aus katholischen Ländern vertriebene Protestanten aufnehmen. Französische und böhmische Glaubensflüchtlinge sowie solche aus dem Erzbistum Salzburg und aus anderen Gegenden kamen ins Land und halfen, dort die Folgen des Dreißigjährigen Kriegs zu lindern. Die Hohenzollern gewährten den Zuwanderern Freundschaft, Schutz und Hilfe und gaben ihnen günstige Arbeits- und Lebensbedingungen. Dafür erwarteten sie von den Fremden Loyalität und Anpassung an die Verhältnisse in der neuen Heimat. Auf Handel und Wandel in Brandenburg-Preußen wirkte sich der Zustrom günstig aus. Er belebte Landwirtschaft und Manufakturwesen, und auch die Wissenschaften und Künste profitierten von ihm.

Die letzte große Zuwanderungswelle fand 1731 und 1732 statt. Zahlreiche aus Salzburg vertriebene Protestanten zog es nach Berlin und weitere Orte. König Friedrich Wilhelm I. lud mit einem Patent vom 2. Februar 1732 "aus christköniglichem Erbarmen" die wegen ihres Glaubens aufs heftigste bedrängten und verfolgten Lutheraner in das preußische Königtum ein und ersuchte den Salzburger Erzbischof, sie friedlich ziehen zu lassen. Im Gegenzug sollte den katholischen Untertanen Seiner Preußischen Majestät ein ersprießliches Leben garantiert werden.

Ich habe so viel Platz in meinem Lande

In einer Randbemerkung zu einer im Besitz des Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz befindlichen Akte über die Vertreibung schrieb der Soldatenkönig "Ich wollte das alle grosse Hern ihre bestten unter than (Untertanen) wech Jagen. Ich habe so viell Platz in meinem Lande das ich guht 200 Mill (200 000) familien mer kan." Mit anderen Worten, der König war nicht ganz uneigennützig, als er das Einladungspatent unterzeichnete und die Salzburger ins Land holte.

Der Auszug der Salzburger nach Preußen, in die Niederlande und in andere protestantisch geprägte Staaten war ein solch Aufsehen erregender Vorgang, dass sich die damaligen Medien in Gestalt von Flugblättern, Zeitungen und nicht zuletzt Medaillen mit diesem Thema beschäftigten. Auf Medaillen des Stempelschneiders Peter Paul Werner ist der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. mit geflochtenem Zopf und dem Band des Schwarzen Adlerordens über dem Brustpanzer dargestellt, während auf der Rückseite die gekrönte Borussia die an flachen Hüten und am Wanderstab kenntlichen Flüchtlinge begrüßt. Die Umschrift lautet "Gehe in ein Land das ich dir zeigen will". Sie ist ein Zitat aus dem 1. Buch Mose Kapitel 12 und lautet vollständig: "Und der Herr sprach zu Abraham: Gehe aus deinem Vaterlande und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will." Die Medaille war ausgesprochen populär, und weil von ihr viele Exemplare geprägt wurden, hat man mehrere Stempel mit leichten Abweichungen hergestellt. Überdies haben Kunsthandwerker aus den Geprägen Schraubmedaillen gemacht und in die kleinen Büchsen farbige Bilder gelegt, die das Schicksal der im Glauben starken Salzburger Emigranten schildern.

Außer dieser Medaille gibt es weitere, etwa eine kleine Goldprägung, auf der sich eine Familie unter dem Motto "Du sollst mein Auge sein - Das ist mein rechtes Vatterland" in ein besseres, von der Sonne beschienenes Land begibt. Andere, aus Silber bestehende Medaillen erinnern an die Auswanderung der Salzburger Lutheraner in die Niederlande. Hier ist es die in einer Ritterrüstung steckenden Belgia, die den Flüchtlingen Hilfe und Schutz gewährt. Dass diese von einem wohlhabenden Land begrüßt werden, wird durch Früchte und Tiere sowie ein Füllhorn und ein Schiff angedeutet.

Massive Rekatholisierung mit Folgen

Salzburgs Erzbischof Leopold Anton von Firmian waren schon lange die des Ketzertums verdächtigten Protestanten in seinem Land ein Dorn im Auge. Er ging mit Unterstützung jesuitischer Missionare massiv gegen die Abtrünnigen vor, hinderte sie an der öffentlichen Ausübung ihrer Religion und verlangte von ihnen Beweise der Loyalität gegenüber der katholischen Kirche. Wer sich angesichts dieser massiven Rekatholisierung auf die im Westfälischen Frieden von 1648 festgelegte Glaubensfreiheit berief und das Ansinnen des erzbischöflichen Landesherren ignorierte, wurde per Dekret vom 31. Oktober 1731, als anderswo der Reformationstag gefeiert wurde, aus dem Land vertrieben. Das hat es ein halbes Jahrhundert zuvor schon in Frankreich gegeben, als der "Sonnenkönig" Ludwig XIV. Jagd auf Hugenotten machte und sie zur Flucht zwang. Das rigorose Vorgehen des frommen Erzbischofs war ein klarer Rechtsbruch und rief Kaiser Karl VI. auf den Plan. Er und der preußische König Friedrich Wilhelm I. nötigten den Kirchenfürsten, seine Anordnungen zurückzunehmen, doch da hatten die Protestanten bereits das Land verlassen. Der Exodus umfasste etwa 20 000 Menschen, und viele starben auf dem Weg in eine bessere Welt.

Die religiös motivierten Zwangsmaßnahmen hatten für das zwischen Österreich und Bayern gelegene Erzbistum Salzburg gravierende Folgen. Zwischen Österreich und Bayern gelegen, litt es im Österreichischen Erbfolgekrieg unter der Besetzung durch Soldaten beider Länder. Fast wäre das Erzbistum auf Betreiben von England und Preußen von der Landkarte verschwunden. Nur der Tod des fanatischen Kirchenfürsten Leopold Anton von Firmian im Jahr 1744 hielten die Schutzmächte des Protestantismus von dieser Strafaktion ab.

Wie Brandenburg-Preußen im 16. Jahrhundert und danach auf die reformatorischen Forderungen von Luther, Zwingli und Calvin reagierten, welche Glaubensflüchtlinge sie ins Land holten und wie sich ihre Abkehr von der katholischen Kirche auf ihre Untertanen auswirkte, ist Thema der bis zum 9. Juli 2017 im Kunstgewerbemuseum Schloss Köpenick laufenden Ausstellung des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz "Kreuzwege. Die Hohenzollern und die Konfessionen, 1517 - 1740". Anhand von Gemälden, Grafiken, Flugblättern, Medaillen und anderen Objekten dokumentiert die Ausstellung zur Fünfhundertjahrfeier der Lutherschen Reformation die Rolle der Konfessionen im Land des roten und schwarzen Adlers zwischen Reformation und Aufklärung.

Ausführlich listet das Buch von Helmut Zöttl "Salzburg - Münzen und Medaillen 1500 - 1800 Bd. 2" alle greifbaren Prägungen im Zusammenhang mit der Vertreibung der Salzburger Protestanten und ihrer Aufnahme in Brandenburg-Preußen, den Niederlanden und in anderen Ländern auf. Der reich illustrierte Katalog erschien 2009 Im Verlags- und Auktionshaus Dr. Winfried Frühwald Salzburg (IDBN 978-3-9502590-1-8).

Siehe auch Eintrag über die Ausstellung im Berliner Kunstgewerbemuseum Schloss Köpenick auf dieser Internetseite/Ausstellungen und Museen vom 12. April 2017.

22. April 2017

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