Gier schaltete das Gehirn aus
Die schönsten Münzverträge schützten nicht vor Unterschleif und Betrug



Die auf griechischen Euro-Münzen abgebildete Eule schmückte Athener Tetradrachmen, die in der Antike als Leitwährung dienten und überall in der antiken Welt umliefen.



Ein Münzmeister erklärt auf dem Holzschnitt dem jungen Kaiser Maximilian, welche Prozeduren um 1500 in einer Prägestätte nötig sind, bis aus dem geschürften Metall eine Münze wird.



Wer bei der Münzfälschung erwischt wurde, den traf die ganze Härte des Gesetzes. Die Miniatur in der Spiezer Bilderchronik zeigt, wie der Henker die Verurteilten durch Rädern und Sieden in heißem Öl vom Leben zum Tod befördert.



Mit der Schaffung des Guldengroschens als silbernes Äquivalent für den Goldgulden schrieb der Tiroler Erzherzog Sigmund der Münzreiche 1486 Münzgeschichte. Der halbe Guldengroschen auf dem Holzschnitt oben kam bereits 1484 heraus.





Im ausgehenden 17. Jahrhundert gab es unter dem Eindruck verheerender Münzverhältnisse weitere Vereinbarungen, die sich im deutschen Norden als Zinnaer und Leipziger Münzfuß durchaus bewährt haben. Die Bilder zeigen Zweidritteltaler (Gulden) aus Braunschweig-Lüneburg und Kursachsen.



Geordnete Münzverhältnisse wurden erst in der zweiten Hälfte des 18. und dann vor allem im 19. Jahrhundert durch deutschlandweite Reformen und Verträge erreicht. Das Bild zeigt einen in Kremnitz nach dem Konventionsfuß geprägten Madonnentaler der Kaiserin Maria Theresia.



Der Frankfurter Vereinstaler aus dem Jahr 1857 zeigt die mit einem Eichenkranz geschmückte Symbolfigur der Stadt am Main. (Foto/Repros: Caspar)

Vereinbarungen über gemeinschaftliche Ausgabe von Geld sind keine Erfindung unserer Tage, wie das Beispiel des 2002 eingeführten Euro lehrt. Zu allen Zeiten gab es Versuche, das Durcheinander im Geldwesen durch Schaffung von Leitwährungen und Abschluss überregionaler Verträge zu überwinden. Vorbildlich in der Neuzeit sind die britische Guinea und das Pfund Sterling, der französische Ecu und der Francs, der österreichisch-süddeutsche Konventionstaler und der dazu in Konkurrenz stehende Reichstaler, den der preußische König Friedrich II. 1750 im Zuge einer Münzreform schuf. Sie bescherte uns unter anderem fest stehende Münzbuchstaben wie das "A", das auf allen bundesdeutschen Münzen und den Euromünzen zu finden ist und für die Berliner Münze steht.

Bereits im Altertum wurden im Zusammenhang mit politischen Allianzen Währungsunionen mit dem Ziel abgeschlossen, durch Ausgabe standardisierter Münzen aus Silber und Gold Handel und Verkehr zu beflügeln und zu vereinfachen. Verträge regelten die Prägung des Hartgeldes, das gleich groß und schwer war und den gleichen Feingehalt besaß, wenigstens theoretisch. Denn in der Praxis gab es immer technisch bedingte Abweichungen, aber auch die absichtliche Verminderung von Gewicht und Feingehalt. Spielräume gab es bei der Gestaltung der Geldstücke mit ihren wundervollen Herscherporträts sowie den Göttergestalten, Tieren, Pflanzen und Gebäuden. Hier haben die Stempelschneider bewunderungswürdige Leistungen auf kleinstem Raum vollbracht.

Eulen tragen nach Arten

In der antiken Welt haben große und kleine Potentaten Münzen geprägt, dazu kommen zahllose Geldstücke städtischen Ursprungs. Überregionale Bedeutung erlangte im fünften bis dritten vorchristlichen Jahrhundert die Tetradrachme, ein silbernes Vierdrachmenstück mit einem Gewicht von etwa 16 bis 17 Gramm. Wegen der herausragenden Stellung von Athen fungierten die dort in großen Mengen gefertigten Münzen mit dem Kopf Athena und der heiligen Eule als eine Art Leitmünze, nach der sich andere Prägungen richteten. Das geflügelte Wort "Eulen nach Athen tragen" bezieht sich als Umschreibung für eine Tätigkeit, die sich eigentlich erübrigt, auf diese dort im Übermaß vorhandenen Münzen.

Bei den Römern besaß der seit dem dritten vorchristlichen Jahrhundert geprägte Denar weitreichende Gültigkeit. Das nur Daumennagel große Silberstück mit einem Gewicht von anfangs 4,5 Gramm entsprach dem 72. Teil eines römischen Pfundes. Ein Denar galt vier Sesterzen oder zehn, später 16 Asses, während 25 Denare auf eine Goldmünze, den Aureus, gingen. Dieses ursprünglich etwa 8,2 Gramm schwere Geldstück wurde zur Begleichung großer Summen verwendet. In zahlreichen Funden sind Denare, Aurei und andere Stücke anzutreffen. Die Römer nutzten sie für Propagandazwecke und zur Verherrlichung ihrer führenden Persönlichkeiten samt Familien. In nachrömischer Zeit und im Mittelalter wurde der Name Denar auf pfennigartige Silberstücke übertragen.

Um dem Wirrwarr im Münz-, Maß- und Gewichtswesen im Frankenreich ein Ende zu setzen, veranlasste Kaiser Karl der Große um 800 eine Reform mit weitreichenden Folgen. Aus einem "Karlspfund" von 408, 24 Gramm wurden 240 Denare geschlagen. Zwölf Denare ergaben einen Schilling, und zwanzig Schillinge hatten den Wert eines Pfundes. Um dem "denarius argenteus" in seinem Herrschaftsgebiet Respekt zu verschaffen, bestimmte Karl der Große im Jahre 794, dass an jedem Ort, in jedem Gemeinwesen und an jedem Handelsplatz die neuen Denare gleichermaßen kursieren und von allen akzeptiert werden sollen.

Absprachen und Münzverträge zwischen Fürsten und Städten konnten im Mittelalter nicht verhindern, dass die Geldproduktion als Einnahmequelle missbraucht wurde. Ungeachtet harter Strafandrohungen griffen leichte Münzen aus schlechtem Silber immer wieder um sich. Doch auf Dauer schadete schlechtes Geld der Wirtschaft, denn es floss in Form von Steuern und Abgaben in die Staatskassen zurück. Daher mühten sich einsichtige Leute um vertragliche Abmachungen, um dem Unheil zu begegnen. Man verpflichtete sich, Geld nach bestimmten Kriterien zu schlagen und gleichzeitig schlechte Münze nicht ins Land zu lassen. Solche Verträge sind aus den Niederlanden und Luxemburg, dem Bodenseegebiet, vom Oberrhein, aus der Gegend um Salzburg sowie aus Norddeutschland bekannt. Mit dem oberrheinischen Rappenmünzenbund, den Münzvereinen der schwäbischen Städte und fränkischen Fürsten und anderen Abmachungen wurden die Geldverhältnisse im ausgehenden Mittelalter über längere Zeiträume geregelt. Dass sie immer wieder erneuert werden mussten, zeigt die Unzulänglichkeit dieser Abmachungen.

Profit mit schlechten Pfennigen

Da man mit schlechten Pfennigen, Groschen und anderen Münzen viel Profit machen konnte, unterlagen Fürsten und Stadtverwaltungen immer wieder der Versuchung, mehr Kupfer als erlaubt in das Silber zu mischen und auch die Münzen ein wenig leichter zu machen. Die Gier nach Profit machte jede Vorsicht zunichte, schaltete das Gehirn aus und ließ manche Münzverbrecher, die es zu übel trieben, auf dem Scheiterhaufen oder am Galgen enden. Eine internationale, unabhängige Überwachungsstelle, die auch Sanktionen gegen Münzbetrüger hätte durchsetzen können, gab es nicht. Der römisch-deutsche Kaiser verfügte als oberste Instanz nicht über die dazu nötige Macht, und außerdem bereicherte er sich gelegentlich selber an schlechtem Geld.

Reichsmünzordnungen und regionale Verträge regelten im 16. Jahrhundert und danach Aussehen und Qualität dieser hochwertigen Geldstücke, die den Stempelschneidern großartige Entfaltungsmöglichkeiten boten. Die Kontrolle darüber, ob die Vorschriften eingehalten werden oder nicht, oblag den Reichskreisen sowie den Münzwardeinen und anderen Organen. Auf Kreistagen, die abwechselnd in verschiedenen Städten abgehalten wurden, prüften Abgesandte der Fürsten und Städte die Qualität der aktuell geprägten Münzen. Dazu wurde der Inhalt von so genannten Fahrbüchsen einer genauen Prüfung nach Schrot und Korn, also nach Gewicht und Feingehalt, unterzogen. Immer wieder wurde bei solchen Visitationen bemängelt, dass die Probestücke nicht ordnungsgemäß in die verschließbaren Behälter und nicht selten mit dem erforderlichen Herkunftsnachweis geworfen wurden.

In seiner vierbändigen Quellensammlung "Niedersächsisches Münzarchiv. Verhandlungen auf den Kreis- und Münzprobationstagen des Niedersächsischen Kreises 1551-1625" (Halle 1927-1930) hat Max von Bahrfeldt anhand der Akten, Urkunden und Münzmandate belegt, wie die Fürsten und Städte im Jahrhundert vor dem Dreißigjährigen Krieg ihr Münzrecht gehandhabt haben und welche Schwachstellen das System hatte. Von höchster Stelle, also vom Kaiser persönlich, wurden die geistlichen und weltlichen Fürsten und Kommunen angewiesen, in diesem volkswirtschaftlich so wichtigen Bereich für Ordnung, Übersicht und Ehrlichkeit zu sorgen und keinen "Unterschleif" zuzulassen, also persönliche Bereicherung der Münzbeamten und ihrer Helfer sowie Lieferanten. Da sie es Edelmetall zu tun hatte, nutzten gewissenlose Geschäftemacher ihre Möglichkeiten zur Bereicherung. Weil hinter ihnen oft ebenso gierige Landesherren und Stadtverwaltungen standen, brauchten sie nicht um Leib und Leben fürchten.

Verlust von Leib und Leben

Auf dem Braunschweiger Probationstag vom 7. Oktober 1573 wurde festgelegt, "daß das Ausführen der guten neuen Reichsmünze, item das Granaliren, Auskippen, Brechen und andere Verfälschung nicht allein bei Juden, sondern auch etzlichen Kaufleuten, Bürgern und Bauern, die sich Christen rühmen, nochmals trefflich überhandt nimmt und in dem über der Kaiserlichen und des Reichs, auch diesen Kreises Münzordnungen und Abschieden und darauf erfolgten stattlichen Mandaten mit gebührendem Ernst nicht gehalten wird".

Die Urkunden und Abschiede lassen nicht erkennen, dass man solche Weisungen und Befehle sonderlich ernst nahm. Weder konnte man etwas gegen das Eindringen fremder, minderwertiger Münzen unternehmen noch ließ sich verhindern, dass in den Münzstätten das zur Geldherstellung verwendete Edelmetall regelwidrig mit Kupfer vermischt und die Taler, Groschen und Gulden ein wenig leichter ausgebracht wurden als erlaubt. Der am 11. Dezember 1570 auf dem Reichstag zu Speyer von Kaiser Maximilian II. erlassene Münzabschied ließ jedermann wissen: "Und sonderlich soll das betrieglich aller Reichsmüntzen pregen, granaliren, saigern, ringern, beschneiden, schwechen, weschen, abgießen, auswiegen, aufwechseln und dann verfelschen bei Verlust Leibs und Guts (nach gestalten Dingen unnachleßig ohn allen Respect der Personen fürzunehmen), wie auch zuvor in unseren Edict und Abschieden verpoten sein und pleiben". An anderer Stelle wird ungetreuen und eidbrüchigen Münzmeistern angedroht, "an Gut, Leib und Leben nach gestalt des begangenen Frevels gestraft werden, demselben dann die Kreis-Stende allenthalben nachstellen und auf Recht niederwerfen lassen sollen." Die ständige Wiederholung solcher Ge- und Verbote sowie die Kritik an betrügerischen Machenschaften so mancher Münzmeister und ihrer Hintermänner sagt nichts anderes, als dass das System störanfällig war und niemand die Durchführung der von Kaiser und Reich erlassenen Gesetze und Ordnungen kontrollieren konnte oder wollte.

Im Übrigen hatten die damaligen Obrigkeiten keine gute Meinung von den Leuten, die sich mit der praktischen Seite des Geldwesens zu tun hatten. Statt redliche, fromme und erfahrene Münzgesellen arbeitete da und dort loses und leichtfertiges Gesindel, mit dem ehrliche Leute nichts zu tun haben wollten. Um nicht kaiserliche Privilegien zu riskieren, wurde den Verantwortlichen dringend geraten, von fragwürdigen Kesselschlägern, Schmieden, Schlossern sowie Wolle- und Leinewebern die Finger zu lassen, sondern nur freie, ehelich geborene, redliche und erfahrene Leute einzustellen.

20. Juli 2017

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