Harfe, Kreuz und Türme
Euro-Münzen aus Irland und Portugal weichen von der Norm ab



Irland und Portugal haben auf ihren ab 2002 geprägten Euromünzen auf Bildnisse sowie landestypische Bauwerke, Tiere und Pflanzen verzichtet, sondern geben sich durch die Harfe beziehungsweise einem Detail aus einer alten Urkunde zu erkennen. (Foto: Caspar)

In unseren Geldbörsen und an den Ladenkassen klappern nicht nur deutsche, sondern auch ausländische Euros. Nach ihnen zu schauen, ist zu einer Art Volkssport geworden. Es gibt gute, ständig aktualisierte Kataloge, die sie abbilden und beschreiben. Zu den regulären, ab 2002 ausgegebenen Stücken treten in wachsender Zahl Sonderausgaben. In Deutschland sind dies unter anderem die mit markanten Baudenkmalen der 16 Bundesländer geschmückten Zwei-Euro-Münzen und ab 2018 ein solcher Wert mit dem Bildnis des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt.

Meist von Auslandsreisen mitgebracht, gewähren die Euromünzen einen Blick in andere Länder, ihre Kultur und Geschichte, Sitten und Gebräuche. Da gibt es die mit einer Harfe geschmückten Gepräge von Irland. Die Republik konnte sich nach dem Ersten Weltkrieg nach blutigen Auseinandersetzungen mit Ausnahme von sechs nördlichen Grafschaften von Großbritannien lösen. Die Verfassung definiert das Land mit heute 4,8 Millionen Einwohner auf einer Fläche von 68 895 Quadratkilometern als souveräne, unabhängige, demokratische Republik. Von Jarlath Hayes gestaltet, werden die irischen Euromünzen in der Prägeanstalt in Sandyford, einem Teil der Hauptstadt Dublin, hergestellt. Die Gestaltung erinnert an den Freiheitswillen der Iren. Indem sie die Harfe als Wappen annahmen, nicht aber die Krone, unterstrichen sie bereits im 16. Jahrhundert Freiheitswillen und Bereitschaft zum Widerstand gegen das englische Königshaus. Irland erlebte eine lange, von vielen verlustreichen Kämpfen mit den englischen Nachbarn geprägte Geschichte. Die Unterdrückung und Ausbeutung der Iren durch die britische Krone und landgierige Lords, immer wiederkehrender Streit um religiöse Fragen und viele andere Probleme führten zu Unzufriedenheit, bewaffneten Aufständen und einer das Land ausblutenden Ausreisewelle nach Amerika.

Von alledem erkennt man auf den Euromünzen der Republik Irland nichts. Sie beziehen sich auf die bis ins Mittelalter zurück reichende Pflege der Musik, an eine Zeit, da berühmte, oft blinde Sänger und Harfenspieler durch die Lande zogen. Durchgängiges Motiv auf allen Werten vom Centstück bis zu zwei Euro ist die keltische Harfe, um die die Europasterne kreisen. Für die Harfe, das traditionelle Symbol Irlands, gibt es im Dubliner Nationalmuseum ein historisches Vorbild aus dem 14. oder 15. Jahrhundert. Sie ist überall auf der grünen Insel präsent, auf Briefmarken und Münzen ebenso wie auf amtlichen Papieren und sogar auf den Uniformknöpfen der Soldaten. Die vor und nach 2002 Münzen von Irland passen gut in einer Sammlung zum Thema "Musica in nummis".

Alles andere als langweilig

Portugal war bis 1911 eine Monarchie, stand von 1928 bis 1974 unter dem Regiment des Diktators Salazar und ist seither eine parlamentarische Demokratie. Das 92 212 Quadratkilometer große Land hat 10,3 Millionen Einwohner. Im Unterschied zum Nachbarland Spanien hat sich Portugal entschieden, seine Euromünzen nicht mit Köpfen und Gebäuden zu schmücken, sondern mit Schriftzeichen und Wappensymbolen aus einer Zeit, da das Land zu den wichtigsten Seefahrernationen des mittelalterlichen Europa gehörte. Damit wurde auf die Möglichkeit verzichtet, großartige Zeugnisse der Geschichte und Kultur der Öffentlichkeit nahe zu bringen und auch im Ausland für das Land zu werben.

Auf den ersten Blick wirkt die Symbolik der Eurocent- und Euromünzen ungewohnt, langweilig und gleichförmig. Doch wenn man genau hinschaut, erkennt man interessante Einzelheiten, die allerdings bei uns der Interpretation bedürfen, während sie in Portugal sicher jedem Schulkind bekannt sein dürften. Verbindendes Element ist der Landesname, der in unterschiedlichen Versionen wiedergegeben wird. Die drei kleinsten Werte zu 1, 2 und 5 Eurocent zeigen das so genannte Templerkreuz, in dessen Ecken das aus einer Handschrift von 1134 stammende Wort PORTUGAL steht. Damit wird auf den Gründer des Staates und ersten portugiesischen König Alfons I. der Eroberer hingewiesen, der von 1139 bis 1185 regierte, sein Land von den Mauren befreite und es unter den Schutz des Papstes stellte. Im Kampf gegen die kastilische Oberherrschaft gelang es ihm, die Selbstständigkeit seines Landes zu erreichen, worauf es sich nach manchen Rückschlägen zu einer der führenden See- und Kolonialmächte des ausgehenden Mittelalters entwickeln konnte. Dass sich Spanien eine Zeitlang den Nachbarstaat aneignete und auf der Iberischen Halbinsel eine Doppelmonarchie herrschte, sollte nicht unerwähnt bleiben.

Die kleinen Werte zeigen das so genannte Templerkreuz, in dessen Ecken das aus einer uralten Handschrift stammende Wort PORTUGAL steht. Auf den Euromünzen kreisen um das Kreuz mit dem Landesnamen Elemente aus dem portugiesischen Wappen, und zwar sieben Burgtürme und fünf Schilde. Die Staatsbezeichnung kann in einem von Blattwerk umgebenen Vierpass analog zu einer Urkunde aus dem Jahr 1142 gelesen werden. Dass die Geldstücke in der Münze in Lissabon geprägt wurden, verrät deren abgekürzter Name INCM (Impresa Nacional e Casa de Moeda) über einem der Türme rechts unten. Über einem andern Turm hat sich der Künstler Vitor Manuel Fernandes dos Santos mit seiner Signatur, einem winzigen VS, verewigt.

Die portugiesischen Gedenkprägungen aus der Zeit vor der Einführung des Euro widmen sich vielfach der Seefahrerei im Laufe der Jahrhunderte. Das wissen alle Sammler zu schätzen, die sich auf das Thema Schiffsdarstellungen spezialisiert haben. Portugal hat mit seinen Münzen mutige Entdecker wie Heinrich den Seefahrer (1394-1460) geehrt, der ein Sohn des portugiesischen Königs Johann I. war, sich bis zur Westküste Afrikas vorwagte und sie erforschte, womit er den Grund für die Errichtung der portugiesischen Kolonialmacht legte. Erinnert wird auf anderen Geprägen auch an den Seefahrer in spanischen Diensten Christoph Columbus (1451-1506), der auf der Suche nach einem kurzen Seeweg nach Indien den Atlantik überquerte und "Westindien" vor der amerikanischen Küste fand. Natürlich fehlen Vasco da Gama (1469-1524), der Entdecker des Seeweges nach Indien (1497/8) und Vizekönig von Indien, und andere Reisende und Abenteurer auf portugiesischen Münzen nicht. Erinnert wird schließlich auf ihnen waghalsige Expeditionen in ferne Länder und eroberte Gebiete, etwa in das Innere von Brasilien, das im Jahr 1500 von Portugal in Besitz genommen wurde und sich erst 1822 für unabhängig erklärte.

27. September 2017

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