Gustav Adolfs letzte Reise
Wolgaster Schautaler von 1633 ehren Schwedenkönig als Befreier Deutschlands



Der vierfache Reichstaler von 1633 erinnert an die Aufbahrung des in Lützen gefallenen Schwedenkönigs Gustav II. Adolf in der Wolgaster Schlosskirche.





Grafiken aus dem 19. Jahrhundert und das Relief vom Wolgaster Marktbrunnen aus dem Jahr 1936 schildern, wie der königliche Feldherr im offenen Sarg zum Schiff getragen wurde.



Gustav Adolf von Schweden genoss, ob lebendig oder tot, bei vielen Deutschen große Verehrung, dass seine Soldaten furchtbare Verwüstungen und schwere Kriegsverbrechen begingen, hat man ihm nicht angelastet.



Alte Stadtansichten zeigen, wie das Schloss der Herzöge von Pommern-Wolgast (rechts auf der Insel) ausgesehen hat.(Fotos/Repros: Caspar)

Sammler pommerscher und schwedischer Münzen kennen die prächtigen Taler und Dukaten, auf denen ein für Wolgast wichtiges Ereignis gewürdigt wird, die Aufbahrung des 1632 bei Lützen gefallenen Königs Gustav Adolf. Die Prägungen gehören zu einer großen Serie von Münzen und Medaillen zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Er begann vor nahezu 400 Jahren mit dem Fenstersturz von Prag am 23. Mai 1618 und endete 30 Jahre später nach allgemeiner Entkräftung und Mutlosigkeit mit den Friedensschlüssen von Münster und Osnabrück. Die schrecklichen Ereignisse von damals, die vielen Schlachten, Belagerungen und Eroberungen, das Hin und Her in den Bündnissen der beteiligten Fürsten und die Verteilung von Ländern und Kronen fanden in der Publizistik und bildenden Kunst, aber auch auf geprägtem Metall reichlichen Niederschlag. Viele Helden des Krieges, allen voran Gustav Adolf, wurden mit Münzen und Medaillen geehrt. Sie bilden ein interessantes, wegen der Seltenheit vieler Stücke allerdings recht schwer zu beackerndes Sammelfeld.

Nach langer Fahrt durch das vom Dreißigjährigen Krieg heimgesuchte Römisch-deutsche Reich war der Katafalk mit der Leiche des Königs in der Schlosskirche zu Wolgast aufgebahrt worden, auf dem Gelände der pommerschen Herzogsresidenz gegenüber der altehrwürdigen Hansestadt. Der Sarg wurde 1633 feierlich von der Schlossinsel mit dem Schiff nach Stockholm überführt und dort 1634 in der königlichen Grablege, der Riddarholmskyrkan, bestattet. Einige der medaillenförmigen Prägungen im Gewicht bis zu mehreren Talern wurden an Teilnehmer des feierlichen Begräbnisses verschenkt.

Ein Brunnen auf dem Wolgaster Marktplatz zeigt auf vergoldeten Reliefs Szenen aus der wechselvollen Geschichte der von manchen Bränden und Katastrophen heimgesuchten und nach dem Dreißigjährigen Krieg schwedisch verwalteten Stadt, die 1815 an Preußen fiel. Auf einer Tafel ist dargestellt, wie der Leichnam des Monarchen aus der Kirche getragen wird. Der König, der einen schützenden Harnisch nicht tragen wollte, war in der Schlacht von Lützen bei Leipzig am 6. November/16.November1632 (nach julianischem beziehungsweise gregorianischem Kalender) durch feindliche Kugeln schwer verletzt worden und an seinen Verwundungen gestorben. Schwedische Soldaten bargen den Leichnam und brachten ihn erst in die Kirche von Meuchen und dann nach Weißenfels, wo er am 17. November 1632 aufgebahrt, seziert und einbalsamiert wurde. In einem feierlichen großen Zug hat man die sterblichen Überreste des als treuer Diener Gottes, Retter des Protestantismus und unbesiegbaren Helden gefeierten Monarchen nach Norddeutschland geleitet. Stationen waren Eilenburg, Brandenburg an der Havel, Werneuchen, Bernau und schließlich das Schloss der pommerschen Herzöge zu Wolgast. Gustav Adolfs Ehefrau Maria Eleonora von Brandenburg soll den teuren Toten so sehr betrauert haben, dass Höflinge Mühe hatten, die seit einem halben Jahr in der Wolgaster Schlosskirche aufgebahrte Leiche zur Beerdigung freizugeben.

In seiner Novelle von 1882 "Gustav Adolf Page" hat Konrad Ferdinand Meyer den Tod des Königs und die liebevolle Hingabe einer in Männeruniform steckenden jungen Frau an ihn auf anrührende Weise geschildert. Dem Schweden stand der aus Nürnberg stammende historische August Leubelfing treu zur Seite, aus dem der Dichter eine Frau machte. Angeblich soll der stark kurzsichtige König, dass nicht erkannt haben, dass sein Page "ein tannenschlankes Mädchen mit lustigen Augen, kurz geschnittenen Haaren, knabenhaften Formen und ziemlich reitermäßigem Manieren" ist, wie Meyer schreibt. Leubelfing stirbt zeitgleich mit dem König, seine wahre Identität wird verheimlicht, um Redereien über den toten Krieghelden aus dem Weg zu gehen.

Wenn Gustav Adolf auf Grafiken und auch auf dem Wolgaster Brunnenrelief von Soldaten im offenen Sarg getragen wird, ist das eine märchenhafte Ausmalung, denn der Leichnam dürfte nach der monatelangen Fahrt durch Deutschland kaum noch vorzeigbar gewesen sein, auch wenn er einbalsamiert war. Auf Schautalern und Medaillen treffen Strahlen göttlicher Gnade aus den toten Herrscher, Engel umschweben ihn, und die Umschriften feiern ihn als glorreichen Feldherren auf dem Siegeswagen und als heldenmütigen Befreier Deutschlands, vor dem die Feinde fliehen. Sie taten es nicht, und so endete der bis dahin schlimmste aller Kriege nicht mit dem Tod des gekrönten Feldherren, sondern tobte unerbittlich noch weitere 16 Jahre, unzählige Menschen in Tod und Elend reißend und große Teile Mitteleuropas vernichtend. Das Wolgaster Herzogsschloss und die Schlosskirche gingen infolge von Verwahrlosung und Missnutzung als Steinbruch verloren. Die Schweden hatten kein Interesse an dem prächtigen Renaissance-Bau, dessen Gestalt nur noch durch alte Stadtansichten überliefert ist.

16. Juli 2017

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