Vernichtet, aber nicht vergessen
Berolina und weitere Bronzeskulpturen wurden vor und nach 1945 eingeschmolzen, sind aber weiter im Gedächtnis



In einem Buch über Berliner Denkmäler im Volkswitz wird der Berolina diese Aufforderung an den italienischen König in den Mund gelegt: "Hier nimm diese Blumen, wenns de se nich willst, brauchsdet man bloß zu sahren." Der Roland vom Rolandbrunnen antwortet auf die Frage, was denn ein Roland ist, so: Dat weeste nich? Det is ‚n letzten Nachtwächter von Berlin sein Denkmal, det siehste doch an dem Tutehorn, Me-ensch!" Rechts prüft auf der Karikatur König Friedrich Wilhelm III., ob es schon regnen.



Das Königsdenkmal vom Lustgarten ist auch auf einem der Reliefs im Sockel der Siegessäule am Großen Stern im Berliner Tiergarten dargestellt.



Vor dem "Haus zur Berolina" auf dem Hausvogteiplatz steht ein Denkmal, das der alten Berolina neue Gestalt verleiht.



Im Umkreis der Nikolaikirche fanden die Figuren der Wissenschaft und der Geschichtsschreibung vom Reiterdenkmal des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. auf dem Berliner Lustgarten eine neue Heimstatt.



Mit großem Prunk und Pomp wurde 1897 das Nationaldenkmal Kaiser Wilhelms I. von dessen Enkel Wilhelm II. eingeweiht. Das Monument und die umgebende Säulenhalle überstanden die Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs, wurden danach aber abgerissen und im Fall von Bronze eingeschmolzen. Aus dem Metall sollen Figuren des Berliner Tierparks gegossen worden sein.



Der alte Kaiser wurde 1950 im Rahmen einer "sozialistischen Kulturrevolution" zum Abtransport in die Schmelze vorbereitet, im Hintergrund Ruine des Schlosses.



Lenins Kopf wurde aus märkischem Sand ausgegraben und bekam in der Spandauer Zitadelle Asyl. (Fotos/Repro: Caspar)

Um Buntmetall für die Rüstungsindustrie zu gewinnen, wurden die bronzene Berolina auf dem Alexanderplatz, "das" Wahrzeichen Berlins, sowie weitere Standbilder und Kirchenglocken eingeschmolzen. Auch nach dem Ende der Naziherrschaft und des Zweiten Weltkrieges erlitten im öffentlichen Raum stehende, aus politischen Gründen unerwünschte Skulpturen den Tod im Tiegel. Gebieterisch streckte die 7,50 Meter hohe Berolina von ihrem sechs Meter hohen Sockel ihren Arm den Menschen zu ihren Füßen entgegen, eine füllige Dame mit der Stadtkrone auf dem Haupt und einem malerisch drapierten Mantel um die Schultern. Dass sie die Schutzgöttin der Reichshauptstadt ist, demonstrierte ein Wappenschild mit dem Berliner Bären darauf. Mit der beliebten Figur schuf der Bildhauer Emil Hundrieser ein Meisterwerk, doch stand es nur ein halbes Jahrhundert auf dem Alex. Ob es je dorthin zurückkehrt, wie es sich ein Verein wünscht, wird sich zeigen. Es wäre nicht der erste Fall, dass eine Kopie von einem verloren gegangenen Standbild seine Wiedergeburt erfährt.

Da im Stadtmuseum ein verkleinertes Modell von der riesigen Figur existiert und außerdem alte Fotos ihr Aussehen dokumentieren, dürfte die Nachbildung keine Hürde sein. Um die Rekonstruktion des beliebten Bildwerks samt Sockel finanzieren zu können, müsste eine Summe im sechstelligen Euro-Bereich von privater Seite kommen. Denn der Senat hat dafür kein Geld. Die wenigsten unter uns werden wissen, dass die Berolina 1889 zunächst auf dem Potsdamer Platz stand. Der Anlass war der Staatsbesuch des italienischen Königs Umberto, dem die Stadtgöttin mit einladender Geste ihre Reverenz erwies. Allerdings handelte es sich nicht um das bronzene Standbild, sondern um eine Ausführung aus Gips, die nur so aussah, als sei sie aus Metall. Erst nach einigen Jahren konnte ein Guss aus Bronze angefertigt und auf den Alexanderplatz vor das Warenhaus Tietz aufgestellt werden. 1927 musste die Figur dem U-Bahnbau weichen, und bei dieser Gelegenheit gab es den Versuch des Magistrats, sich von der Figur, die man als wilhelminischen Kitsch verachtete, ganz und gar zu trennen. Es hagelte Proteste, und so kehrte die wohlbeleibte Dame bald wieder auf den Alex vor das von Peter Behrens gestaltete Alexanderhaus zurück.

Obwohl die Figur schon lange im Schmelztiegel der deutschen Rüstungsindustrie vergangen war und damit das Schicksal vieler anderer Figuren im öffentlichen Raum sowie von Kirchenglocken teilte, startete der Nordwestdeutsche Rundfunk Sender Berlin am 16. Februar 1948 die Zeitfunk-Sendung "Rund um die Berolina", die über mehrere Jahrzehnte mit großem Erfolg unter dem Titel vom Sender Freies Berlin beziehungsweise vom Radio Berlin Brandenburg fortgeführt wurde. Im Mai 1948 wurde die Sendung mit praktischen Tipps, Kulturnachrichten und Sketchen angesichts der Berliner Blockade auf eine halbe Stunde und im März 1950 auf eine ganze Minuten verlängert, jedoch ab 1958 auf 40 Minuten verkürzt und 2005 ganz eingestellt.

Am Standort der Berliner Textilindustrie

Eine kleine, Berolina genannte Skulptur auf dem Hausvogteiplatz ist nach dem Willen der Investorin TLG Immobilien-Gesellschaft keine Kopie der riesigen Berolina aus Bronze vom Alex, sondern eine filigrane Neuschöpfung aus geflochtenem Draht, die den Geist unserer Tage atmet und zugleich daran erinnert, dass sich seit dem frühen 19. Jahrhundert in den Häusern rund um den nach einem städtischen Gefängnis benannten Stadtraum die weitberühmte Berliner Textilindustrie etabliert hat. Ein aus drei großen Spiegeln gebildetes Denkmal am Eingang zum U-Bahnhof Hausvogteiplatz ist den jüdischen Inhabern und Angestellten der hier tätig gewesenen Konfektionsbetriebe gewidmet, die nach 1933 von den Nationalsozialisten in die Emigration getrieben oder im Zweiten Weltkrieg in die Vernichtungslager verschleppt und dort ermordet wurden. Wenn man den U-Bahnhof verlässt, kann man auf Treppenstufen die Namen der jüdischen Konfektionshäuser lesen, dazu die Daten ihrer Enteignung durch die Nazis.

Im Schatten der Nikolaikirche fanden 1987, als in beiden Stadthälften die 750-Jahrfeier Berlins begangen wurde, zwei bronzene Skulpturen vom Sockel des monumentalen Reiterstandbildes Friedrich Wilhelms III. auf dem Lustgarten einen neuen Platz. Das von Albert Wolff geschaffene und 1871 enthüllte Monument wurde nach einem Stift in das - nicht mehr erhaltene 1945 eingeschmolzen. Clio, die Personifikation der Geschichtsschreibung, schrieb ursprünglich die Widmung "Dem Gerechten" auf die Vorderseite des Denkmals und meinte damit Friedrich Wilhelm III., der 1806 die Niederlage von Jena und Auerstedt hinnehmen musste nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 zu den Mächtigen in Europa aufstieg. Die zweite Figur zeigt einen sitzenden Mann mit einem Globus und einem aufgeschlagenen Buch. Er soll die Wissenschaft, die in Preußen unter der langen Regentschaft des Königs von 1797 bis 1840 zu hoher Blüte kam. Die anderen Assistenzfiguren des Reiterdenkmals verkörperten Preußens Grenzflüsse Rhein und Memel und gingen durch Einschmelzung nach 1945 mit weiterem Beiwerk aus Bronze verloren. Fotos aus dem zerstörten Schlosshof beweisen, dass der königliche Reiter den Zweiten Weltkrieg - wenn auch beschädigt - überstanden hatte. Im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Lustgartens wurden vor einigen Jahren von Archäologen die mächtigen Fundamente des Reiterdenkmals und eines Brunnens entdeckt.

Brüllende Löwen im Tierpark

Die wenigsten Besucher des Berliner Tierparks dürften wissen, dass es sich bei den überlebensgroßen Raubkatzen vor dem Alfred-Brehm-Haus um Reste des Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals handelt, das 1897 zum einhundertsten Geburtstag Kaiser Wilhelms I. auf der Berliner Schlossfreiheit enthüllt wurde. Wilhelm II., der Enkel und Initiator dieses Heldenmonuments, bestimmte seinen Lieblingsbildhauer Reinhold Begas mit der Planung und Ausführung der riesigen Anlage gegenüber dem Schloss. Beteiligt war die Elite der damaligen Bildhauerei, sofern sie vom Kaiser als für das ehrgeizige Projekt würdig erachtet wurde. Der Architekt Gustav Friedrich Halmhuber entwarf eine Säulenhalle, die den reitenden Kaiser umschließt. Das Pferd wird von der geflügelten Borussia geführt, auf den Ecktürmen der von Adlern besetzten Kolonnade ziehen Pferde die Wagen mit geflügelte Siegesgöttinnen ähnlich der Gruppe auf dem Brandenburger Tor.

Bei dem Kaiser-Wilhelm-Monument wurden keine Mühen und Kosten gescheut, Quantität ersetzte allerdings nicht Qualität, und so zog die teure Anlage sogleich heftige Kunstkritik auf sich. Alles war zu gewaltig, zu üppig dekoriert, zu martialisch, man hörte förmlich Kommandotöne und Blechmusik. Wer unter dem mächtigen Gaul stand, kam sich klein und unbedeutend vor. An den Ecken des riesigen Sockels lagen die Löwen mit zottigen Mähnen als Wächter und blickten in alle vier Himmelsrichtungen. Eine Beschreibung von 1897 spricht von kühn bewegten Tierbildern von mächtiger Wirkung, "wachthaltend über der errungenen Siegesbeute, und in ihren vier verschiedenen Stellungen, brüllend, lauernd und ruhend dräuendes Vorwärtsschreiten, donnerndes Warnungsbrüll, grimmiges Aufbäumen und ruhige Siegeszuversicht verkörpernd". Unter den mächtigen Leibern schauten ursprünglich Fahnen, Kanonen, Gewehre und anderes Material hervor, die damit den militärischen und machtpolitischen Charakter der riesigen Anlage unterstrichen.

Zahlreiche Tiere als dekoratives Beiwerk

Über das Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal äußerte sich der bedeutende Kunsthistoriker und -kritiker Alfred Lichtwark im Jahr 1897 so: "Das Riesenwerk von Reinhold Begas, das in so unwahrscheinlich kurzer Zeit fertiggestellt wurde, geht nach seinem Inhalt nicht auf das Denkmal Friedrichs des Großen zurück, das ein Kompendium der Zeitgeschichte darstellt. Es führt vielmehr die Reihe der allegorisch-dekorativen Sockelbildungen der Denkmäler des Großen Kurfürsten und der Könige Friedrich Wilhelm III. und Friedrich Wilhelm IV. weiter, alle drei in Maßen und Massen gigantisch überbietend. […] Die Inkongruenz der Maßstäbe beginnt mit dem Verhältnis der Figuren zu der Architektur. Wenn man sich die Halle allein denkt, ist sie ein stattliches Bauwerk von der Art und den Größenverhältnissen der Arkaden, die im vergangenen Jahrhundert die Zugänge zu den Berliner Brücken dekorierten. […] Kommt man aus der Ferne, so stehen nebeneinander die ungeheure Gestalt des Kaisers und die in Wirklichkeit kolossalen, aber neben der Hauptfigur gesehen ganz kleinen Viktorien auf dem Siegeswagen, und ihre Rosse wirken zwergenhaft neben dem Reitpferd des Kaisers."

In einem Beitrag "Zur ,Zoologie' unserer Denkmäler" ging die Deutsche Bauzeitung in ihrem Heft 33 (1899) der Frage nach, welche Tiere das Denkmal schmücken: "Wer sich die nicht ganz leichte Mühe machen will, die wahrhaft tropisch üppige Fauna dieses Denkmals durchzuarbeiten und zu klassifizieren, der wird zu folgendem stattlichen Resultat gelangen: Ausser dem alten Kaiser und seinem Pferd, den einzigen Figuren, die nöthig waren, befinden sich auf dem Denkmal zunächst noch 19 halbnackte Weiber, 22 dito Männer und 12 dito Kinder. Die eigentliche Zoologie aber ist wie folgt vertreten: 21 Pferde, 2 Ochsen, 8 Schafe, 4 Löwen, 16 Fledermäuse, 6 Mäuse, 1 Eichhorn, 10 Tauben, 2 Raben, 2 Adler, 16 Eulen, 1 Eisvogel, 18 Schlangen, 1 Karpfen, 1 Frosch, 16 Krebse, zusammen 157 Thiere. Dabei muss bemerkt werden, dass diese Zahlen nicht etwa willkürlich sind, sondern auf möglichst gewissenhafter Rechnung beruhen, dass ferner die Zählung sich auf die Mosaikbilder des Fussbodens erstreckt, in denen es auch von Adlern und Genien nur so wimmelt. Dreiundfünfzig nackte Figuren und hundertsiebenundfünfzig Thiere, das ist der zoologische Apparat, den die Berliner Bildhauerschule braucht, um uns die Erinnerung an Wilhelm I., an den alten Wilhelm, wachzuhalten. Wenn Jemand einen Gedanken nicht in einen klaren und kurzen Satz fassen kann, so fängt er an, Phrasen zu machen. Wenn ein Künstler einen Menschen nicht durch ein klares, einfaches Bild wiedergeben kann, so muss er sine Zuflucht zu Adlern und nackten Mädchen nehmen". Die Deutsche Bauzeitung kommentierte die Einsendung schlicht und einfach mit "Sehr wahr".

Bis auf die Löwen im Berliner Tierpark und ein paar Adler im Besitz des Stadtmuseums ist das Kaiser-Wilhelm-Denkmal einschließlich der Kolonnade nach dem Zweiten Weltkrieg kommunistischem Bildersturm zum Opfer gefallen. Als militaristisches und monarchistisches Machwerk aus der verhassten Kaiserzeit verachtet, hielt man es nicht für nötig, die Beschädigungen durch den Krieg zu reparieren und baute es stattdessen ab. Da aber die Löwen aus herausragende Werke der Tierplastik gewertet wurden, sorgte der damalige Direktor des Berliner Tierparks dafür, dass die mächtigen Raubkatzen nicht in den Schmelztiegel wanderten. Hingegen wurde das Reiterdenkmal des 99-Tage-Kaisers Friedrich III. vor dem nach ihm benannten Museum eingeschmolzen, das heute Bode-Museum heißt. Bereits im Zweiten Weltkrieg wurden die Assistenzfiguren des Lutherdenkmals auf dem Neuen Markt im Schatten der Marienkirche der Kriegindustrie geopfert. Das 2007 vom Bundestag beschlossene Einheits- und Freiheitsdenkmal soll in Form einer riesigen Schale auf dem Sockel des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Denkmals gegenüber dem Humboldt-Forum errichtet werden. Mit einer Länge von 80 Metern und einer Breite von 40 Metern bietet das Fundament dem im Volksmund auch Bundes- oder Einheitswippe beziehungsweise Merkelwippe genannten Erinnerungsmal genügend Platz.

Verhasste Säule auf dem Invalidenplatz

Gesprengt und abgetragen wurde 1948 die mächtige Invalidensäule zur Erinnerung an die in den Jahren 1848 und 1849 im Kampf gegen die Revolutionäre gefallenen preußischen Soldaten. Um die innen begehbare Säule hat man Soldaten bestattet, die in den Berliner Märzkämpfen von 1848 gefallen waren. Auf einem 5,96 Meter hohen Granit-Unterbau erhob sich ein über 33,70 Meter hoher Zylinder aus Gusseisen. Auf seiner Spitze breitete ein mächtiger Preußenadler seine Schwingen aus. Der Skulpturenschmuck zeigte, wie Borussia, die Symbolfigur der Hohenzollernmonarchie, die Hinterbliebenen jener Soldaten tröstet und die Besiegten entwaffnet, derweil Minerva einen heimgekehrten Sieger bekränzt und Bräute um die Gefallenen trauern. Ein Reliefporträt ehrt König Friedrich Wilhelms IV., den Sieger über die Revolution und Stifter der Säule. Ihr Zweck wird durch die Inschriften "National-Krieger-Denkmal zum Gedächtniss der in den Jahren 1848 und 1849 treu ihrer Pflicht für König und Vaterland Gesetz und Ordnung gefallenen Brüder und Waffengenossen errichtet durch den Unterstützungs-Verein von Berg und Mark am 18. Juni 1852" und "Die Armee rettete durch ihre Treue das Vaterland" unterstrichen.

Aus dem Stadtbild verschwunden sind weitere Denkmäler, so das Reitermonument des 99-Tage-Kaisers Friedrich III. vor dem nach ihm benannten Kaiser-Friedrich-Museum, das nach 1945 in Bode-Museum umbenannt wurde. Der von Otto Lessing geschaffene Rolandbrunnen auf dem Kemperplatz im Tiergarten steht auch nicht mehr. Kaiser Wilhelm II. hatte ihn der Stadt Berlin als südlichen Abschluss der Siegesallee gestiftet. Zwar lobte die offizielle Kunstkritik lobte den mit einer mittelalterlichen Rolandfigur geschmückten Brunnen als Sinnbild Berliner Lokalgeschichte, doch waren Kaiser und auch der Bildhauer von dem Werk nicht begeistert. Kenner der Geschichte störten sich an der als historisch nicht korrekten Darstellung des "Ritters des Rechts", und auch dass Reliefs und Assistenzfiguren neobarock gestaltet waren, hat nicht jedem gefallen.

Rache an Lenin und Stalin

Erst im November 1961 wurde das in der Stalinallee stehende Stalindenkmal klammheimlich entfernt und verschrottet. Mit der Aufstellung des von Nikolai Tomski geschaffenen Bronzedenkmals vor der Deutschen Sporthalle hatte die SED- und Staatsführung ihre Verehrung zu dem Sieger über den Hitlerfaschismus und "geliebten Führer des Weltproletariats" ausdrücken wollen. Die Enthüllungen von Nikita Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 in Moskau zwangen Ulbricht, Pieck, Grotewohl, Honecker und Genossen zum Handeln, doch blieben sie im Herzen und ihrer praktischen Politik immer finstere Stalinisten. In der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen wurden 2018 anlässlich einer Ausstellung über den Stalin-Kult in der DDR ein Zweitguss des Berliner Denkmals gezeigt, das aus Ulan Bator, der Hauptstadt der Mongolei, herbei geholt wurde.

Der Kopf des 1970 auf dem damaligen Leninplatz im Ostberliner Bezirk Friedrichshain enthüllten, 1990/1 abgebauten und in märkischem Sand vergrabenen Lenindenkmals fand in die Skulpturenausstellung auf der Spandauer Zitadelle Asyl. Das 1970 zum einhundertsten Geburtstag des Begründers der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und des Sowjetstaates aufgestellte Monument ist ein Werk des sowjetischen Bildhauers Nikolai Tomski. Unter viel Beifall, aber auch Bekundungen von Unverständnis und Abscheu wurde das 19 Meter hohe Standbild aus roten Granitblöcken zwischen November 1991 und Februar 1992 abgebaut. Anschließend hat man die 129 Einzelteile in der Seddiner Heide im Bezirk Köpenick vergraben.

Versuche in den folgenden Jahren, das Denkmal wieder an die Oberfläche zu holen und wenigstens den Kopf öffentlich aufzustellen, hatten lange keinen Erfolg. Die Nachricht über eine Art Rehabilitierung des 1970 mit dem Versprechen ewiger Freundschaft mit der Sowjetunion vom damaligen Staats- und Parteichef Walter Ulbricht enthüllten Denkmals ließ aufhorchen und konnte als Beweis dafür gelten, dass die Hinterlassenschaften der DDR heute gelassener betrachtet werden als in den aufgeregten Zeiten nach der so genannten Wende 1989/90. Der dreieinhalb Tonnen schwere Lenin-Kopf wird in der Spandauer Zitadelle zu den Resten der Berliner Siegesallee gestellt. Jahrelang waren die vor über einhundert Jahren als Geschenk Kaiser Wilhelms II. an die deutsche Reichshauptstadt von namhaften Bildhauern geschaffenen Herrscherfiguren in einem ehemaligen Wasserwerk am Halleschen Ufer für die Öffentlichkeit kaum zugänglich untergebracht und kann nun gemeinsam mit weiteren Skulpturen eingehend betrachtet werden.

23. März 2018

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