Schloss Cecilienhof in neuem Glanz
In der Potsdamer Sommerresidenz des deutschen und preußischen Kronprinzenpaares wurde im Sommer 1945 Geschichte geschrieben





Das während des Ersten Weltkriegs erbaute Schloss Cecilienhof im Potsdamer Neuen Garten haben bisher 14 Millionen Gäste aus aller Welt besucht, unter ihnen war auch viel politische Prominenz.



Churchill, Truman und Stalin zelebrieren vor der Weltpresse im Sommer 1945 Einigkeit und Freundschaft, hinter den Kulissen aber wurde heftig gestritten.



Der große Verhandlungstisch mit roter Decke in der Großen Halle wurde in Moskau angefertigt und nach Potsdam eingeflogen.



Die Wohnräume des Kronprinzenpaares sind mit Möbeln und Kunstgegenständen aus anderen Schlössern geschmückt, weil die originale Ausstattung kurz vor der Potsdamer Konferenz bei einem Brand zerstört wurde.



Schlossherrin Cecilie stammt aus Mecklenburg-Schwerin, porträtiert ist sie auf einem Porzellanteller, der in der Dauerausstellung gezeigt wird.



Das in mittelalterlicher Form gestaltete Allianzwappen Preußens und Mecklenburgs sowie die Jahreszahl 1916 schmücken das Eingangsportal zum Schloss Cecilienhof.



Skulpturen wie die bronzene Brunnenfigur schmücken die Grünanlagen rund um das Schloss Cecilienhof, dem das Schicksal anderer preußischer Schlösser erspart blieb, kommunistischem Bilderstirm zum Opfer zu fallen. (Fotos/Repro: Caspar)

Neben Schloss und Park Sanssouci ist das Schloss Cecilienhof im Neuen Garten "der" Renner im Besuchsprogramm von Potsdam-Touristen. 1952 wurde die Sommerresidenz des letzten deutschen und preußischen Kronprinzen Wilhelm und seiner aus Mecklenburg stammenden Frau Cecilie, erbaut 1913 bis 1917 nach Plänen des Architekten Paul Schultze-Naumburg im englischen Cottagestil, als Gedenkstätte hergerichtet. Im originalen Ambiente wurden und werden die Verhandlungen der "großen Drei" - Josef Stalin, Harry S. Truman und Winston Churchill und nach dessen Abwahl ans englischer Premierminister Clement Attlee - im Juli und August 1945 gewürdigt. Das Potsdamer Abkommen legte unmissverständlich fest, dass das deutsche Volk für die furchtbaren Verbrechen büßen soll, "die unter der Leitung derer, welche es zur Zeit ihrer Erfolg offen gebilligt hat und denen es blind gehorcht hat, begangen wurden. [...] Die Alliierten treffen nach gegenseitiger Vereinbarung in der Gegenwart und in der Zukunft auch andere Maßnahmen, die notwendig sind, damit Deutschland niemals mehr seine Nachbarn oder die Erhaltung des Friedens in der ganzen Welt bedrohen kann. Es ist nicht die Absicht der Alliierten, das deutsche Volk zu vernichten und zu versklaven. Die Alliierten wollen dem deutschen Volk die Möglichkeit geben, sich darauf vorzubereiten, sein Leben auf einer demokratischen und friedlichen Grundlage von neuem wiederaufzubauen. Wenn die eigenen Anstrengungen des deutschen Volkes unablässig auf die Erreichung dieses Zieles gerichtet sein werden, wird es ihm möglich sein, zu gegebener Zeit seinen Platz unter den freien und friedlichen Völkern der Welt einzunehmen." Stalin erklärte sich bereit, drei Monate nach Ende des Krieges in Europa in den Krieg gegen Japan einzutreten, und außerdem stimmte er der Gründung der Vereinten Nationen zu.

Die Siegermächte sprach der Sowjetunion das Gebiet um Königsberg zu und bestimmten, dass die polnische Grenze weiter nach Westen an die Oder und Neiße vorgeschoben werden und Danzig unter polnische Verwaltung kommt. Außerdem sollte die Sowjetunion bedeutende Gebiete im ehemaligen Ostpolen bekommen. Die Ausweisung von Deutschen aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn legte das Potsdamer abkommen fest. Sie sollte zwar "in geregelter und humaner Form" geschehen, doch weiß man, dass viele der 12,4 Millionen Vertriebenen die chaotischen Zustände auf ihrer Flucht nicht überlebten. In der Ausstellung wird anhand von Dokumenten, Fotos, Plakaten und anderen Zeugnissen sowie Videos und anderen Medien der blutgetränkte, von Trümmern verschüttete Weg vom Kriegsbeginn am 1. September 1939 zur Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 zur Potsdamer Konferenz und darüber hinaus zur heutigen Zeit dokumentiert.

Ausrottung des Nationalsozialismus und Militarismus

Offiziell hieß das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 "Mitteilung über die Dreimächtekonferenz von Berlin". Nach dem Willen der Siegermächte sollte das deutsche Volk überzeugt werden, "dass es eine totale militärische Niederlage erlitten hat und dass es sich nicht der Verantwortung entziehen kann für das, was es selbst dadurch auf sich geladen hat, dass seine eigene mitleidlose Kriegführung und der fanatische Widerstand der Nazis die deutsche Wirtschaft zerstört und Chaos und Elend unvermeidlich gemacht haben."

Zu den wichtigsten Punkten der Vereinbarung gehörten die Ausrottung des Nationalsozialismus und Militarismus sowie die Schaffung demokratischer und friedlicher Verhältnisse in Deutschland. Außerdem enthielt das Dokument Festlegungen über die Beziehungen der Völker untereinander und für eine künftige Friedensordnung in Europa. Die deutsche Bevölkerung sollte "entnazifiziert" und Kriegsverbrecher und hohe NS-Funktionäre vor Gericht gestellt werden. Während der Alliierte Kontrollrat mit Sitz in der Viermächtestadt Berlin die Regierungsgewalt übernahm, war eine deutsche Selbstverwaltung auf lokaler Ebene erlaubt. Ferner legte das Abkommen die Dezentralisierung der deutschen Wirtschaft sowie das Verbot von Kriegsproduktionen fest. Reparationsansprüche der Sowjetunion sollten durch Entnahme von Industriegütern und Demontage von Fabriken in der sowjetischen Besatzungszone befriedigt werden

Sanierung und Restaurierung seit 2014

Das als Potsdamer Abkommen bekannte Abschlussdokument kaschiert mühsam, dass die Großen Drei am Ende ärgerlich auseinander gingen. Es dauerte nicht lange, bis der Kalte Krieg begann, der mehr als einmal drohte, ein Heißet Krieg zu werden. Die Auswirkungen der im Schloss Cecilienhof gefassten Beschlüsse wirken bis heute nach. Die Residenz des ehemaligen Kronprinzenpaares war als Tagungsort gewählt worden, weil in der kriegszerstörten Reichshauptstadt Berlin keine geeigneten Räumlichkeiten für die Tagung, die Delegationen und die Presse zur Verfügung standen. Noch heute werden im Potsdamer Ortsteil Babelsberg die seinerzeit beschlagnahmten Villen gezeigt, in denen die führenden Vertreter der Siegermächte und ihre Entourage gewohnt und gearbeitet haben.

Zum Abschluss der umfangreichen Sanierungsarbeiten am und im Schloss Cecilienhof wies die brandenburgische Kulturministerin Martina Münch Ende August 2018 darauf hin, dass das Schloss Cecilienhof sowohl Teil des Weltkulturerbes der Preußischen Schlösser und Gärten als auch ein Ort von weltpolitischer Bedeutung ist. Die im englischen Cottagestil gestaltete Sommerresidenz aus der letzten Phase der Hohenzollern-Herrschaft wurde für zehn Millionen Euro innen und außen saniert und restauriert. Das Geld für die Maßnahmen stammt aus dem Sonderinvestitionsprogramm des Bundes sowie der Länder Brandenburg und Berlin für die preußischen Schlösser und Gärten. Seit der deutschen Wiedervereinigung 1990 wurden mehr als 300 Millionen Euro in die Erhaltung der zur Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Bauten, Sammlungen und Gärten investiert. Weitere 400 Millionen Euro würden gemeinsam mit dem Bund und Berlin bis 2030 für dringend notwendige Sanierungs- und Investitionsmaßnahmen bereitgestellt. Damit könne das Weltkulturerbe der preußischen Schlösser und Gärten dauerhaft gesichert und entwickelt werden.

Verhandlungstisch kam aus Moskau

Cecilienhof ist der letzte Schlossbau der Hohenzollern in Potsdam. Seit der Gründung der Gedenkstätte im Jahr 1952 kamen mehr als 14 Millionen Besucher. Die ehemalige Residenz trägt seit 2012 das Europäische Kulturerbe-Siegel "Stätten des Eisernen Vorhangs". Im Rahmen der 2014 begonnenen Maßnahmen ließ die Schlösserstiftung die Fassaden sowie die Wand- und Deckenfassungen von Cecilienhof restaurieren. Außerdem wurden die technische Infrastruktur erneuert und ein neues Beleuchtungskonzept in den Innenräumen installiert. Die Außenanlagen des Prinzenhofs und des angrenzenden Blumengartens wurde mit Hilfe des Vereins Freunde der preußischen Schlösser und Gärten denkmalgerecht wiederhergestellt.

Die repräsentativen Wohnräume des Kronprinzenpaars befanden sich im Erdgeschoss des Mittelbaus des Schloss, das über 176 Zimmer verfügt. Darüber lagen die privaten Schlaf-, Ankleide- und Badezimmer. Schlichte Eleganz unter Verwendung edler Materialien zeichnen das Interieur aus und spiegeln die gehobene Wohnkultur des frühen 20. Jahrhunderts wider. Fast alle Privaträume wurden von Paul Ludwig Troost entworfen, der sich nach 1933 in München durch Bauten für die NSDAP hervor tat. Beteiligt an der Innenausstattung waren Bruno Paul, Josef Wackerle und weitere Künstler. Da Troost auch durch die elegante Ausstattung von Passagierdampfern bekannt war, ließ sich die Kronprinzessin einen ihrer Räume wie eine Kajüte gestalten. Da das Mobiliar fest mit der Wand verbunden wurde, ist es nach hundert Jahren noch weitgehend erhalten. Während der Potsdamer Konferenz wurde die durch zwei Geschosse im Hauptgebäude gehende 26 Meter lange und zwölf Meter hohe Große Halle umfunktioniert. Der runde Verhandlungstisch mit einem Durchmesser von 3,05 Metern stammt aus der Moskauer Möbelfirma Lux.

Als die Familie des Kronprinzen im April 1945 angesichts der heran nahenden Roten Armee das Schloss verließ, musste sie Möbel und Ausstattungsstücke zurücklassen. Bei der Umgestaltung der Räume für das Dreiertreffen hat man sie in die Alte Meierei am Ufer des Jungfernsees abgestellt, wo sie durch ein Feuer am 25. Juli 1945 zerstört wurden. Die Sowjets haben die fehlende Einrichtung durch Einzelstücke im Stil der des frühen 20. Jahrhunderts ersetzt. Um den Geschmack der jeweiligen Delegationsleiter zu treffen, schafften Beauftragte des Rückwärtigen Dienstes der Sowjetarmee Möbel, Gemälde, Porzellane und andere Ausstattungen aus nahegelegenen Schlössern herbei. So kamen in Stalins Eckzimmer eine dunkle Ledercouch und ein wuchtiger Schreibtisch, derweil hat man in Trumans Zimmer klassizistische Möbel aus dem nahe gelegenen Marmorpalais aufgestellt, der vor in paar Jahren von Dach bis Keller sanierten und restaurierten Sommerresidenz des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. direkt am Heiligen See. Winston Churchills Raum wurde mit neogotischen Möbeln aus dem Schloss Babelsberg geschmückt.

"Onkel Jo" erschien immer zu spät

Ohne Zweifel war der sowjetische Diktator Josef Stalin die dominierende Person der Potsdamer Konferenz. Mit seiner weißen Uniform war er auf den Fotos, die tagtäglich um die Welt gingen, sofort zu erkennen. Der Generalissimus pflegte immer ein paar Minuten zu spät zu kommen, so dass ihm Truman sowie Churchill und Attlee beim Eintreten in den Konferenzsaal wider Willen stehend empfangen mussten. Während Stalin auf Fotos grinsend und recht jovial erscheint, schauen seine Verhandlungspartner verdrießlich drein. Ihnen war bewusst, dass "Onkel Jo" am längeren Hebel sitzt und Herr über halb Europa sein wird. Um ihm die gute Laune zu vermiesen und Stärke zu beweisen, vor allem aber um den Krieg gegen Japan schnellstmöglich zu beenden, gab Präsident Truman von Potsdam aus den Befehl, Hiroshima und Nagasaki durch den Abwurf von Atombomben zu zerstören. Stalin ließ sich nichts anmerken, und schon bald verfügte auch er ebenfalls über eine solche Massenvernichtungswaffe. So war das Gleichgewicht des Schreckens hergestellt, und es begannen der Kalte Krieg und ein Wettrüsten ungekannten Ausmaßes.

2. September 2018

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