Mauerkitsch am Checkpoint Charly
Berliner Senat schmiedet neue Pläne für die Gegend rund um den ehemaligen Grenzübergang an der Friedrichstraße



Wer Berlin besucht, muss auch am Checkpoint Charly gewesen sein. Da ist für jeden Geschmack was zu holen, und manchmal verlassen Besucher nachdenklich die frühere Schnittstelle zwischen Ost und West.



Mit "Mauer" lässt sich viel Geld verdienen. Läden und fliegende Händler bieten am historischen Ort allerhand Mauerkitsch sowie Souvenirs in Form von Tassen und Wimpeln, Art, aber auch Hinterlassenschaften der Roten Armee an.









Vieles ist heute am Checkpoint Charly weder echt noch alt, es gibt jede Menge Klamauk, Andenkenstände, eine Schauwand mit historischen Fotografien und das Asisi-Panorama. Das Museum am Checkpoint Charly informiert über den Mauerbau und Mauerfall sowie über gelungene und gescheiterte Fluchtversuche.



Hier beobachteten Grenzsoldaten der DDR misstrauisch an der Niederkirchnerstraße das Treiben im Westen. Konfrontationen, die schlimme Folgen für den Weltfrieden gehabt hätten, konnten mitten im Kalten Krieg beigelegt werden.



Nach dem Mauerfall war es mit der trügerischen Ruhe hier und an anderen Grenzübergängen vorbei. Eisentafeln in der Zimmerstraße und an anderen Stellen halten den Verlauf der Mauer fest.



Am ehemaligen Grenzübergang Checkpoint Charly, dem berüchtigten Schauplatz übler Konfrontation im Kalten Krieg, herrscht Jubel, Trubel, Heiterkeit. Die Dramen, die sich hier und an der innerdeutschen Grenze abgespielt haben, sind den meisten Besuchern unbekannt. Doch kann man sich in dem von Rainer Hildebrandt gegründeten Museum in der Friedrichstraße 43-45 informieren. Dort sind allerlei Andenken wie diese Tassen und Tafeln im Angebot. (Fotos/Repro: Caspar)

Als in den frühen Stunden des 13. August 1961, an einem Sonntag, quer durch Berlin und entlang der deutsch-deutschen Grenze Stacheldraht ausgerollt, Straßen abgesperrt und die Bahnverbindungen unterbrochen wurden, war eine neue Geschichtslegende geboren. Dieser "antifaschistische Schutzwall" sei gebaut worden, um westlichen Agenten und Provokateuren das Handwerk zu legen und den Ausverkauf der DDR zu beenden, behauptete die DDR-Propaganda. Kein Wort davon, dass die Maßnahmen in Abstimmung mit der sowjetischen Führung von langer Hand vorbereitet wurden, um die Massenflucht aus der DDR zu stoppen. Mit der Umschreibung der Mauer als Bollwerk gegen Faschismus, westdeutsche Agenten- und Verbrecherorganisationen und als Mittel zur Unterbindung von Menschenhandel versuchte die DDR, ihre Maßnahmen zu legitimieren. Bis zum Fall der Mauer am 9. November 1989 wurde nichts unterlassen, der Kritik an den Sperrmaßnahmen mit dem Hinweis, sie hätten den Weltfrieden gerettet, zu begegnen.

Dank ausgeklügelter Signal- und Selbstschussanlagen, Sperren und Minenfelder erlaubte die nach und nach zur High-Tech-Grenze ausgebaute und von unzähligen schwer bewaffneten Soldaten bewachte Anlage praktisch kaum noch ein Durchkommen. Obwohl die DDR wirtschaftlich am Boden lag, wurden Unsummen zur technischen Aufrüstung des todbringenden Sperrgürtels ausgegeben. Ziel war es, Flüchtlinge schon im Vorfeld abzufangen und so Schüsse zu vermeiden. Denn nichts schadete so sehr dem internationalen Ansehen der DDR als Bilder von Toten und Verwundeten an ihrer Grenze. Nach neuesten Berechnungen kamen an der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze mindestens 250 Menschen durch Erschießen und auf andere Weise ums Leben. Kaum zu zählen sind die Menschen, denen die Flucht nicht gelang und die für Jahre ins Gefängnis kamen.

Spur führt in Steuerparadiese

Seit vielen Wochen gibt es Streit um die Zukunft des Checkpoint Charly, des berühmtesten aller Grenzübergänge in Berlin. Ein Investor namens Trockland will das Areal rund um den seit Ende September 2018 unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Übergang an der Kreuzung Friedrichstraße/Zimmerstraße in Berlin neu bebauen und mit Hotels, teuren Wohnungen und Läden besetzen, ergänzt durch ein Mauermuseum. Allerdings ist Trockland wegen seiner dubiosen Hintermänner ins Gerede gekommen. Die Spur führt in die Steuerparadiese Luxemburg und Liechtenstein, aber auch zu Angehörigen des verstorbenen turkmenischen Präsidenten Saparmurat Niyazov, der eine halbe Milliarde Dollar veruntreut haben soll. Da befürchtet wird, dass am Checkpoint Charly kriminelle Gelder gewaschen werden könnten, sieht der Senat keine Basis mehr für eine Zusammenarbeit mit Trockland und zieht alles, was mit dem historischen Ort zu tun hat, an sich.

Während die Wogen um den früheren Brennpunkt des Kalten Krieges und an der bekannten Schnittstelle zwischen Ost und West hoch schlagen, treffen sich hier täglich tausende Touristen, angelockt durch Einträge in Reiseführern und auf Internetseiten. Sie kaufen in Läden an der Friedrichstraße und Zimmerstraßen Trödel, Krempel und Mauerkitsch und fotografieren sich gegenseitig an einem dem Original nachempfundenen Häuschen, in dem Passierscheine abgestempelt wurden. Sie posieren vor Schildern mit Hinweisen in schwarzer Schrift, dass man an dieser Stelle den amerikanischen Sektor von Berlin verlässt. Manche Besucher kaufen bei fliegenden Händlern Pelzmützen und Orden aus den Beständen der Roten Armee oder Matroschkapuppen mit Gorbatschow-Gesicht aus oder kaufen im Laden winzige Mauerbrocken und Kaffeetassen mit Hinweisen auf die Berliner Mauer. So nah wie möglich am Unrecht

Die meisten Leute dürften kaum wissen, was sich an dieser Stelle zwischen 1961 und 1989 abgespielt hat. Ob sie etwas mit den Fotos von damals in einer Freiluftausstellung anfangen können, die die Nahtstelle zwischen Nato und Warschauer Vertrag als leer geräumte, schwer bewachte Fläche zeigen, in der Autos hin und her kurven und wo sich Grenzsoldaten und Polizisten misstrauisch beäugen? Um sich zu informieren, finden sie in dem gleich nach dem Bau der Mauer am 13. August 1961 gegründeten und am 19. Oktober 1962 eröffneten Museum am Checkpoint Charly alle notwendigen Fakten. "So nahe wie möglich am Unrecht sein, dort entfaltet sich die menschliche Größe am stärksten", sagte vor vielen Jahren Gründer Rainer Hildebrandt. In der Ausstellung sind originale Objekte von gelungenen Fluchten, ein Heißluftballon, ein Mini-U-Boot, Autos, Flugzeuge und andere Hilfsmittel zu sehen. Hier haben Fluchthelfer ihre Aktionen geplant, für viele war das Museum "die letzte Insel der Freiheit vor der Grenze". Flüchtlinge und Fluchthelfer übergaben solche Objekte und weitere Gegenstände dem Museum, das in einer kleinen Wohnung eingerichtet wurde, mit den geschichtlichen Entwicklungen wuchs und heute eines der beliebtesten und am meisten besuchten Einrichtungen der Hauptstadt ist.

Nach den neuen Plänen des Senats soll ein neues Mauermuseum entstehen und von der westlichen auf die östliche Seite des Checkpoint Charlie verlegt werden. Inwiefern es sich von dem eben beschriebenen Museum unterscheidet und was es mehr bietet als dieses, ist bisher nur Spezialisten bekannt. An dieser Stelle wollte Trockland ein Hardrock-Hotel errichten, doch da die Planungen jetzt anders aussehen, sind alle bisherigen Überlegungen obsolet. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) begründete die Planungsänderung unter anderem mit Diskussionen, die es nach einem städtebaulichen Workshopverfahren vom Sommer 2018 gegeben hatte, und mit dem für das Areal erklärten Denkmalschutz. Auf die Frage, ob Berlin nicht einen Plan B für den Checkpoint Charlie brauche, antwortete sie so: "Wir brauchen keinen Plan B, sondern einen B-Plan, also einen Bebauungsplan, in dem festgeschrieben ist, welche Nutzung und welche Bebauung möglich ist." Der Bebauungsplan soll bis zum ersten Quartal 2020 vorliegen.

Als Planungs- und Genehmigungsbehörde könne sie sich nicht aussuchen, wer die Eigentümer sind, so Lompscher weiter. Grund dafür, dass es am Checkpoint Charly nicht weiter geht, sind die schwierigen Eigentumsverhältnisse, denn nach dem Mauerfall hatte das Land Berlin die Grundstücke am Checkpoint Charlie für umgerechnet 38,2 Millionen Euro verkauft. Statt der geplanten fünf Gebäudeblöcke für ein American Business Center wurden nur drei realisiert. Die übrigen Grundstücke landeten beim Insolvenzverwalter. Trockland erwarb die auf den Flächen lastenden Grundschulden und ließ sich als Erwerber im Grundbuch vormerken. Das Unternehmen ist Besitzer der Grundstücke, doch hat das Land Berlin für die freien Flächen ein Vorkaufsrecht. Allerdings wird die Ausübung dieses Rechts für das Land nach Auskunft der Finanzverwaltung sehr teuer werden.

Panoramagemälde von Yadegar Asisi

Seit Jahren ist vom Bau eines Museums des Kalten Kriegs die Rede. Doch tat sich bisher nicht viel. In der Zwischenzeit informierte eine Freiluftausstellung über die Konfrontation der bis an die Zähne bewaffneten Supermächte, die Gefahren atomarer Auseinandersetzungen sowie die Gründe, die am 13. August 1961 zum Bau der Berliner Mauer und am 9. November 1989 zu ihrem Fall führten. Außerdem lädt das von Yadegar Asisi gestaltete für das Panorama THE WALL/DIE MAUER zum Besuch ins geteilte Berlin vor über 30 Jahren ein. Asisi, der in der DDR aufwuchs und ab 1978 in Westberlin lebte, schildert mit seinem riesigen Rundgemälde den Alltag im geteilten Berlin. Das Panorama zeigt alternatives Leben der 1980er-Jahre in Kreuzberg, sowie besetzte Häuser, Wagenburgen und ein Streichelzoo. Das Leben damals in SO 36 prägen verlief völlig getrennt vom Leben in Ostberlin nur einen Steinwurf entfernt. Dazwischen erkennt man den Todesstreifen und die Grenzanlagen, die West und Ost, Bundesrepublik und DDR, Kapitalismus und Kommunismus getrennt haben.

Seit Jahren ist vom Bau eines Museums des Kalten Kriegs die Rede. Doch tat sich bisher nicht viel. Lediglich informiert eine Freiluftausstellung über die Konfrontation der bis an die Zähne bewaffneten Supermächte, die Gefahren atomarer Auseinandersetzungen sowie die Gründe, die am 13. August 1961 zum Bau der Berliner Mauer und am 9. November 1989 zu ihrem Fall führten. Außerdem lädt das von Yadegar Asisi gestaltete für das Panorama THE WALL/DIE MAUER zum Besuch ins geteilte Berlin vor über 30 Jahren ein. Asisi, der in der DDR aufwuchs und ab 1978 in Westberlin lebte, schildert mit seinem riesigen Rundgemälde den Alltag im geteilten Berlin. Das Panorama zeigt alternatives Leben der 1980er-Jahre in Kreuzberg, sowie besetzte Häuser, Wagenburgen und ein Streichelzoo. Das Leben damals in SO 36 prägen verlief völlig getrennt vom Leben in Ostberlin nur einen Steinwurf entfernt. Dazwischen erkennt man den Todesstreifen und die Grenzanlagen, die West und Ost, Bundesrepublik und DDR, Kapitalismus und Kommunismus getrennt haben.

11. Dezember 2018

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