Mars und Musen
Spätbarocke Siegeskolonnade schließt auf spektakuläre Weise hinter dem Neuen Palais den Park von Sanssouci ab





Der Kupferstich aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigt die 1769 eingeweihten Communs mit der sie verbindenden Siegeskolonnade. Darunter ein Blick auf die restaurierten, jetzt zur Universität Potsdam gehörenden Communs mit der Säulenhalle.





Auch hier eine Gegenüberstellung des Neuen Palais zur Zeit Friedrichs des Großen und der Gartenseite heute.



Viele mythologische Figuren am Neuen Palais sowie an den Communs und weiteren Gebäuden im preußischen Schlösserparadies wurden in den vergangenen Jahren durch Kopien ausgetauscht, zu erkennen an schwarzem und an hellem Sandstein.







Saniert und restauriert wurden die Prunksäle des Neuen Palais, oben der Grottensaal, darunter die Marmorgalerie und das Vestibül. Die Preußische Schlösserstiftung ist angesichts der Dimensionen des Sommerschlosses mit diesen Arbeiten noch lange nicht fertig, aber auf einem guten Weg. (Fotos/Repros: Caspar)

Im hinteren Teil des Parks von Sanssouci befindet sich ein großartiges Erinnerungsmal an den Siebenjährigen Krieg (1756-1763), das unter der Regentschaft Friedrichs des Großen errichtet wurde. Vor einigen Jahren befanden sich diese Säulenhalle und die mit prächtigen Treppen und grün patinierten Kuppeln geschmückten Communs mit vergoldeten Figuren obenauf noch in einem beklagenswerten Zustand. Die Preußische Schlösserstiftung hat die Bauschäden mit großer Anstrengung beseitigt und ließ auch manche Figuren und Dekorationselemente durch Kopien auswechseln, die man an hellem Sandstein schon von Weitem ausmachen kann. So zeigt sich die spätbarocke Schau- und Triumpharchitektur wieder in einem vorzeigbaren Zustand.

Friedrich II. hatte schon vor dem dritten und letzten Krieg um die zum Reich der Habsburger gehörenden Provinz Schlesien ein repräsentatives Schloss im Park von Sanssouci für sich und seine fürstlichen Gäste geplant. Dass Zeitgenossen und spätere Generationen sahen in dem Riesenbau und der kalten Pracht der Säle und Galerien einen unpraktischen "Kasten", was damit zu tun hat, dass es in der Zeit Friedrichs des Großen und danach die meiste Zeit leer stand und außerdem schon bald in Teilen reparaturbedürftig war. Im 19. Jahrhundert war das von 1763 bis 1769 erbaute Neue Palais mit seinen überaus prächtig ausgestatteten Sälen und Galerien, Appartements und Zimmern sowie den Unterkünften für die Hofgesellschaft und Dienerschaft eine von den Hohenzollern bevorzugte königliche und kaiserliche Sommerresidenz. Im Schlafzimmer starb am 15. Juni nach nur 99 Tagen Regentschaft Kaiser Friedrich III., der Vater von Wilhelm II. Wo sein Bett stand, hat man ein schwarzes Kreuz in den Boden eingelassen. Wenn Besucher danach fragen, wird ihnen das tragische Ende des so genannten 99-Tage-Kaisers geschildert.

Vergoldete Grazien tragen preußische Krone

Im Neuen Palais unterzeichnete sein Sohn Wilhelm II. am 31. Juli 1914 seine Verordnung über den Kriegszustand des Reiches. Damit trat Deutschland in den Ersten Weltkrieg ein, an dessen Ende der Kaiser abdanken und ins Exil gehen musste. Dem letzten deutschen Kaiser und seiner Familie diente das Neue Palais als Sommerresidenz, hier wurden wichtige Entscheidungen über Krieg und Frieden getroffen. Dem Monarchen und seiner Entourage stand der in der Nähe befindliche, prächtig ausgestattete Kaiserbahnhof zur Verfügung. Hier empfing der Monarch seine Staatsgäste, und von hier aus trat er von einem prächtig dekorierten Bahnhof seine vielen Reisen mit der Eisenbahn an, die ihm den Spitznamen Reisekaiser eintrugen. Das Neue Palais war das private Refugium des Kaiser und seiner Gemahlin Auguste Viktoria, die Öffentlichkeit hatte im Unterschied zu Schloss Sanssouci und der Gemäldegalerie in dem Riesenbau nicht.

Unübersehbar ist auf dem Neuen Palais die mächtige Kuppel, auf der drei vergoldete Grazien die preußische Krone tragen. Angeblich sollen sie drei mächtige Frauen darstellen, mit denen Friedrich II. im Krieg lag - die römisch-deutsche Kaiserin Maria Theresia, die russische Zarin Elisabeth und die Marquise de Pompadour, die Geliebte des französischen Königs Ludwig XV. Die königliche Küche und weitere Wirtschafsteinrichtungen, aber auch Unterkünfte für Angehörige des Hofes wurden in den Communs hinter dem Neuen Palais untergebracht. Diese pavillonartigen Wirtschaftsbauten von geradezu königlichem Zuschnitt mit repräsentativen Treppenanlagen und Kuppeln mit vergoldeten Figuren obenauf wurden durch einen unterirdischen Gang mit dem Neuen Palais verbunden. Pferdeställe und Unterkünfte für die Kutschen befanden sich in Gebäuden neben den Communs.

Denkmal für Siege im Siebenjährigen Krieg

Die 1766 bis 1769 nach Plänen von Carl von Gontard erbauten Communs werden jetzt von der Universität Potsdam genutzt. Verbunden sind sie durch eine halbkreisförmige Säulenhalle in korinthischer Ordnung. Mit diesem prächtigen Ensemble, das zu Unrecht ein wenig im Schatten des Neuen Palais und anderer Berühmtheiten im Park von Sanssouci steht und weit mehr als bloße Kulissenarchitektur ist, findet der Schlosspark einen ebenso aufwändigen wie dekorativen, aber auch inhaltlich aussagestarken Abschluss. Da Friedrich II. nichts ohne Zweck tat, ließ er die Kolonnade nicht nur als "Point de vue", sondern auch als Denkmal für die preußischen Siege im Siebenjährigen Krieg gestalten. Ein Triumphtor in der Mitte des Säulenganges bildet den Blick- und Höhepunkt der Anlage. Auf sie laufen, ausgehend von zwei Pavillons mit Obelisken obenauf, die gebogenen Säulenreihen zu. Die Jahreszahl MDCCXIX (1769) verweist auf das Ende der Bauarbeiten an den Communs und der Kolonnade. Eine ausdrücklich auf Preußens Kriege und Siege bezogene Widmung fehlt. Erst bei genauem Hinsehen erschließt es sich dem Betrachter, dass der Säulengang sowohl ein Sieges- als auch ein Friedensdenkmal ist.

Die von den Brüdern Räntz, Kaplunger, Wohler und anderen Bildhauern ausgeführten Skulpturen korrespondieren mit dem Figurenschmuck an der Hofseite des Neuen Palais. Das Siegesdenkmal ist bedeckt mit figürlichen Anspielungen in antikisierender Kostümierung auf die Taten Friedrichs des Großen, der weder durch eine Inschrift, wie in der Barockzeit üblich, erwähnt noch leibhaftig dargestellt ist. Statt seiner ist die königliche Krone überall präsent. Kriegs- und Friedensgötter aus der antiken Mythologie wie Mars, Pallas Athene und Victoria sowie geflügelte Genien und niedliche Putten bedecken das Bauwerk. Interesse verdienen Reliefs mit römischen Soldaten beim Tanz und als Musiker beim Spiel auf Blasinstrumenten. Im Kontrast dazu erkennt man auf anderen Reliefs blutige Kampfesszenen. So werden Preußens Kriege und die Anstrengungen seines Königs, Frieden und Wohlstand zu gestalten, durch mythologische Allegorien zwischen Mars und Musen verherrlicht.

Feldherr und Friedensfürst

Unausgesprochen, aber unübersehbar ist die Kolonnade als Denkmal für Friedrich II., den Feldherr und Friedensfürst, gestaltet. In ihrem Buch über das Neue Palais in Potsdam (Akademie-Verlag Berlin 1991) stellen Horst Drescher und Sibylle Badstübner-Gröger mit Blick auf das Bildprogramm der Communs und die Kolonnade fest, die Penetranz der architektonischen wie der dekorativen Formen lassen diese Baugruppe eher als eine "Fanfanronnade" erscheinen als das Neue Palais, das Friedrich II. etwas verächtlich selber so nannte. "Während am Neuen Palais königliche Repräsentation ,verschlüsselt', d. h. verallgemeinert dargestellt wird, verherrlicht das dekorative Programm von Kolonnade und Communs unverhohlen preußischen Machtanspruch und absolutistisches Herrschertum. Die militärischen und politischen Erfolge Friedrichs II. im Siebenjährigen Krieg werden hier glorifiziert, und damit sollte dem historischen Anlass seine Sinngebung und eine Rechtfertigung vor einer allgemeingültigen Weltordnung seines Zeitalters verliehen werden".

Die Kolonnade, eine der aufwändigsten Bildhauerarbeiten der Zeit Friedrichs des Großen, und die seitlichen Communs wurden in den vergangenen Jahren umfassend restauriert. Dazu gehörten die Reinigung des Sandsteins und die Auswechslung der maroden Figuren, aber auch die Abdichtung der Dächer, Fugen und Rinnen, so dass Regen und Schnee dem Bauwerk nichts mehr anhaben können. Die Communs waren nichts anderes als palastartig gestaltete Wirtschaftsgebäude und enthielten auch die Schlossküche. Bis zum Ende der Monarchie in der Novemberevolution 1918 haben Bedienstete köstliche Speisen und Getränke durch einen unterirdischen Gang ins Neue Palais getragen. In der Ausstellung "Kaiserdämmerung" werden die Stufen dorthin gezeigt.

20. Juni 2018

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