Eine Stadt und zwei Schlösser
Was Freyenstein unweit von Wittstock an Zeugnissen uralter Baukunst zu bieten hat



Wer genauer die Geschichte von Freyenstein und der Region kennenlernen will, kann sich in der Schlossbibliothek informieren, die im Neue Schloss untergebracht ist. Um 1620 ging der Besitz der Familie von Rohr an die Familie von Winterfeldt über.





Der Terrakottaschmuck aus der Renaissance an der Fassade des Alten Schlosses ist eine besondere Kostbarkeit und in dieser Gegend auch selten



Statius von Düren hat im 16. Jahrhundert unter anderem den Fürstenhof in Wismar mit seinen prächtigen Formsteinen und Reliefs aus roter Terrakotta verziert. (Fotos: Caspar)

Die kleine Stadt Freyenstein zeigt sich, zu Wittstock gehörend, in einem teilweise jammervollen Zustand. Beim Besuch fühlt man sich angesichts mancher verfallener, unbewohnter Häuser an Zustände von vor 30 Jahren zurück versetzt, als Häuser und Straßen in Städten und Dörfern der DDR nur unzureichend instand gehalten werden konnten, weil Geld und Baumaterial, aber auch der politische Wille fehlte, sie in einen wohnlichen und vorzeigbaren Zustand zu versetzen. Freyenstein wäre ein wunderbarer Touristenmagnet, kann die Stadt doch mit der frühgotischen Pfarrkirche und zwei Schlössern in einem schönen Park aufwarten.

Zwischen Wittstock und Meyenburg gelegen, wurde der Ort anno 1263 erstmals als "Vrigenstene" urkundlich erwähnt. Das Gesicht der von kriegerischen Auseinandersetzungen und anderen Katastrophen betroffenen Stadt ist von einem regelmäßigen Straßenraster mit den geschlossenen Häuserzeilen geprägt. Hinter großen Toreinfahrten der Wohnhäuser befinden sich Wirtschaftshöfe mit Nebengebäuden und Ställen. Um Stadtbrände zu vermeiden hat man die großen Scheunen an den Ortsrand verlegt. Die meisten wurden in DDR-Zeiten abgerissen, nur wenige dieser Wirtschaftsbauten sind noch erhalten. Anfang der 1950er Jahre wurde in Freyenstein eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) gegründet, die nach der Wiedervereinigung Deutschlands in eine Agrargenossenschaft umgewandelt wurde. Vielfältige geschichtliche Ereignisse haben Freyenstein und seine Einwohner geprägt, die für den Erhalt des Ortes und seine Verschönerung kämpfen und Erfolge vorweisen können. Aus Wittstock kommend, erreicht man zunächst das baulich mit dem Wittstocker Tor verbundene Neue Schloss. Erbaut wurde das so genannte Feste Haus um 1564/65 von Dietrich von Rohr. Dass es mehrfach verändert wurde, ist gut am Gemäuer zu erkennen, das sich "roh" zeigt, also keinen schützenden Putz besitzt und daher besonders interessant ist. Umfassend restauriert, ist im Neuen Schloss eine Besucherinformation eingerichtet, das als Ausgangspunkt für alle touristischen Erkundungen quer durch die Stadt und darüber hinaus dient. In der Großen Hofstube finden Tagungen, Konzerte und Lesungen, aber auch Trauungen statt.

Berühmte Adelsfamilie

Wenige Schritte von dem Neuen Schloss entfernt erhebt sich in einem mit alten Bäumen bestandenen Park das Alte Schloss, errichtet um 1556 als Dreiflügelanlage von Conrad von Rohr vermutlich auf den Fundamenten einer mittelalterlichen Wasserburg. Vertreter der berühmten Adelsfamilie haben an unterschiedlichen Stellen den Hohenzollern und dem brandenburgisch-preußischen Staat gedient. Theodor Fontane schrieb im ersten Band seiner "Wanderungen durch die Mark Brandenburg": "Die Geschichte der Rohrs schreiben wollen, hieße mittelbar eine Geschichte Brandenburg-Preußens schreiben. Bei Leuthen, Lipa, Leipzig, / An der Katzbach und an der Schlei, / Von Fehrbellin bis Sedan, - Ein Rohr war immer dabei. Sie sind eiserner Bestand in den Ranglisten der Armee, zu allen Zeiten mit einem Dutzend Lieutenants und Capitains vertreten." Der Romancier bescheinigt ihnen, sie seien verschieden an Gaben und Verdienst gewesen, "aber in drei Eigenschaften einig: gütig, tapfer, loyal."

Da sich die Familie von Rohr finanziell übernommen hatte, verkaufte sie um 1620 den Besitz an die Familie von Winterfeld. Schon damals war der Zustand des Alten Schlosses, auch Burg genannt, schlecht. Um 1677 wird es bei der Besitzübertragung an die Familie von Hahn als verwüstet und fast unbrauchbar beschrieben. Als Brauhaus und Branntweindestille genutzt, verschlechterte sich sein Zustand immer mehr, so dass es Schloss zerfiel. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte das Alte Schloss wieder in den Blick der Bewohner Freyensteins, und so konnten der noch erhaltene Treppenturm sowie Teile des Westflügels in den 1960er und 1970er Jahren gerettet und restauriert werden. Leider ist von der ursprünglichen Inneneinrichtung des Baus ist heute nichts mehr vorhanden.

Originale und Nachbildungen

Die Medaillons und Reliefs sind Werke des berühmten Lübecker Künstlers Statius von Düren, der überall in Norddeutschland, so in Gadebusch, Lübeck, Schwerin, Stralsund, Wismar und an anderen Orten tätig war und Hausfassaden mit seinen Formsteinen und Bildnisplatten aus rot gebrannter Terrakotta verziert hat. Die Terrakotten gliedern einzelne Stockwerke und schenken der Außenwand ein repräsentatives Aussehen. Zu sehen sind Bildnisse von Männern und Frauen. Ein Medaillon trägt die Inschrift "Hector vod Roi" und meint den Bauherrn Conrad von Rohr. Die meisten Terrakotten sind Nachbildungen, die die bekannte Künstlerin Hedwig Bollhagen nach alten Vorlagen und Fotografien angefertigt hat.

Ausgrabungen in den 1980-er Jahren brachten Kellerreste der mittelalterlichen Stadtanlage zum Vorschein und erlaubten, den ungefähren Umriss des historischen Freyenstein zu rekonstruieren. Durch ihre Größe und den regelmäßige Anlage gehört die heutige Stadtwüstung zu den bedeutendsten archäologischen Bodendenkmälern in Deutschland. Aufgrund der guten Erhaltungsbedingungen und des hohen wissenschaftlichen Wertes wurde in der Altstadt von Freyenstein ein archäologischer Park angelegt, in dem man etwas über Stadtplanung und Stadtentstehung im Mittelalter erfahren kann. Neben originalen Baubefunden in einem besonderen Steinkeller sind Grundrisse weiterer Keller sowie das Straßenraster gekennzeichnet und erlebbar. Der Archäologische Park Freyenstein ist als Denkmal mittelalterlicher Siedlungsgeschichte Teil der "Zentralen Archäologischen Orte" im Nordwesten des Landes Brandenburg. Mit fünf weiteren zeitgeschichtlich bedeutenden Orten gehört die Stadt Freyenstein zu der Gruppe der "Zeitschätze Prignitz" und bietet kulturinteressierten Besuchern einzigartige Einblicke in die Geschichte.

30. Juli 2018

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