Kaiserliche Hof- und Ehrengeschenke waren nicht jedermans Geschmack
Palette reichte von handsignierten Fotos Wilhelms II. bis zu teuren Vasen der Königlichen Porzellanmanufaktur







Wenn sich Wilhelm II. bei Hof- und Kostümfesten in Szene setzen wollte, wurden keine Mühen und Kosten gescheut. Das gilt auch für Erzeugnisse der KPM Berlin. Üppig dekoriert und mit dem Bildnis des Kaisers geschmückt, war eine solche Prunkvase in einer Ausstellung des Deutschen Historischen Museums zur deutschen Kolonialpolitik zu sehen.



Kaiserin Viktoria auf dem Foto in der Mitte, die sich nach dem Tod ihres Mannes Friedrich III. 1888 "Kaiserin Friedrich" nannte, musste für einen kostbaren Schrank noch einen stattlichen Betrag beisteuern, dabei war das Möbelstück doch ein Geschenk an die Mutter Wilhelms II. (3. von links).





Die als Ehrengeschenk Wilhelms II. an die Stadt Berlin deklarierte Siegesallee wurde von vielen Menschen als teure Zumutung empfunden. Die Reste der "Puppenallee" kann man heute in der Spandauer Zitadelle besichtigen. (Fotos/Repros: Caspar)

Wenn Kaiser Wilhelm II. fürstliche Geschenke an Familienmitglieder und ausländische Potentaten verteilte, ging es in der Regel preußisch-spartanisch zu. Die Spanne reichte von einer fünf Mark teuren Reproduktion seines Konterfeis, das er dem italienischen König übersandte, über Ölgemälde mit Kaiserbildern und Prachtbänden, die durch eigenhändige Widmungen "geadelt" wurden, bis zu aufwändigen Services aus der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin (KPM), Silberpokalen und gelegentlich auch Schmuck. Bessere Staatsgeschenke konnten schon mal ein paar tausend Mark kosten. Im kaiserlichen Gabenkorb lagen silberne Zigarettenetuis für den Zaren Nikolaus II. und Vasen für den Kaiser von China, aber auch bemalte Bleisoldaten für die noch minderjährige Königin Wilhelmina der Niederlande, was die etwas indignierte Rückantwort nach Berlin bewirkte, die junge Dame fange an groß zu werden, habe aber noch viel Interesse "an dergleichen Dingen". Wilhelmina nahm das merkwürdige Geschenk dem Kaiser nicht übel, im November 1918 war sie es, die ihm nach seiner Flucht aus Deutschland in den Niederlanden 1918 Exil gewährte.

Am Berliner und Potsdamer Hof war genau festgelegt, welche Aufmerksamkeiten und Geldgeschenke Familienangehörige zu Weihnachten und zu Geburtstagen bekamen. Vierstellige Summen wurden kaum ausgegeben. Wurden einmal höhere Beträge angewiesen, mussten die Beschenkten mitunter in die eigene Tasche greifen und Fehlendes zuschießen, damit die Summe zustande kam. So erging es der Mutter Wilhelms II., Kaiserin Friedrich. Die Tochter der englischen Königin Viktoria, die mit ihrem Sohn erhebliche Differenzen hatte, bekam Probleme mit einem Autographenschrank, der noch vom 99-Tage-Kaiser Friedrich III. bestellt worden war, aber erst nach dessen Tod (1888) vollendet wurde. Das einem Münzenschrank Friedrichs des Großen im Potsdamer Neuen Palais nachgestaltete Möbelstück für die Handschriftensammlung des an Kehlkopfkrebs früh verstorbenen Monarchen kostete 4500 Mark und überstieg bei weitem jene 900 Mark, die Ihrer Majestät vom nunmehr regierenden Sohn zu Weihnachten zugestanden wurden. Also war die Kaiserinmutter genötigt, den Restbetrag selber zu bezahlen. Als das edle Geschenk, das eigentlich keines war, endlich angekommen war, bestätigte sie den Empfang mit der trocknen Bemerkung "Maj. dankt für Zusendung". Der eigenartige "Geschenkvorgang" hatte mit der Abneigung zu tun, die Mutter und Sohn gegeneinander hegten.

Eitelkeiten kosteten viel Geld

Bei anderen aus der Privatschatulle finanzierten Geschenken schaute Wilhelm II. weniger aufs Geld, riskierte gar Verluste. Vor allem flossen dann hohe Summen, wenn es um staatliche Repräsentanz und Selbstdarstellung ging, wenn seine persönlichen Eitelkeiten etwa bei der Beschäftigung dutzender Hoffotografen und -maler sowie Uniformschneider befriedigt werden mussten. Der Gerechtigkeit halber sei gesagt, dass der Kaiser viel privates Geld in die Förderung der Wissenschaft und der Königlichen Museen zu Berlin steckte, allerdings nur dorthin, wo es ihm genehm und politisch opportun erschien. Im Jahre 1895 etwa ließ Wilhelm II. die Stadt Berlin wissen, er wolle ihr einen "bleibenden Ehrengeschmuck", die aus 32 Marmorfiguren bestehende Siegesallee, zur Erinnerung an die ruhmreichen Fürsten der Mark Brandenburg und Preußens stiften und die Kosten der Gesamtausführung auf seine "Schatulle" nehmen. "Ich gebe mein Geld aus, um für Mein Volk etwas zu schaffen und Kunstwerke herzustellen, an denen es Freude hat", war des Kaisers Grundsatz. Und in diesem Sinne förderte er neben den ihm genehmen und ergebenen Künstlern, die gelegentlich auch dilettantisch aufs Papier geworfene Skizzen ins Reine zeichnen mussten, auch die Königliche Porzellanmanufaktur, die sein Vorfahre Friedrich der Große 150 Jahre zuvor zur Belieferung vor allem des eigenen Hofes und zur Fertigung teurer Staatsgeschenke an befreundete Monarchen erworben hatte, und gründete auf seinem Gut Cadinen in Westpreußen eine Majolikamanufaktur. Ihr entstammen manche fürstlichen Geschenke - bunt emaillierte Plaketten mit Kaiserköpfen, Blumenkübel und Wandbilder. Dass der Betrieb aus des Kaisers Tasche subventioniert werden musste, störte den Monarchen nur wenig. "Schadet nichts, es wird schon Früchte tragen. Ich bin immer der Meinung, dass reiche Leute mit ihrem Gelde etwas schaffen sollen, woran andere Freude haben", soll er auf Einwände geantwortet haben, dass die Cadiner Manufaktur ihm wohl noch bedeutende Summen kosten werde. Was man bei "Kaisers" für schenkenswürdig hielt, hat Margarete Jarchow 1998 in ihrem Buch "Hofgeschenke - Wilhelm II. zwischen Diplomatie und Dynastie 1888 - 1914" dokumentiert. Das Buch erschien 1998 in Hamburg bei Dölling und Galitz, hat 257 Seiten und zahlreiche Abbildungen.

Kitschiges Porzellan aus der KPM

Von einem Herrscher wie dem letzten deutschen Kaiser war nicht zu erwarten, dass er zeitgenössische Kunst durch Aufträge fördert. Fest davon überzeugt, dass das, was die Impressionisten und Sezessionisten in Deutschland, Österreich, Frankreich und anderswo schaffen, nichts anderes als "Rinnsteinkunst" ist, verdammte er in Bausch und Bogen die Moderne. "Wenn nun die Kunst, wie es jetzt vielfach geschieht, weiter nichts tut, als das Elend noch scheußlicher hinzustellen, dann versündigt sie sich am deutschen Volke." Kunst solle erheben und nicht in den "Rinnstein" niedersteigen. Wer wie die Königliche Porzellanmanufaktur in Berlin vom Kaiser abhängig war, weil die wichtigsten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, wie wir heute sagen würden, zur Herstellung kitschiger und protzig aufgeputzter Ehrengeschenke von ihm ausgingen, vermied jedes künstlerisches Experiment. Technisch brillant aber künstlerisch tot sind die Riesenvasen und Tafelaufsätze, mit denen die KPM friderizianisches Rokoko nachahmte und durch noch mehr Blüten und Rocaillen zu übertrumpfen suchte. Dem Kaiser gefielen diese Anleihen an bewährte Vorbilder, und so nehmen gerade Porzellane mit Hohenzollernbildnissen und Schlossansichten bei den Hofgeschenken einen oberen Rang ein.

Als die Kaiserherrlichkeit vorbei war, mochte keiner mehr die überladenen Keramiken sehen. Vieles verstaubt seither in Schloss- und Museumsdepots. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten will im Neue Palais im Park von Sanssouci, das 30 Jahre lang die Lieblingssommerresidenz Wilhelms II. und seiner Familie und darüber hinaus wichtiger politischer Vorgänge und Entscheidungen war, nach und nach auch an diese Periode erinnern. Zu diesem Zweck wird sie ganz bestimmt auch manche Stücke aus der Kaiserzeit zeigen und damit auch den Besuchern vorführen, was man für würdig hielt, als Hofgeschenke in ferne Länder entsandt zu werden.

25. Juli 2018

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