Die berühmte Granitschale auf dem Lustgarten ist keiner Person und keinem besonderen Ereignis gewidmet. Dennoch hat man die in sieben Jahren, zwischen 1827 und 1834, geschaffene Großplastik als ein Denkmal vaterländischer Rückbesinnung und als Wunderwerk der Steinbearbeitung gefeiert. In dem 1834 erschienenen "Neuesten Conversations-Handbuch für Berlin und Potsdam" schrieb Leopold von Zedlitz, das "wahre Meisterstück" reihe sich an die verschiedenen Kunstdenkmäler der Hauptstadt an. In der Tat, das tonnenschwere Werk, das nach seiner groben Bearbeitung in den Rauenschen Bergen bei Fürstenwalde per Schiff nach Berlin gebracht und dort vollendet wurde, sucht seinesgleichen, hat keine Vorbilder und keine Nachfolger, zumindest was Größe und Gewicht betrifft.
In dem Lexikon wird erwähnt, man habe die Schale, "zu deren Bearbeitung es großartige Vorbereitungen erfordert hatte, … auf einem besonders dazu erbauten Gerüst und auf einem durch den Forst zu diesem Zweck gehauenen Weg auf ein Schiff transportiert". Die "seltsame Ladung" traf am 9. November 1828 nach langer, beschwerlicher Reise am Kupfergraben ein, nicht weit vom vorgesehenen Aufstellungsort, und wurde dann "mit Hülfe einer Dampfmaschine in einem zu diesem Behuf, in der Nähe des neuen Packhofes, besonders gebauten Hause" vollendet und poliert. Dies geschah unter der Leitung des Berliner Bauunternehmers und königlichen Bauinspektors Gottlieb Christian Cantian, der zeitweilig bis zu einhundert Personen nur für die Bearbeitung und den Transport der Schale einsetzte. Das rötlich schimmernde Kunstwerk war eine große Herausforderung für Cantian und seine Mitarbeiter. Der Baufachmann besaß bis dahin nur Erfahrungen mit kleineren Objekten, etwa Denkmalssockeln oder Gefäßen aus Granit.
Als die gewaltige Schale unter der Leitung des Bauunternehmers und königlichen Bauinspektors Gottlieb Christian Cantian fertig gestellt war, zeigte sich, dass sie viel zu groß und zu schwer ist, um in dem mit antiken Figuren geschmückten Vestibül von Schinkels Altem Museum aufgestellt zu werden. So wurde entschieden, sie vor dem 1830 eingeweihten Säulenbau aufzustellen. In dem von Götterfiguren geschmückten Mittelraum der Rotunde des Museums hat man 1838 eine viereckige Malachitschale als Geschenk des russischen Zaren Nikolaus I. an König an Friedrich Wilhelm III. aufgestellt.
Die Politur der Granitschale haben Arbeiter mit Hilfe einer Dampfmaschine bewerkstelligt, die in einem eigens dafür errichteten Haus am Packhof in der Nähe des Kupfergrabens installiert wurde. Die große Suppenschüssel, wie die Berliner das Wunderwerk nannten, hat einen Durchmesser von knapp sieben Meter. Sie wurde 1934 im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Lustgartens als Aufmarschplatz der Nationalsozialisten in die Anlagen nördlich des Doms versetzt. Dort überstand sie den Zweiten Weltkrieg, musste aber Beschädigungen hinnehmen. Zum 200. Geburtstag von Karl Friedrich Schinkel 1981 hat man die beschädigte Schale restauriert und vor dem Museum am alten Ort aufgestellt, wo sie bewundernde Blicke zahlloser Museumsbesucher und Berlin-Touristen auf sich zieht und gern auch fotografiert wird.
Ehrung für mutige Widerstandskämpfer
Vorn am Lustgarten steht ein Gedenkstein von 1981 mit dem Motto "Für immer in Freundschaft mit der Sowjetunion verbunden". Er stammt von dem Bildhauer Jürgen Raue und erinnert an den jüdischen Widerstandskämpfer Herbert Baum, nach dem in Weißensee eine auf den jüdischen Friedhof zulaufende Straße benannt ist, und seine Gruppe. In der Nacht vom 17. zum 18. Mai 1942 hatten die jungen Männer und Frauen die im Lustgarten aufgebaute Nazi-Schau "Das Sowjetparadies" in Brand gesteckt, mit der der Überfall der deutschen Wehrmacht auf die UdSSR knapp ein Jahr zuvor ideologisch gerechtfertigt und Kriegsbegeisterung angefacht werden sollte. Das Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes Baum wurde in der Untersuchungshaft von den Nazis ermordet, 26 Mitglieder seiner Widerstandsgruppe wurden 1942 und 1943 hingerichtet. Nach dem Ende der DDR kam der schlichte Würfel ins Gerede, es wurde sogar seine Beseitigung im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Lustgartens gefordert. Dazu kam es nicht. Da der Stein keine anstößige Propaganda enthalte oder ein unhaltbares, verfassungsfeindliches Symbol trage, sei nicht an eine Beseitigung oder Verbannung an einen unauffälligen Ort nicht gedacht, hieß es im Bezirksamt. So bekam der Stein an zwei Seiten zusätzliche Glastafeln, auf denen die Hintergründe der Aktion gegen die Naziausstellung erläutert und die Mitglieder der Baum-Gruppe genannt werden.
Bevor vor einigen Jahren die Neugestaltung des Lustgartens in Angriff genommen werden konnte, wurden zahlreiche Bäume gefällt, die den Platz an der Spree- und Domseite einfasst hatten. Die von Umweltschützer heftig bekämpfte Aktion wurde von der Umweltverwaltung mit dem Argument gerechtfertigt, die Bäume seien durch Umwelteinflüsse stark geschädigt, außerdem würden neue angepflanzt, was dann auch geschah. Etwa zeitgleich wurde das Areal von Archäologen inspiziert. Sie gruben unter anderem die Fundamente des bronzenen Reiterdenkmals Friedrich Wilhelms III. aus, das nach Modellen des Bildhauers Albert Wolff in Lauchhammer gegossen und 1871 vor dem Alten Museum aufgestellt worden war. Im Erdreich wurden Zuleitungen für einen Springbrunnen gefunden, der bei der Umgestaltung des Lustgartens als Aufmarschplatz für Nazikundgebungen beseitigt wurde. Ein aus ineinander verschränkten Steinplatten neu gebildeter Brunnen markiert die Stelle, an der das riesige Reiterdenkmal stand, das nach dem Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen wurde. Lediglich zwei allegorische Figuren vom Sockel, welche Clio, die Muse der Geschichtsschreibung, und einen Mann darstellen, der die Wissenschaft verkörpert, haben überlebt und fanden Asyl neben der Nikolaikirche.
29. Mai 2018
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