Schutz und Schmuck
Die barocke Residenz- und Garnisonstadt Potsdam wurde von Mauer und repräsentativen Eingänge gesichert / Stadtkanal heute ohne Wasser





Am Potsdamer Jägertor traf sich Friedrich Wilhelm I. mit seinen Jagdfreunden, auf dem Gemälde aus der Zeit des Soldatenkönigs ssind dazu Soldaten angetreten. Das Tor steht frei auf einer kleinen Verkehrsinsel.



Wie ein römischer Triumphbogen gestaltet steht das Brandenburger Tor auf dem Luisenplatz. Besucher des Parks Sanssouci kommen hier vorbei.



Das Nauener Tor wurde im 18. Jahrhundert in neogotischen Formen erbaut und erhielt im 19. Jahrhundert seine heutige Gestalt.





Der Potsdamer Stadtkanal war früher einmal ein fließendes Gewässer, auf dem Kähne fuhren und an dem ein reges Geschäftsleben herrschte. Davon berichten alte Fotos und Gemälde. Heute ist die ehemalige Gracht heute nur noch als ein trockner, mit Gras bewachsener Graben zu erkennen. Überquert wird der Kanal mit neuen Brücken, die die aus der Barockzeit stammenden, mit Steinfiguren geschmückten Brücken ersetzt haben.



Das Foto zeigt die barocke, durch "angepasste" Neubauten ergänzte Randbebauung an der Straße Am Kanal sowie gegenüber parkende Autos dort, wo früher Wasser durch den Kanal geflossen ist. Das Foto rechts von 2009 zeigt Reste an der Straße Am Kanal. (Fotos/Repro: Caspar)

Um den in der preußischen Residenz- und Garnisonstadt Potsdam oft gegen ihren Willen stationierten Soldaten die Flucht zu erschweren, befahl der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. um 1722 den Bau eines Palisadenzauns, der 1733 durch eine vier Meter hohe Mauer ersetzt wurde. Unterbrochen wurde diese Umgrenzung durch mehrere Tore. Der älteste Bau dieser Art ist das mit der Jahreszahl 1733 versehene Jägertor in der Hegelallee. Benannt nach der bekrönenden Figurengruppe mit Jagdhunden, die einen Hirsch angreifen, steht das Tor seit dem Abriss der Stadtmauer und der flankierenden Torbauten, in denen Wachsoldaten alle Passanten kontrollierten, im Jahr 1868 frei. Die Dekoration des Jägertors erinnert an die Jagdleidenschaft des königlichen Bauherren, der auf dem Gelände eines früheren Gerichts und heutigen Justizzentrums einen Fasanengarten besaß und von dem Tor aus mit seinen Jagdfreunden zur Pirsch in ein Waldgebiet außerhalb von Potsdam ausritt.

Das Neustädter Tor aus der Zeit Friedrichs des Großen existiert in der Breiten Straße nur noch in Gestalt eines mit nachempfundenen ägyptischen Hieroglyphen geschmückten Obelisken. Der zweite Obelisk dieses von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff gestalteten Ein- und Ausganges existiert nicht mehr. Beim Bombenangriff vom 14. April 1945 stark beschädigt, wurde das Neustädter Tor im Zusammenhang mit Plänen abgetragen, die Breite Straße (damals: Wilhelm-Külz-Straße) bis zur Zeppelinstraße (damals Leninallee) zu verlängern. Später hat man einen Obelisken an anderer Stelle zur Erinnerung daran neu errichtet, dass es an dieser Stelle ein Stadttor gegeben hat. Aus dem Stadtbild sind weitere Tore verschwunden, darunter das Berliner Tor am Beginn der in Richtung Glienicker Brücke verlaufenden Berliner Allee. Das Tor wurde 1752 auf Befehl Friedrichs des Großen von Jan Bouman nach dem Vorbild des antiken Sergierbogens im heute kroatischen Pula errichtet. Die Attika war mit vier Statuen von Johann Gottlieb Heymüller geschmückt und zeigte zwei Legionäre sowie die römischen Göttinnen Minerva und Bellona. Zwei Torhäuser für die Militärwache und die Steuerinspektion flankierten das Tor, das 1901 um einige Meter versetzt, um dem zunehmenden Verkehr Rechnung zu tragen. Der Bau wurde beim Bombenangriff vom 14. April 1945 beschädigt und 1951 als angebliches Verkehrshindernis abgerissen, wobei man das südliche Torhaus stehen ließ. Die wertvollen Attikafiguren befinden sich im Depot der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg.

Bau im neogotischen Stil

Eine für die Barockstadt Potsdam ungewöhnliche Form hat das Nauener Tor, welches den historischen Ausgang in Richtung Norden nach Nauen und Spandau gewährte. 1754/55 nach Angaben Friedrichs des Großen vom Architekten Johann Gottfried Büring erbaut und mit zwei bastionsartigen Rundtürmen versehen, ist es ein frühes Beispiel neogotischer Architektur in Preußen. 1867 bis 1869 wurde dieser Eindruck noch verstärkt, indem der Durchgang spitzbogig umgestaltet, die Torhäuser erhöht und alle Bauteile einheitlich mit einem Zinnenkranz versehen wurden. Die steingraue Farbfassung ist ungewöhnlich, entspricht aber dem Anstrich aus der Erbauungszeit Mitte des 18. Jahrhunderts. Statt der abgerissenen Stadtmauer verbindet heute eine Promenade das Nauener Tor mit dem Jägertor und Brandenburger Tor am Luisenplatz. Dieses Tor wurde 1770 als Stadtausgang in Richtung Westen und in das Schlösser- und Gartenreich Sanssouci in spätbarocken Formen errichtet, die Friedrich der Große so sehr liebte. Nach Plänen von Georg Christian Unger (Feldseite) und Karl von Gontard (Stadtseite) in der Art des Konstantinbogens in Rom errichtet, entfaltet das Brandenburger Tor eine für die friderizianische Zeit charakteristische reiche Figuren- und Wappenpracht. Über der mittleren Durchfahrt, die heute nur noch von Fußgängern und Radfahrern passiert werden kann, wird das gekrönte Preußenwappen mit dem schwarzen Adler darin von Figuren der antiken Götter Mars und Herkules flankiert.

Neben den Potsdamer Stadttoren gab es noch das in Vergessenheit geratene Teltower Tor, das nur aus zwei Torhäusern an der Langen Brücke bestand und mit deren Sprengung durch die Wehrmacht am Ende des Zweiten Weltkrieges zerstört wurde. Auch der Stadtkanal wurde durch zwei Zolltore begrenzt. Im Osten befand sich das 1945 beim britischen Bombenangriff zerstörte Kellertor, und im Westen das Kieztor, das nach der Trockenlegung des Kanals von der Bildfläche verschwand.

Stadtbildprägender Wasserlauf

Wie die Stadttore gehören auch Reste des Stadtkanals zu den Attraktionen der brandenburgischen Landeshauptstadt. Bei ihrem Anblick kann man ahnen, wie die in der Barockzeit von Ziegelmauerwerk eingefasste und von figurengeschmückten Brücken überspannte Gracht ursprünglich ausgesehen hat. Leider wurde kein Havelwasser in den freigelegten Abschnitt entlang der Yorckstraße geleitet, sondern eine Zeitlang nur Regenwasser. Um aus dem Kanal wie bis nach dem Zweiten Weltkrieg ein fließendes Gewässer zu machen, wären tiefer gehende Grabungen nötig, die aber nicht zu bewerkstelligen sind. Vielmehr wurde ein Stück Original-Kanal mit Kopfsteinpflaster bedeckt. So ist der stadtbildprägende Wasserlauf, der Potsdam seit dem 18. Jahrhundert durchquerte und lange ein bequemer, allerdings ziemlich schmutziger Verkehrsweg mit ein paar Fischen darin war, so weit wie möglich auszugraben und erlebbar zu machen.

Laut Bauverwaltung ist es schwierig, den im Zusammenhang mit der "sozialistischen Umgestaltung" der damaligen Bezirkshauptstadt Potsdam und der Schaffung neuer Grün- und Parkplatzflächen unkenntlich gemachten Wasserlauf zu rekonstruieren, denn es muss beachtet werden, dass seinerzeit zahlreiche Versorgungsleitungen in den Kanal gelegt wurden, für die neue "Betten" angelegt werden müssten. Dies würde die Wiederherstellung erheblich verteuern und wäre unfinanzierbar.

In der Yorckstraße sind die Mauerabdeckungen sowie die Stufen und Einfassungen aus hellem Sandstein erneuert. Sie kontrastieren zu den roten Ziegelwänden, die zum großen Teil noch erhalten sind. Hier mussten beträchtliche Flächen aus der Barockzeit nur neu verfugt und einige Ausbrüche neu gemauert werden. Gusseiserne Säulen und Geländer, die von Potsdamer Firmen und Institutionen finanziert wurden, lassen ahnen, wie der gesamte Kanal ursprünglich ausgesehen hat. Probeweise ist Zeit ein Stück Wand im Bereich des Straßenzugs "Am Kanal" etwas außerhalb der Innenstadt frei geschaufelt. Eine Gedenktafel erinnert an die wechselvolle Geschichte des Kanals. Bereits 1991, als man die städtebaulichen Missetaten der Ulbricht- und Honeckerzeit offen ansprechen konnte, hatte ein Gutachten festgestellt, die geschichtliche Bedeutung der Gracht liege vor allem im städtebaulichen Dokumentationswert einer unter holländischem Einfluß entstandenen planmäßigen Stadtanlage. "Das Bauwerk ist in seiner Geschlossenheit einmalig im ostdeutschen Raum und Bestandteil des zu bewahrenden Stadtgrundrisses". Der Kanal lege Zeugnis vom hohen technischen Niveau der Städteplaner seiner Zeit und ihrem Umgang mit Baugrund- und Grundwasserproblemen.

2. August 2018

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