Für Gott, König und Vaterland
Nach Kriegen hat man zur Erinnerung an große Schlachten und die Gefallenen zahllose Denkmäler errichtet, doch nur wenige blieben erhalten





In der Berliner Jebenstraße und Hauptstraße sowie vor dem Spandauer Rathaus (unteres Bild) und an anderen Orten nach dem Ersten Weltkrieg aufgestellte Denkmäler verschweigen die Schrecken der Kriege, sondern verleihen ihnen höhere Weihen.



Kriegerdenkmäler in Rheinsberg und anderen Städten haben mehr oder weniger gut gepflegt und unberührt seit dem 19. Jahrhundert die Zeiten überstanden. In der kleinen märkischen Residenzstadt gab man sich in der Weimarer Republik königstreu und zeigte den Preußenadler mit Krone, Schwert und Blitzbündel in den Klauen.



Das Gefallenendenkmal in Oranienburg ist ein Werk von Hermann Hosaeus und umschloss einst die Friedenseiche von 1818. Ursprünglicher Standort war der Schlossplatz, wo es 1996 als Denk- und Mahnmal neu aufgestellt wurde.





Aus den 1920-er Jahren stammt das Gefallenendenkmal in Woltersdorf (Landkreis Oder-Spree), ein Werk von Fidus, der hier wohnte und arbeitete. Seine mit Symbolen beladenen, sehr präzise ausgeführten Grafiken waren und sind nicht jedermanns Sache.



Beliebt waren Säulenhallen wie hier in Eberswalde mit rühmenden Inschriften. Nicht selten wurden die Namen der aus dem betreffenden Ort stammenden Kriegstoten in die Tafeln gemeißelt.



Häufig wurden in Herzfelde (Landkreis Märkisch-Oderland) un d an anderen Orten die Denkmale zur Erinnerung an die Einigungskriege des 19. Jahrhunderts nach dem Ersten Weltkrieg durch weitere Widmungen und Namen ergänzt.



Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben in der SBZ/DDR manche Erinnerungsstätten wie hier in Teschendorf (Landkreis Oberhavel) stehen und wurden umgewidmet, andere fielen kommunistischem Bildersturm zum Opfer. (Fotos: Caspar)

Wenn in den vergangenen zwei Jahrhunderten in Deutschland Kriege tobten, wurden zur Erinnerung an Schlachten und Tote zahlreiche Kriegerdenkmäler errichtet. Das ganze Land ist von ihnen übersät, und ihre Formen und Materialien sind vielfältig. Für Städte, Dörfer und patriotische Vereine war es eine Ehrensache, Geld für Gedenksteine und Erinnerungssäulen zu sammeln, denn die Hinterbliebenen wollten auf ihnen die Namen derer lesen, die für Gott, König und Vaterland auf dem "Feld der Ehre" geblieben sind, wie man die Schlachtfelder früher beschrieb. Nachdem der Zweite Weltkrieg in sein Ausgangsland, das Hitlerreich, zurückgekehrt war, hat man auf den Friedhöfen gesonderte Felder angelegt, auf denen die Opfer der Bombenangriffe bestattet wurden. Dazu kamen oft im Mittelpunkt einer Stadt oder eines Dorfes Gedenkstätten und Friedhöfe für die gefallenen Soldaten der Anti-Hitler-Koalition, von denen noch die Rede sein wird.

Neben den hier nicht näher erläuterten, aber sehr interessanten und aussagekräftigen Schrifttafeln aus Holz, Metall oder Stein, die man nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 und späteren militärischen Ereignissen in Kirchen und Rathäusern aufhängte, versehen mit Namen der Gefallenen und geschmückt mit dem 1813 von Friedrich Wilhelm III. gestifteten Eisernen Kreuz, gibt es im ganzen Land auch aufwändig gestaltete Erinnerungsmale - Türme und figürlich gestaltete Monumente, Hallen und Ehrenhaine. Eine ganze Gedenkstättenindustrie lebte davon, Kriegerdenkmäler zu errichten, und Architekten, Bildhauer und Steinmetze hatten alle Hände mit der Realisierung zu tun. Wenn ein örtliches Denkmalkomitee hinsichtlich der Gestaltung nicht mehr weiter kam, konnte es Rat bei eigens für diesen Zweck eingerichteten staatlichen Stellen einholen.

Zwischen Elbe und Oder

Die zwischen Elbe und Oder, Prignitz, Uckermark und Niederlausitz errichteten Kriegerdenkmäler sind kaum zu übersehen. Das sind zunächst Erinnerungsmale aus dem frühen 19. Jahrhundert für die Gefallenen Befreiungskriege von 1813 bis 1815. Hinter den Ehrungen stand der preußische König Friedrich Wilhelm III., der zu den Gewinnern dieser verlustreichen Auseinandersetzungen mit dem napoleonischen Frankreich gehörte. Er ließ an verschiedenen Orten Ehrensäulen aufstellen und bediente sich dabei als Gestalter seines obersten Baumeisters Karl Friedrich Schinkel. Dessen Plan, in Berlin einen Dom der Befreiung und andere großartige Denkmäler zu errichten, wurde nicht ausgeführt. Hingegen steht seit 1821 auf dem Berliner Kreuzberg das neogotische Kreuzbergdenkmal. Die in Nischen aufgestellten Symbolfiguren der von Preußen siegreich bestandenen Schlachten zwischen 1813 und 1815 tragen Gesichtszüge von Angehörigen des Hauses Hohenzollern und von bedeutenden Feldherren. Die Neue Wache Unter den Linden, heute zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland zur Erinnerung an die Opfer der Kriege und Gewaltherrschaft.

Die Berliner Schlossbrücke besitzt mit ihren Heldenfiguren ebenfalls Denkmalcharakter. Der klassizistische Brückenschmuck aus Marmor erinnert an Kampf und Sieg, Leben, Heldentod und Aufnahme der Gefallenen in den Olymp der Unsterblichen. Die Berliner Siegessäule ist den Einigungskriegen von 1864 gegen Dänemark, 1866 gegen Österreich und 1870/71 gegen Frankreich gewidmet, in deren Ergebnis das deutsche Kaiserreich unter Preußens Führung entstand. Sie zeigt, wie deutsche Heerführer mit König Wilhelm I. an der Spitze, ab 1871 Kaiser Wilhelm I., ihre Truppen gegen den französischen "Erbfeind" in Stellung bringen und sie bis zum letzten Blutstropfen kämpfen lassen. Die ursprünglich auf dem Königsplatz vor dem Reichstagsgebäude stehende, in der NS-Zeit an den Großen Stern im Berliner Tierpark versetzte Siegessäule mit der "Goldelse" obenauf war "das" Staatsdenkmal schlechthin. In den Städten und auf dem platten Land errichtete man weitaus bescheidenere Denkmäler. Viele von ihnen sind ungeachtet politischer Umbrüche und Bilderstürmerei mehr oder weniger vollständig erhalten und tragen sogar noch die alten Widmungen. Schaut man genau hin, so sieht man, dass sie nach der Wende da und dort sogar erneuert und aktualisiert wurden.

Eine Veröffentlichung der Brandenburgischen Historischen Kommission, die in Zusammenarbeit mit dem Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien e. V., dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und dem Archäologischen Landesmuseum sowie dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv entstanden ist, schildert an ausgewählten Beispielen, wie man seit den Befreiungskriegen im heutigen Land Brandenburg mit militärischen Gedenkstätten umging und welcher Denkmalformen und Danksagungsformeln man sich bediente. Dem Buch ist eine CD-Rom beigefügt, in dem etwa 800 Kriegerdenkmale verzeichnet und abgebildet sind. So ist es möglich, sich über in der Region erhalten gebliebenen Grabsteine, Pyramiden, Kreuze und Ehrenmale sowie Soldatenfriedhöfe zu informieren. Eingeschlossen sind die Ehrenmäler für gefallene Soldaten der Roten Armee sowie für ermordete sowjetische Zwangarbeiter und Zivilisten. Über 300 solcher Stätten in 236 Orten gibt es allein im Land Brandenburg.

Schleifen, umwidmen, instrumentalisieren

Erstaunlich ist, dass von der großen Zahl ehemals aufgestellter Krieger- und Ehrenmale viele trotz Einschmelzungen für die Rüstungsindustrie, Kriegszerstörung und Bildersturm erhalten sind. Die Pietät gebot offenbar, dass man Kriegerdenkmäler stehen ließ, wohl aber preußische Adler, Eiserne Kreuzen und Inschriften entfernte, die nicht mehr ins Geschichtsbild passten. Für solche Veränderungen gab es gab es nach dem Zweiten Weltkrieg klare Richtlinien. "Schleifung, Umwidmung, und Vernachlässigung einerseits und Instrumentalisierung andererseits gehörten fortan für Jahrzehnte in der DDR zum politischen Kalkül", stellen die Autoren des erwähnten Buches über die Kriegerdenkmale in Brandenburg fest. Schaut man sich genauer um, so sieht man, dass nach der Wiedervereinigung da und dort Inschriften erneuert und neu gegossene Adler, Kronen und Eiserne Kreuze wieder auf die Kriegerdenkmäler gesetzt wurden. Hier und da hat man Inschriften zur Erinnerung an Gefallene des Ersten Weltkriegs mit den Namen von Toten aus dem Zweiten Weltkrieg ergänzt. Dass manche Kriegerdenkmale nach 1945 stehen gelassen wurden, hat mit ihrer Umwidmung in Friedensmonumente oder Erinnerungsmale für den antifaschistischen Widerstandskampf zu tun. Ähnliches ist auch bei den Bismarcktürmen zu beobachten.

Als Beispiel für die Mühen von Bürgern in unseren Tagen um historische Denkmäler mag der Kampf des Woltersdorfer Verschönerungsvereins um den Erhalt eines in der Schleusenstraße befindliches Denkmals aus dem Jahr 1926 für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen dienen, das auch als Fidus-Denkmal bekannt ist. 2004 vom Bra26ndenburgischen Landesdenkmalamt auf die Denkmalliste gesetzt, besitzt es kunst- und sozialgeschichtliche Bedeutung, weil das mittlere Bildrelief eine für Kriegerdenkmale der damaligen Zeit seltene Darstellung aus der germanischen Götterwelt zeigt und außerdem "eines der wenigen im öffentlichen Raum gegenwärtigen Dokumente der in Friedrichshagen und Woltersdorf ansässigen Künstlerkolonie darstellt", so die Begründung für die Aufnahme in die Liste. "Künstler alles Lichtbaren" hat man den Buchillustrator, Maler und Verleger Hugo Höppener (1868-1948) genannt, in seiner Zeit besser bekannt als Fidus.

Bürgerliches Engagement in Woltersdorf

Fast unverändert ist in Woltersdorf bei Berlin (Landkreis Oder-Spree) das um die Jahrhundertwende erbaute Wohn- und Atelierhaus dieses Zeichners luftiger Lichtgestalten mit dem programmatischen Künstlernamen "Der Getreue" und Vorkämpfers lebensreformerischer Ideen von Freikörperkultur und Naturheilkunde bis zur vegetarischen Kost erhalten. Sein bis heute erhaltenes und in Privatbesitz befindliches Haus an der Köpenicker Straße wurde zu einer Wallfahrtsstätte dieser Bewegung.

Von Wildwuchs umgeben und jahrelang vernachlässigt, war das Fidus-Denkmal für die Öffentlichkeit kaum sichtbar und zugänglich. Aber man hatte es al die Jahre nicht vergessen. So konnte die Gemeinde Woltersdorf (Kreis Oder-Spree) mit der Immobilien Beteiligungs- und Vertriebsgesellschaft der Bankgesellschaft Berlin mbH (IBV), auf deren Gelände das Denkmal steht, einen Nutzungsvertrag abschließen. Da um das Kriegerdenkmal wurde eine kleine Grünanlage geschaffen wurde, können Besucher ungehindert das Relief nach Fidus' Entwurf betrachten. 2007/2008 konnte das Denkmal durch die Woltersdorfer Baufirma R. Hildebrandt das Denkmal im Auftrag des Woltersdorfer Verschönerungsvereins so gesichert werden, dass ein weiterer Verfall zunächst gestoppt werden konnte. Die Maßnahme wurde durch die Denkmalschutzbehörde finanziell gefördert sowie mit Eigenmitteln des Woltersdorfer Verschönerungsvereins bezahlt. Eine neben dem Denkmal aufgestellte Info-Tafel berichtet über die Gründungsgeschichte des Denkmals und die Einweihung im Jahr 1926. Ein Foto von damals zeigt, wie das Denkmal ursprünglich ausgesehen hat. Da aufgrund der Verwitterung die Namen der 82 im Ersten Weltkrieg Gefallenen nicht mehr zu lesen sind, hat man alle Namen aufgelistet.

20. August 2018

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