Schlossportal im Doppelpack
Beim Zugang zum Humboldtforum und dem Eingang des Staatsratsgebäudes fallen charakteristische Unterschiede auf





Hinter dem Portal IV besaß das Berliner Schloss mit dem Säulen- und dem Parolesaal zwei wichtige Säle der frühklassizistischen Königskammern. Beim Einbau des Portals IV in das Staatsratsgebäude wurde aus ideologischen Gründen auf die Krone und den Preußenadler verzichtet.





Kronen, Monogramme und Wappenadler sind wie zu alten Zeiten wieder vergoldet. Die glänzenden Auflagen sind das i-Tüpfelchen an der Schlossfassade.



Wie aufwändig Schlüter und Eosander die Außenhaut der unter dem preußischen König Friedrich I. dekoriert haben und wie detailgenau die Kopien aus Sandstein sind, zeigt dieses Foto.



Im Schlüterhof gehen die Arbeiten munter weiter, bald können sie abgeschlossen werden. Für 2019 ist die Eröffnung des Humboldt Forums geplant.



Wer sich über die Geschichte und die Schönheiten der Hohenzollernresidenz sowie ihren Wiederaufbau und Nutzung als neuer Kulturstandort im Herzen Berlins informieren möchte, ist in der Humboldtbox bestens aufgehoben. (Fotos: Caspar)

Wer dieser Tage an der Schlossbaustelle entlang geht, wird mit Vergnügen sehen, wie die Barockfassade an der Seite zum Dom und zum Lustgarten nach und nach vollendet wird. Auch an anderen, noch von Gerüsten verdeckten Seiten wird fleißig gearbeitet. Die Sicht ist frei auf die Portale IV und V, durch die man bis zur Zerstörung der Hohenzollernresidenz im Zweiten Weltkrieg und der Sprengung der Schlossruine auf Befehl der SED 1950 in den Großen Schlosshof gelangte. Die von imposanten Säulenstellungen und reichem Skulpturenschmuck geprägte Durchfahrten bildeten eine schnelle Verbindung zum Schlossplatz, auf dem früher der Neptunbrunnen stand. Lange Zeit war diese Passage öffentlich, und sie soll es auch wieder werden, sobald das Humboldt Forum, das derzeit noch eine große Baustelle ist, 2019 feierlich eröffnet sein wird. Die Vorbereitungen laufen planmäßig, die ersten Großexponate sind bereits eingetroffen. Wenn man das Portal V genauer betrachtet, sieht man beim Skulpturenschmuck eine Mischung von alten, das heißt steingrauen Partien, und neuen. Da bei der Vernichtung der Schlossruine nicht alles pulverisiert wurde und einige Spolien gerettet wurden, war es möglich, diese Kombination an der Schlossfassade anzubringen.

Errichtet wurde das Portal IV ab 1708 von Eosander, der hier die Formen von Schlüters Portal V weitgehend wiederholte. Für die DDR hatte das Portal IV große symbolische Bedeutung, weil von seinem Balkon im ersten Stock der prominente Sprecher der deutschen Linken, Karl Liebknecht, am 9. November 1918 die sozialistische Republik ausgerufen hatte. "Der Tag der Revolution ist gekommen. Wir haben den Frieden erzwungen. Der Friede ist in diesem Augenblick geschlossen. Das Alte ist nicht mehr. Die Herrschaft der Hohenzollern, die in diesem Schloss jahrhundertelang gewohnt haben, ist vorüber. In dieser Stunde proklamieren wir die freie sozialistische Republik Deutschland. […] Durch dieses Tor wird die neue sozialistische Freiheit der Arbeiter und Soldaten einziehen. Wir wollen an der Stelle, wo die Kaiserstandarte wehte, die rote Fahne der freien Republik Deutschland hissen!"

Liebknechts Rede veranlasste die DDR-Regierung, eine Kopie dieses Portals in die moderne Fassade des Staatsratsgebäudes einzufügen. Allerdings wurden dabei signifikante Veränderungen vorgenommen, die erst bei einem Vergleich deutlich werden. Während an den Portalen IV und V auf der Lustgartenseite des künftigen Humboldt Forums wie zu Zeiten der Monarchie der Preußenadler unter einer vergoldeten Krone prangt, findet man am Barockportal des Staatsratsgebäudes an dieser Stelle nur die unverdächtigen Jahreszahlen 1713 und 1963. Sie weisen auf das Ende des Schlossum- und Schlossneubaus am Beginn der Regierungszeit des sparsamen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. und den Bau des Staatsratsgebäudes in der Ära Ulbricht an.

Es lohnt sich, beim Anblick der neuen Schlossfassade weiter ins Detail zu gehen. Johann Eosander von Göthe, Andreas Schlüters Nachfolger als leitender Baumeister, erweiterte das Berliner Schloss nach Westen und verdoppelte damit dessen Frontenlänge. Er übernahm grundsätzlich Schlüters Entwurf für die Lustgartenfassade, veränderte diesen jedoch bei den Portalen IV und V. So fügte er ihnen auf der Höhe des ersten Stockwerks die aus muskulösen Gebälkträgern bestehenden Hermenpilaster hinzu. Mit der Ausführung dieser Skulpturen könnte seinerzeit der in Kursachsen tätige Bildhauer Balthasar Permoser beauftragt worden sein. Schriftliche Belege für diese Zuschreibung existieren allerdings nicht. Wenn das aber so war, dann brachte der vor allem mit der Ausschmückung des Dresdner Zwingers befasste Permoser einen Hauch des feinen und phantasievollen sächsischen Barock nach "Spree-Athen, das heißt in die preußische Haupt- und Residenzstadt Berlin.

3. Oktober 2018

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