Ehre seiner Ahnen und Vorbild seiner Nachfolger
Preußens Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. stiftete in Rathenow für den Großen Kurfürsten ein prachtvolles Standbild



Lorbeerumkränzt und wie ein antiker Held aufgefasst, erhebt sich der Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg auf dem Schleusenplatz in Rathenow. Gefesselte Sklaven bitten den Herrscher um Gnade.



Das vergoldete Monogramm des Kurfürsten Friedrich Wilhelm ist umlegt vom Band des Hosenbandordens, der ihm und anderen evangelischen Fürsten vom englischen König verliehen wurde.



Die Inschriften und Reliefs auf dem Denkmalsockel loben den Brandenburger als Vater des Vaterlandes und als einen Mann, den seine Feinde nicht bezwingen können. Rechts eine Szene auf dem Schlachtfeld von Fehrbellin 1675.



Der Sieg über die Schweden bei Fehrbellin war dem brandenburgischen Kurfürsten so wichtig, dass er eine Serie von Gedenktalern und Medaillen prägen ließ. Dieses Exemplar kombiniert Friedrich Wilhelm als Reiter mit einer Victoria, die das Kurwappen mit dem Zepter darin hält.



Die Bronzestatue in Fehrbellin ist ein Abguss einer Marmorfigur von der Berliner Siegesallee. Ein Meisterwerk der Bildhauerei und der Gießerkunst ist das Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten im Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg. Ursprünglich stand es auf der Berliner Schlossbrücke.



Vom Turm der Hakenberger Siegessäule mit einer vergoldeten Siegesgöttin auf der Spitze blickt der Große Kurfürst hoheitsvoll ins Land. (Fotos: Caspar)

Brandenburg-Preußen hat dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm viel zu verdanken. Er bestieg 1640, noch mitten im Dreißigjährigen Krieg, den Thron und übernahm ein marodes Land, das große Bevölkerungsverluste durch Krieg, Mordbrennerei, Hunger und Krankheit zu verzeichnen hatte. Als der Herrscher 1688 starb, war Kurbrandenburg wirtschaftlich weitgehend gesundet und nach kriegerischen Auseinandersetzungen mit Schweden militärisch gestärkt und territorial vergrößert. Neben Mars kamen auch die Musen unter dem Zepter des Großen Kurfürsten zu ihrem Recht. Er tat sich in Berlin, Potsdam, Oranienburg, Caputh und an anderen Orten als Bauherr hervor, war ein bedeutender Kunstsammler und stiftete 1661 die heutige Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz. Friedrich Wilhelms Sohn und Nachfolger Friedrich III. erfüllte sich 1701 einen Traum und setzte sich als Friedrich I. in Königsberg die Krone eines Königs "in" Preußen aufs Haupt.

Der Sohn dieses ersten Königs aus dem Hause Hohenzollern war Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., war ein Mann von echtem Schrot und Korn. Ganz und gar auf das Praktische, auf das "Sparen und Plusmachen" ausgerichtet, war seine größte Freude das in Potsdam stationiertes und aus "Langen Kerls" bestehendes Garderegiment. Dieser sonst sehr sparsame Monarch ließ 1738, zwei Jahre vor seinem Tod, in Rathenow ein überaus aufwändig gestaltetes Denkmal zur Erinnerung an seinen Großvater Friedrich Wilhelm errichten. Das Sandsteinmonument auf dem Schleusenplatz schwelgt geradezu in den Formen des Hochbarock, ist üppig mit Reliefs und ruhmvollen Inschriften bedeckt. Das pyramidenartig aufgebaute Denkmal ist ein Werk des Bildhauers Johann Georg Glume des Älteren, der einen Entwurf von Bartholomé Damart verwandte. Mit der Signatur "Joh. Ge. Glume fecit 1736" hat sich der Bildhauer als Schöpfer des Denkmals verewigt.

In der Pose eines römischen Kaisers

Das von einem niedrigen Gitter eingezäunte Standbild zeigt den Kurfürsten mit einem Lorbeerkranz im gelockten Haar in der für die Barockzeit obligatorischen Pose eines römischen Kaisers. Ihn in zeitgenössischer Tracht darzustellen, war bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert nicht üblich. Die rechte Hand präsentiert den Feldherrnstab, die linke Hand ist die Hüfte gestemmt. Der über dem römischen Harnisch geworfene Hermelinmantel, das umgürtete Schwert und der am Fuß abgestellte, mit Federn geschmückte Helm charakterisieren Friedrich Wilhelm als großen Militär fürstlicher Abstammung und Profession. Unter dem Kurhut zu seinen Füßen prangt das vergoldete Monogramm FWC (Friedrich Wilhelm Kurfürst). Darum ist das Band des Hosenbandordens gelegt, der ihm vom englischen König verliehen wurde und auf den er sehr stolz war. Das von Glume aus weichem Sandstein gefertigte und daher für Umwelteinflüsse wie Regen, Schnee, Frost und Mikroorganismen höchst anfällige Denkmal bedarf ständiger denkmalpflegerischer Kontrolle und Betreuung.

Vor über 20 Jahren wurde das Monument zum letzten Mal durchgreifend restauriert und von schädlichen Ablagerungen befreit. Doch wie eine Inspektion vor Ort zeigt, sind neue Maßnahmen dieser Art nötig, ebenso müssten abgeschlagene Finger der Sockelfiguren und andere Details ergänzt werden. Die Widmung auf der Vorderseite des Sockels lautet so: "FRIEDRICH WILHELM der Große, vor welchem Seine mächtigen Feinde nicht gestanden, steht hier auf Seinem Sieges-Platze. In dem Augenblicke, da sie Ihn sahen, wurden sie geschreckt, getroffen und geschlagen. Sein Heldenbild zeigt dieser Stein, Seinen Geist sucht in Seinem Ihm ähnlichen Enkel". Friedrich Wilhelm I. gibt sich als Stifter des Monuments zwar nicht namentlich zu erkennen, aber die Inschrift macht deutlich, dass er seinem Großvater nacheifert und sich ihm wesensverwandt fühlt.

Vier Reliefs und Inschriften schmücken den Sockel und erzählen von den Siegen des Brandenburgers, dem man nach dem Sieg über die Schweden bei Fehrbellin im Jahre 1675 den Ehrentitel "Großer Kurfürst" gab. Auf den Tafeln ist vom polnischen Joch und von der Gewalt der Schweden die Rede, und es wird betont, dass der Herrscher sie alle "unter seine Füße" getreten hat. Hervorgehoben wird auch, dass Friedrich Wilhelm die verjagten Glaubensgenossen, also die aus Frankreich stammenden Hugenotten, in seine Tore geführt hat. "Gefahr und Flammen bewegten ihn niemals, die Nothleidenden allezeit. Er vermehrte seine Länder mit neuen Provinzen, und diese mit neuen Unterthanen". An anderer Stelle dieser barock-weitschweifigen und nach fast 300 Jahren immer noch gut lesbaren Elogen steht, in dem brandenburgischen Kurfürsten hätten sich die Tugenden seines Stammes vereinigt. "Er war die Ehre seiner Ahnen und ein Vorbild Seiner Nachfolger…, ein Muster eines so vollkommenen Fürsten als Helden im Leben wahrhaftig groß und nach dem Tode unsterblich". Nach Aussage des Denkmals war Friedrich Wilhelm ein Herrscher ohne Fehl und Tadel, voller Menschlichkeit und Wärme, denn, so liest man weiter: "Er bezwang so leicht durch Seine Tapferkeit Festungen, als durch Seine Großmuth Herzen"

Angekettete Sklaven flehen um Milde

Der Aufbau der Bildsäule, wie man im 18. Jahrhundert sagte, erinnert an Andreas Schlüters bekanntes Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten, das ursprünglich auf der Langen Brücke unweit des Berliner Stadtschlosses stand und jetzt den Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg schmückt. Eine Kopie dieses Reitermonuments steht in der Großen Kuppelhalle des Bodemuseums auf der Berliner Museumsinsel. Anlässlich der Dreihundertjahrfeier der Umbenennung von Lietzenburg in Charlottenburg nach dem Tod der erst 37 Jahre alten ersten Preußenkönigin Sophie Charlotte im Jahr 1705 wird bis Ende 2004 das berühmte Reiterdenkmal, eine Inkunabel barocker Herrscherdarstellung, gereinigt und restauriert.

Beim Charlottenburger Kurfürstendenkmal und dem in Rathenow sind unten am Sockel vier Sklaven als Zeichen des Sieges über die Feinde angekettet. Flehentlich kehren sie ihre Gesichter nach oben zu ihrem Bezwinger, von dem sie Milde, Hilfe und Errettung erflehen. Auf einer zweiten Ebene darüber berichten vier Reliefs, flankiert von Fahnen, Rüstungen und Wappenkartuschen, von militärischen Siegen des Kurfürsten und seiner Armee im Jahr 1675. Geschildert werden auf den figurenreichen Szenen das Massaker in Rathenow, die Schlacht bei Fehrbellin, die Eroberung der Festung Stralsund und die Bataille bei Warschau. Stets ist der Große Kurfürst zur Stelle, mal als unerschrockener Reiter im Schlachtengetümmel, mal bei der gnädigen Entgegennahme der Schlüssel einer eroberten Stadt. Auf einer dieser Reliefs sieht man auch, wie wehrlose Männer, Frauen und Kinder von bärtigen Bewaffneten, die alle das gleiche Gesicht haben und wohl polnische Soldaten darstellen, mit Messern regelrecht massakriert werden.

Im Jahre 1675 fand nördlich von Berlin eine verlustreiche Schlacht zwischen dem Heer des Kurfürsten von Brandenburg und den Truppen des schwedischen Königs statt, die zuvor brandschatzend und mordend durch die Lande gezogen waren. Diese Schlacht von Fehrbellin am 18. Juni 1675, in der die zahlenmäßig kleinere Streitmacht des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm siegte, hatte weitreichende Folgen, denn Schweden war als bedrohlicher Faktor in Norddeutschland ausgeschaltet, und Kurbrandenburg begann im Konzert der Völker und Staaten seinen Part als Macht zu spielen, die man ernst nehmen musste. Zu Beginn und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden zwei der Schlacht von Fehrbellin gewidmete Denkmäler bei Hakenberg (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) in der Nähe des Schlachtfeldes, zu erreichen über die Ausfahrt Fehrbellin an der Autobahn 24 nordwestlich von Berlin, errichtet. Sie haben alle Stürme der Vergangenheit überstanden und können auch heute besichtigt werden. "Friedrich Wilhelm der Große kam sah und siegte den XVIII Juni MDCLLV" lautet die Inschrift in Anlehnung an einen Julius Caesar zugeschriebenen Spruch auf dem älteren Gedenkstein mit einer Urne obenauf aus der Zeit um 1800.

Blick ins Land von der Hakenberger Siegessäule

Eine dem Kopf von Andreas Schlüters Reiterdenkmal von der Berliner Langen Brücke (seit 1951 im Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg) nachgebildete Marmorbüste des Kurfürsten, geschaffen von dem Bildhauer August Wolff, schmückt etwas weiter von dem eben erwähnten Denkmal entfernt eine innen begehbare Siegessäule, von der man weit ins Land blicken kann. 1875, zur Zweihundertjahrfeier der Schlacht, auf einem Hügel errichtet, ähnelt der runde Backsteinturm der ebenfalls als Aussichtsturm genutzten Siegessäule am Großen Stern in Berlin mit der vergoldete Victoria auf der Spitze. Die Hakenberger Victoria ist ein Nachguss einer von Christian Daniel Rauch geschaffenen Siegesgöttin, die an verschiedenen Stellen in Berlin, Potsdam und anderswo als Denkmalszier Verwendung fand.

Theodor Fontane hat sich in den "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" mit der Frage beschäftigt, wie das Thema Fehrbellin in Sage, Kunst und Dichtung behandelt wurde und dabei auch das Denkmal von 1800 beschrieben, welches 1857 erneuert wurde. Die Inschrift "Hier legten die braven Brandenburger den Grund zu Preußens Größe. Das Andenken an den Helden und seine Getreuen erneuert dankbar mit jedem Freunde des Vaterlands Friedrich Eberhard von Rochow auf Rekahn, 1800" weist auf den Stifter. In einem kleinen Park am jetzt still gelegten Bahnhof in Fehrbellin steht seit 1902 auf hohem Granitsockel der Held der Schlacht, Kurfürst Friedrich Wilhelm. Er schaut hoheitsvoll auf seine Untertanen, eine Hand in die Seite gestützt, in der anderen seine Handschuhe. Auf der Brust prangt der englische Hosenbandorden, dessen Ritter der Brandenburger war. Eine Feldbinde umspannt den kräftigen Körper, ein Federhut schmückt das Haupt. Das nach einem Modell von Fritz Schaper gegossene Bronzedenkmal ist eine Wiederholung der 1901 enthüllten Kurfürstenfigur auf der Berliner Siegesallee. Eine Inschrift im hellen Granitsockel nennt Kaiser Wilhelm II., der die Idee für die Siegesallee hatte, als Stifter. Auf einer weiteren Inschriftentafel heißt es "Ich bin nicht gekommen, mein Land zu verbrennen, sondern zu retten".

18. April 2018

Zurück zur Themenübersicht "Berlin, Potsdam, Land Brandenburg"