Der König segnet, Schinkel steht, Fontane sitzt
Neuruppin erinnert an seine Wiedergeburt und ehrt zwei seiner großen Söhne mit Denkmälern / Schinkel und Fontane auch in Berlin



Das nach Entwürfen von Karl Friedrich Schinkel, einem gebürtigen Neuruppiner, von dem Berliner Bildhauer Christian Friedrich Tieck geschaffene Königsmonument auf dem Schulplatz ist nicht das Original, das in den frühen 1950-er Jahren eingeschmolzen wurde, sondern eine Nachbildung.



Karl Friedrich Schinkel aus Bronze in seiner Heimatstadt Neuruppin. Die in DDR-Zeiten beseitigte Architekturkulisse wurde in den vergangenen Jahren wiederhergestellt.



Schinkel aus Bronze auf dem nach ihm benannten Platz in Berlin und aus Marmor ein paar Schritte weiter in der Friedrichswerderschen Kirche. Die Standbilder wurden von Friedrich Drake beziehungsweise Christian Friedrich Tieck und Hermann Wittig geschaffen.



Neuruppin ehrt mit diesem von Max Wiese geschaffenen Denkmal seinen großen Sohn, den Schriftsteller Theodor Fontane.



Theodor Fontane mit Stock und Hut im Märkischen Museum sowie als Abguss am Rand des Berliner Tiergartens. Das Denkmal ist ein Werk von Max Klein.



Der Wanderer durch die Mark Brandenburg trägt aus einem Buch vor, daneben ist er auf einem Relief mit seiner Frau abgebildet. Das von Dietrich Rohde gestaltete Fontane-Denkmal steht im Precise Resort Schwielowsee. (Fotos: Caspar)



Die Silbermünzen von 1966, 1969 und 2006 zur Erinnerung an Karl Friedrich Schinkel und Theodor Fontane wurden von Gerhard Rommel (Schinkel links udn Rechts) sowie von Heinrich Körner (Fontane, Mitte)geschaffen.

Am 26. August 1787 brach über die märkische Garnisonstadt Neuruppin eine schreckliche Katastrophe herein. Bei einem verheerenden Brand an jenem Sonntag wurden innerhalb von sieben Stunden zwei Drittel aller Wohnhäuser in Schutt und Asche gelegt. Vernichtet wurden auch das Rathaus, alle Schulen und die Kirchen, von der Klosterkirche abgesehen, und weiter Bauten. Viele Menschen verloren ihre Habe und standen vor dem Nichts. König Friedrich Wilhelm II., der Nachfolger Friedrichs II., des Großen, versuchte, durch Bereitstellung beträchtlicher Mittel die schlimmste Not zu lindern. Auf Staatskosten ließ er die Stadt nach einem Plan des in Neuruppin lebenden königlichen Bauinspektors Bernhard Matthias Brasch großzügig und feuersicher, wie man sagte, aufbauen. Noch heute kann man die Mühe um Regelmäßigkeit der Baukörper, angemessene Proportionen sowie Einheitlichkeit bei den klassizistisch gestalteten Fassaden erkennen, die die märkische Stadt mit ihren weiten Plätzen und breiten Straßen ausgesprochen sympathisch macht.

Zur Erinnerung an jenen unbeliebten und in der schwierigen Zeit der französischen Revolution von 1789 auch politisch wenig glücklich und militärisch agierenden "dicken Wilhelm" wurde 1828 auf dem Neuruppiner Schulplatz gegenüber dem Alten Gymnasium ein Bronzedenkmal mit der Inschrift DEM KÖNIGE FRIEDRICH WILHELM II WIEDERAUFBAUER DER STADT NACH DEM BRANDEN IM IAHRE MDCCLXXXVII DIE DANKBAREN BUERGER RUPPINS IM IAHRE MDCCCXXVIII errichtet. Der Monarch ist stehend mit übergeworfenem Hermelinmantel dargestellt. Den Blick in imaginäre Ferne gerichtet, hält er wie segnend die rechte Hand über seine Untertanen. Die linke Hand lüftet den Mantel mit dem Stern des Schwarzen Adlerordens, so dass der Degen sichtbar wird.

Erst eingeschmolzen, dann neu aufgestellt

Das neue Königsdenkmal wurde von dem Herborner Bildhauer Wolfgang Oester nach alten Fotos und weiteren Vorlagen geschaffen. Es gehört zur Ironie der Geschichte, dass der originale Sockel aus rotem Granit als Podest einer Leninstatue im Neuruppiner Stadion der Freundschaft die Bilderstürmerei überstanden hat, natürlich ohne die ursprüngliche Inschrift. Bereits 1990 hatte sich der neu gegründete Historische Verein der Grafschaft Ruppin e. V. für die Wiederaufstellung des Monuments eingesetzt und als erstes jenes Postament in den Hof des Heimatmuseums bringen lassen. Am 3. Oktober 1998, dem Tag der deutschen Einheit, wurde nach manchem Für und Wider das komplette Denkmal des königlichen Wiedererbauers der Stadt enthüllt. Man wolle nicht Geschichte verklären, sondern zum Nachdenken über Geschichtliches anregen, hieß es bei der Feier. Theodor Fontane, Sohn der Stadt, nannte das Bildnis des Königs in seinen "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" gedanklich wenig bedeutend, "aber in Form und Haltung jenes künstlerische Maß bekundend, das, wo andere Vorzüge fehlen, selbst schon wieder als Vorzug gelten kann".

Neuruppin erinnert mit weiteren Denkmälern an zwei bedeutende Söhne der Stadt, den Architekten Karl Friedrich Schinkel und den Schriftsteller Theodor Fontane, Schinkel hat man 1883 ein Denkmal nach einem Modell von Max Wiese gewidmet. Auf hohem Sockel stehend, blickt Preußens oberster Baumeister in die Ferne. Vor Jahren noch stand das Bronzemonument ohne die prachtvolle Umfriedung aus hellgelbem Backstein, die dem Monument Größe und Bedeutung verleiht. Sie wurde in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts zerstört, vielleicht weil man in Neuruppin mit Schinkel und Preußen wenig anzufangen wusste und solche Monumente kommunistischen Ideologen suspekt waren. Erst 2001 wurde die Schinkelsche Gedenkanlage, die über eine Treppe zu erreichen ist, auf Initiative der Schinkelgesellschaft Neuruppin und des Lionsclubs freigelegt und aufgebaut, so dass die künstlerische Idee von Max Wiese, dem Neuruppin auch das Denkmal Theodor Fontanes verdankt, wieder erlebbar ist.

Preußens oberster Baumeister

Auf tragische Weise hatte Schinkels Vater, Superintendant Johann Schinkel, bei jenem Stadtbrand von 1787 sein Leben. Fontane berichtet in den "Wanderungen durch die Mark Brandenburg", er sei an den Anstrengungen, die er während des Brandes durchzumachen hatte, gestorben. Das Haus, das die Familie bewohnte und in dem 1781 Karl Friedrich geboren wurde, wurde bei dem Feuer zerstört. Die Mutter musste mit den Kindern ins Predigerwitwenhaus umziehen, das verschont geblieben war. Für die Hinterbliebenen des Geistlichen hatte der Stadtbrand über den tragischen Verlust des Vaters hinaus einschneidende soziale Folgen. Der Ernährer war tot, die Witwenrente war klein und das Ansehen der Familie in der Neuruppiner Gesellschaft nahm Schaden. 1795 zog die Familie nach Berlin, und Karl Friedrich wurde Schüler des Grauen Klosters. Hier begann Schinkels steile Karriere als Maler, Architekt, Designer und Vater der preußischen Denkmalpflege, die ihn bis an die Spitze der preußischen Bauverwaltung brachte.

Ob Schinkel das Erlebnis des Brandes und die Wiederaufbaumaßnahmen in seiner Heimatstadt dazu führten, sich dem Bauhandwerk zuzuwenden, bleibt Spekulation. Eine Hochschule hat er nie besucht, er war Autodidakt und begann als Maler. Dass ihm bei seinen Bauwerken und Stadtplanungen die Feuersicherheit stets am Herzen lag, ist unumstritten. Bei der Errichtung des Schauspielhauses auf dem Berliner Gendarmenmarkt über den Fundamenten des 1817 abgebrannten Vorgängerbaues bestand Schinkel auf Vorsichtsmaßnahmen und der Einrichtung eines Eisernen Vorgangs, der im Fall eines Brandes die Bühne vom Zuschauerraum trennte.

Wanderer durch die Mark Brandenburg

Theodor Fontane wurde am 30. Dezember 1819 in Neuruppin geboren und blieb seiner Heimatstadt und der Mark Brandenburg Zeit seines langen Lebens treu. Ein Jahr nach seinem Tod am 20. September 1898 in Berlin rief ein hochkarätig besetztes Komitee dazu auf, den Romancier und Wanderer durch die Mark Brandenburg in seiner Heimatstadt Neuruppin durch ein Denkmal zu ehren. Es dauerte Jahre, bis der mit der Realisierung beauftragte Max Wiese seine Entwürfe vorlegte. Der Bildhauer war in Neuruppin kein Unbekannter, als man ihn mit dem Fontane-Denkmal beauftragte. Ihm verdanken wir unter anderem das schon erwähnte Schinkel-Denkmal sowie das Denkmal des Kronprinzen Friedrich (II.) von Preußen vor dem Rheinsberger Schloss, und ist auch in Berlin und anderenorts durch qualitätvolle Skulpturen vertreten.

Der kritische Bebachter menschlicher "Irrungen und Wirrungen" in der Historie und Gegenwart hat es sich auf einer Bank bequem gemacht, als würde er bei einer seiner Wanderungen ausruhen und die Gegend betrachten. Sein Spazierstock ist angelehnt, der Hut liegt daneben. Eindrucksvoll ist der Kopf des nicht mehr ganz jungen Dichters, dessen volles Haar ein wenig nach hinten weht. Die ehemaligen Wallanlagen mit ihren prächtigen Bäumen, die einen großen Teil von Neuruppin umschließen, waren als Ort zur Aufstellung des neuen Denkmals ausgewählt worden. Es ist, als hätte Fontane das Komitee beraten, endet doch der Abschnitt "Die Grafschaft Ruppin" seiner "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" mit den Worten "Wie still, wie schön! Du ,Park am Wall', welche beneidenswerte Stätte darauf zu ruhn!"

Als das ungewöhnliche Denkmal am 8. Juni 1907 an ebene jener Stelle feierlich enthüllt wurde, kamen zahllose Verehrer des Schriftstellers. "Langsam entleerte sich der lange Eisenbahnzug, dem eine Menge Abordnungen und Kranzträger entstiegen. Nach wenigen Minuten war der Festplatz erreicht, und hier bietet sich den Augen ein fesselndes, wohltuendes Bild", heißt es in einem zeitgenössischen Bericht. Eingeleitet wurde die Zeremonie nach damaliger Sitte durch geistliche Musik, vorgetragen durch einen Schulchor und begleitet von einer Militärkapelle, und es gab lobende reden, in denen das Werk des Dichters und sein Erbe nachfolgenden Generationen ans Herz gelegt wurde. Als endlich die Hülle von der Sitzfigur fiel, war die Begeisterung über das neue Monument groß. So schön und wirksam hatte es sich keiner vorgestellt. Da Fontane nicht in seiner Geburtsstadt, sondern in Berlin bestattet worden war, gingen Abordnungen zum Grab seiner Mutter, um eine Weile in stillem Gedenken zu verharren und Kränze niederzulegen.

Zu numismatischen Ehren gelangt

Auch in Berlin wurde Fontane durch ein Denkmal geehrt. Geschaffen von Max Klein, zeigt es den Künstler in fortgeschrittenem Alter stehend mit Stock und Hut. Die 1908 enthüllte Marmorfigur stand ursprünglich im Tiergarten und fand nach einigen Zwischenstationen Asyl in der Großen Halle des Märkischen Museums. Ein Abguss steht in einer kleinen Grünanlage gegenüber der Thomas-Dehler-Straße am südlichen Rand des Tiergartens. Theodor Fontane schaut seit einigen Jahren auf den Schwielowsee nicht weit von Potsdam entfernt. Das Buch in der Hand zeigt, dass es sich hier ein Mann des Wortes handelt. In den Boden eingelassene Bronzereliefs zeigen Fontane an einem Tisch schreibend mit seiner Frau im Hintergrund sowie mit einem Spazierstock unter märkischen Kiefern. Eine ovale Plakette trägt die faksimilierten Unterschrift des berühmten Dichters.

Bliebe zu sagen, dass sowohl Karl Friedrich Schinkel als auch Theodor Fontane in beiden deutschen Staaten zu numismatischen Ehren gelangten. Die DDR gedachte 1966 Schinkels mit einem silbernen Zehn-Mark-Stück, und die Bundesrepublik Deutschland brachte 1969 ein Fünf-Mark-Stück ebenfalls aus Silber heraus, jeweils geschmückt mit Bildnissen der beiden Neuruppiner. Hinzu kommt ein silbernes Zehn-Euro-Stück von 2006. Seine Vorderseite ist mit einem Motiv nach einem Relief an der nach Schinkels Plänen erbauten Berliner Bauakademie geschmückt. Das mit einer roten Ziegelfassade geschmückte und daher früher "Roter Kasten" genannte Bauwerk wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und in DDR-Zeiten abgetragen. In den nächsten Jahren soll die Bauakademie, in der Schinkel gewohnt hat und 1841 gestorben ist, außen originalgetreu aufgebaut werden. Beim Anblick der Münzen zur Erinnerung an Schinkel und Fontane könnte einem das kurze, generell auf Künstler zutreffende Gedicht in den Sinn kommen, das Johann Wolfgang von Goethe 1819 in seinem West-östlichen Divan unter der Überschrift "Besserem Verständnis" veröffentlichte: "

16. Mai 2018

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