Der kurze Weg ins Paradies
Die mittelalterliche Bischofsburg Ziesar erzählt aus der frühen Geschichte des Landes Brandenburg





Die mittelalterliche Burg der brandenburgischen Bischöfe in Ziesar (Landkreis Potsdam-Mittelmark) steht auf einem aufgeschütteten Hügel. Ihr runder Turm ist von der Autobahn in Richtung Hamburg/Rostock zu sehen. Die Stadt selber durchlitt im 17. und 18. Jahrhundert mehrere Brände. Die Fotos zeigen einen nicht mehr ganz aktuellen Zustand der Burg.



Ungeachtet von manchen Umbauten und Veränderungen blieben kostbare Zeugnisse aus mittelalterlicher Zeit auf dem Burggelände erhalten. Das Wandbild in der Burgkapelle zeigt die Madonna im Strahlenkranz mit dem Christuskind auf dem Arm,überall ist der als Garten Eden empfundene Raum mit menschlichen Figuren, Blüten und Blättern ausgemalt.



Aus dem Jahr 1470 stammt das Kalksteinrelief in der Burgkapelle. Dargestellt sind vier Heilige und rechts ein König mit Krone, Reichsapfel und Zepter.





Die Tafel aus dem 19. Jahrhundert erinnert an die Errichtung der Hohenzollernherrschaft in der Mark Brandenburg, die Ritterfiguren rechts stammen aus der Barockzeit.



Der reich mit preußischen und anderen Goldstücken versehene Münzfund von Ziesar ist im Archäologischen Museum in Brandenburg an der Havel ausgestellt. (Fotos: Caspar)

Erstmals in der Stiftungsurkunde des Bistums Brandenburg um als "civitas Ezeri" erwähnt und dem Bischof von Brandenburg als Grundbesitz übertragen, sind Burg und Stadt Ziesar, gesprochen Zi-e-sar, Zielpunkt vieler Besucher. Sie wollen wissen, was sich in dem "Ort hinter dem See" im Mittelalter abgespielt hat und warum sich die Bischöfe von Brandenburg in der Burg auf einem Höhenrücken zwischen Seen und dem Feuchtgebiet des Fiener Bruchs so wohl fühlten. Näheres ist in der Ausstellung "Wege in die Himmelsstadt. Bischof - Glaube - Herrschaft 800 bis 1550" zu erfahren. In den sorgsam restaurierten Räumen liegen in den Vitrinen mit Urkunden, Wappentafeln, Siegeln, archäologische Fundstücke und andere Zeugnisse aus der Blütezeit der Burg aus. Doch gibt es auch Videoinstallationen und andere Medien, die zu einem Abstecher in die Welt des Mittelalters einladen. Der Ausbau von Ziesar zu einer bischöflichen Residenz begann Mitte des 14. Jahrhunderts. Die Burg bot alle Bequemlichkeiten, die damals möglich waren, die bis heute gut erhaltene Kapelle ist eine wahre Augenweide. Im Erdgeschoss der Burg gibt es einen Saal mit Kreuzgewölbe, der eine Fußbodenheizung besitzt, damals ein ungeheurer Luxus und eine technische Meisterleistung.

Vor einigen Jahren war die ab dem 12. Jahrhundert erbaute Burg Ziesar noch eine große Baustelle. Handwerker rissen Zwischenwände ein, befreiten Gewölbe von Verschalungen, verlegten Leitungen und Fußböden, strichen Wände, richteten die Beleuchtung sowie die Klima- und Sicherheitstechnik ein. An verschiedenen Stellen wurde nach Absprache mit dem Denkmalschutz neuzeitlicher Putz abgeschlagen, um das darunter liegende mittelalterliche Mauerwerk sichtbar zu machen. Besucher sehen, dass die Burg immer eine ewige Baustelle war, denn die Räume wurden in den vergangenen Jahrhunderten mal vergrößert, mal verkleinert. Man hat Wandmalereien überstrichen, Türen und Fenster vermauert, Kamine stillgelegt und neue eingerichtet. Sofern es möglich war, haben Restauratoren diese Veränderungen zur Freude der Besucher wieder sichtbar gemacht.

Garten Eden in der Burgkapelle

Nicht alle Veränderungen gehen auf das Konto der hier residierenden Bischöfe. Nach der Reformation von 1539 durfte der letzte Amtsträger, Bischof Matthias von Jagow, die Burg bis zu seinem Tod im Jahr 1544 bewohnen, ein Mann, der die Einführung der Lutherschen Reformation wirkungsvoll unterstützte. Nach Jagows Tod wurde die repräsentative Anlage mit dem weithin sichtbaren Bergfried in ein kurfürstliches Amt umgewandelt. Die um 1500 kostbar wie ein Garten Eden mit Pflanzenmotiven ausgemalte Burgkapelle hat man zeitweilig als Lagerraum zweckentfremdet und auch die Ausmalung übertüncht. Der sich anschließende Palas mit den bischöflichen Wohn- und Repräsentationsräumen diente als Wohngebäude und bis vor ein paar Jahren noch als Schulinternat. Die von der katholischen Gemeinde für Gottesdienste genutzte Burgkapelle kann zu bestimmten Zeiten besichtigt werden. Hier wurden die nach der Reformation im frühen 16. Jahrhundert überstrichenen spätmittelalterlichen Wandmalereien zum großen Teil freigelegt und konserviert. Das schönste Bild in einer Nische beim Altar stellt die Madonna auf einer Mondsichel stehend mit dem Christuskind auf dem Arm dar.

Das alles hat den Räumen nicht gut getan, und daher war es ein Anliegen der brandenburgischen Landesregierung, die Anlage nach allen Regeln der Denkmalpflege in einem vorzeigbaren, authentischen Zustand zu versetzen. Natürlich kostet die Sanierung und Restaurierung der Burg Ziesar viel, sehr viel Geld, von 5,2 Millionen Euro ist die Rede. Beteiligt an den Kosten waren die Landesregierung in Potsdam, die Land Brandenburg Lotto GmbH und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die zahlreiche Projekte in der Bundesrepublik Deutschland fördert. Sogar der World Monuments Found in New York hat die Restaurierung der mittelalterlichen Kapelle als erstes Objekt im Land Brandenburg unterstützt. Die Ausstellung schildert, wie das Christentum seit Karl dem Großen in den "heidnischen" Norden gebracht wurde, und sie zeigt, welchen Anteil Ziesar daran hatte.

Die Übertragung des Besitzes durch Kaiser Otto den Großen an die Brandenburger Bischöfe machte den Weg frei, hier eine Residenz zu errichten, die mit der Zeit immer weiter ausgebaut und verändert wurde. Am Ende der Ausstellung steht die Zeit der Reformation, zu der sich der damalige Kurfürst Joachim II. von Brandenburg 1539 bekante, mehr von seiner Familie und seinen Untertanen gedrängt als innerer Überzeugung folgend. Als geistliche Reichsfürsten hielten die Bischöfe von Brandenburg nicht auf der Dominsel zu Brandenburg an der Havel Hof, sondern in Ziesar, wo sie Urkunden ausstellten, mit dem Papst und den Fürsten ihrer Zeit korrespondierten, Gesandte empfingen und sich um die Zustände in ihrer Diözese kümmerten. Eine Genealogie führt auf, wer die geistlichen Herren waren, erklärende Texte machen mit ihren Leistungen bekannt, so weit man von ihnen weiß. Es wird auch geschildert, wie sie sich der Eingriffe in ihre Kompetenzen durch die weltliche Macht in Gestalt des Kurfürsten von Brandenburg erwehrten.

Komfortable Fußbodenheizung erwärmte das ganze Haus

Die geistliche Laufbahn einzugehen, hatte für junge Adlige durchaus Reiz, denn sie erwarben gediegenes akademisches Wissen, das ihre weltlichen Standesgenossen selten erreichten, ist beim Rundgang zu erfahren. Schnell erklommen sie hohe und höchste Sprossen der gesellschaftlichen Stufenleiter. Auf der anderen Seite mussten sie nicht auf weltliche Freuden verzichten. Manche Priester und Bischöfe hatten Frauen und Kinder, natürlich illegitime, und auch für ihr leibliches Wohl wurde hinter den Burgmauern gesorgt, wie die gut ausgestatteten Küchen und Weinkeller zeigen, deren Spuren gefunden wurden. Die komfortable Fußbodenheizung, die vom Keller aus befeuert wurde und hat das ganze Haus erwärmt. Die Reste sind erhalten und werden auch im Rahmen des Rundgangs gezeigt. Wer sich etwas zu Schulden kommen ließ, wurde ins Burggefängnis gesteckt. Inschriften aus dem 16. Jahrhundert belegen, dass der Bischof als Gerichtsherr Strafen verhängte, auch solche, für deren Vollstreckung der Henker zuständig war. Da aus vorreformatorischer Zeit nicht viele Dokumente und Sachzeugen erhalten sind, muss die Ausstellung mit wenigen, aber qualitätvollen Exponaten auskommen. Gezeigt werden unter anderem archäologische Fundstücke, ein Burgmodell, Urkunden, Siegel, Gegenstände aus dem bischöflichen Haushalt, die bei Ausgrabungen gefunden wurden. Wie die Räumlichkeiten der Residenz ausgesehen haben, erfährt man in einem über zwei Etagen reichenden Raum mit dunkelrot bemalten Kreuzrippen in der Decke. Hier könnte Gericht gehalten worden sein, denkbar wäre auch die Nutzung als Bibliothek oder als Empfangsraum des Bischofs.

Bedeutender Fund von Gold- und Silbermünzen

Ein bedeutender Münzfund wurde 1993 in Ziesar bei Schachtarbeiten gemacht. Auf die prompte Meldung des Finders sicherten Mitarbeiter des Brandenburgischen Landesmuseums für Ur- und Frühgeschichte unverzüglich Fund und Fundstelle. Nachuntersuchungen brachten weitere Münzen und Scherben eines einhenkligen Topfes ans Tageslicht. Vorhandene Faserreste an einzelnen Münzen lassen auf einen Lederbeutel schließen, in dem die Münzen im Topf lagen. Der Schatz umfasst 56 Gold- und 178 Silbermünzen vom Ende des 15. Jahrhunderts in Gestalt eines nach 1471 geprägten Dukaten des ungarischen Königs Matthias Corvinus bis zum Jahr 1755, das durch einen Doppelgroschen König Friedrichs II. von Preußen belegt ist. Das Vermögen ergibt umgerechnet bei den Goldmünzen 232, 5 Taler und bei den Silbermünzen etwa 32 Taler. Das entspricht fast dem Jahresgehalt des Hofcompositeur Friedrichs des Großen, Carl Philipp Emanuel Bach. Der Sohn des Leipziger Thomaskantors Johann Sebastian Bach erhielt ein recht schmales Jahressalär von nur 300 Talern.

Der Schatz stellt ein relativ kurzfristig zusammengetragenes Vermögen dar, das sein leider nicht namentlich bekannt Besitzer im Zusammenhang mit dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) vergraben und damit vor feindlichen Truppen in Sicherheit gebracht hat. Goldmünzen Friedrichs des Großen traten bisher in solcher Zahl bisher noch in keinem brandenburgischen Fund auf. Verschiedene Münzen sind nach dem Fuß der 1750 von Friedrich II. veranlassten Münzreform geprägt. Es kann sein, dass der unbekannte Besitzer wohl den neuen Reichstalern mit dem Brustbild des Monarchen nicht recht getraut hat, weshalb er sich auf wertbeständiges Gold konzentrierte verlegte und keines dieser neuen Gepräge beiseitegelegt hat. Er hielt sich an kleinere Sorten und sammelte fleißig Goldmünzen. So kommt es, dass ein Doppelfriedrichsdor, 34 Friedrichsdor und zehn halbe Friedrichsdor von 1750 bis 1752 in dem Fund lagen, alle in vorzüglicher, in vielen Fällen auch prägefrischer Erhaltung. Unbekannt ist bisher ein Magdeburger Dukat von 1708 mit Brustbild König Friedrichs I. und der Kette des Schwarzen Adlerordens um das Monogramm FR.

Vertreten sind in geringer Zahl Münzen aus Braunschweig-Lüneburg, Sachsen, Mansfeld und anderen Kleinstaaten, aber auch Goldmünzen aus den Niederlanden, Schweden, Ungarn und Spanien. Eine Besonderheit ist ein Jefimok genannter Taler des Herzogs Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel von 1595 mit zwei russischen Gegenstempeln, die aus der Jahreszahl 1655 und einem Reiter bestehen. Auf diese Weise hat man damals in Russland ausländisches Geld kurzerhand zu eigenem gemacht. Wer der ursprüngliche Besitzer war und was ihn bewogen hat, die Münzen zum Teil aus fernen Ländern zu horten, ist nicht bekannt.

16. Dezember 2018

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