Erinnerung an kaiserliche Zeiten
Magdeburg ist stolz auf einen goldenen Reiter und ehrt einen klugen Ritter



Wen der gekrönte Reiter darstellt und zu welchem Zweck er aufgestellt wurde, ist bei Kunst- und Regionalhistorikern umstritten. Manche sehen in dem vergoldeten Reiter das Idealbild Kaiser Ottos I., des Großen, der das Erzbistum Magdeburg im Jahre 968 gründete und im Magdeburger Dom bestattet wurde.



Der rechtskundige Ritter Eike von Repgow hält auf dem heutigen Platz des 17. Juni in Magdeburg Wache.





Die Miniaturen aus dem von Eike von Repgow verfassten Sachsenspiegel zeigen, wie Untertanen ihrem König huldigen und wie dieser seinem Münzmeister über die Schulter schaut.





Das in den 1920-er Jahren von Ernst Barlach geschaffene Denkmal im Magdeburger Dom ehrt die Toten des Ersten Weltkriegs. Die Nachbildung des Berliner Kollwitz-Denkmals steht in der Nähe des Magdeburger Doms. Barlach und Kollwitz wurden von den Nazis als "entartete" Künstler diffamiert. (Fotos/Repros: Caspar)

Wie Dresden, so besitzt auch Magdeburg einen goldenen Reiter, allerdings ist das auf dem Alten Markt in der ehemaligen Festungsstadt Magdeburg aufgestellte Monument mit dem des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs Augusts des Starken auf dem Neuen Mark in Dresden aus dem Jahr 1738 nicht zu vergleichen. Die Figur eines reitenden Kaisers oder Königs aus der Zeit um 1240 im Herzen der heutigen Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt gilt als das älteste Standbild unter freiem Himmel nördlich der Alpen. Die Skulptur nicht weit vom Denkmal Otto von Guerickes ist nicht das kostbare Original aus Sandstein, das im Kulturhistorischen Museum der Stadt Magdeburg aufgestellt ist, sondern eine Bronzenachbildung von 1966, die die Bildhauer Fritz Maenicke und Heinrich Apel geschaffen haben. Im Jahr 2001 wurde der Magdeburger Reiter, so die volkstümliche Bezeichnung, auf Grund von Fassungsspuren aus der Barockzeit vergoldet. Mit ihm hat man auch die beiden in lange Gewänder gehüllten weiblichen Assistenzfiguren mit einer Fahnenlanze beziehungsweise einem Schild mit Blattgold belegt. Geschützt wird die Figurengruppe durch einen steinernen Baldachin auf acht korinthischen Säulen.

Vorbilder für die überlebensgroße Reiterfigur werden in Oberitalien und Frankreich vermutet, stilistische und zeitliche Bezüge gibt es zum so genannten Bamberger Reiter, die wohl größte Sehenswürdigkeit im Dom zu Bamberg. "Der Übernahme des spätantiken Motivs kaiserlicher Reiterstandbilder liegt möglicherweise eine Berufung auf das christliche Imperium romanum zugrunde, womit der Dargestellte in die Nachfolge Konstantins des Großen gestellt würde", heißt es im Dehio-Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Sachsen-Anhalt Bd. I aus dem Jahr 2002. "Die historisch einleuchtendste Interpretation bringt das Standbild mit dem Burggrafengericht in Verbindung, das vom Erzbischof selbst bis in das 16. Jahrhundert an der Stelle, auf die die Schwurhand des Kaisers hinweist, an der Südecke des Rathauses und Reiterstandbild abgehalten wurde; es wäre somit Symbol der obersten Rechtsinstanz, nämlich des Kaisers, der nach mittelalterlicher Vorstellung von Gott selbst zum obersten Rechtshüter bestellt ist".

Eine Reliefdarstellung an der Rathaustür und ein Denkmal in der Hallischen Straße, dem Innenministerium von Sachsen-Anhalt schräg gegenüber, erinnern an den Ritter Eike von Repgow, der 1244 und 1231 den Sachsenspiegel, eine im sächsischen Raum geltende Gesetzessammlung, niederschrieb. Eike von Repgow hat wahrscheinlich von 1180 bis 1233 gelebt und war Inhaber eines freien Schöffenstuhles. Das berechtigte und verpflichtete ihn, an Gerichtsverhandlungen teilzunehmen. Seine Arbeit am Sachsenspiegel wurde vom Grafen Hoyer von Falkenstein gefördert, worauf eine Gedenktafel unterhalb der Burg Falkenstein im Selketal (Harz) hinweist. Hier soll Eike von Repgow das berühmte Gesetzeswerk verfasst haben. Mit ihm wurde kein neues Recht geschaffen, sondern das bis dahin nur mündlich überlieferte Gewohnheitsrecht schriftlich fixiert. Das von dem Bildhauer Hans Grimm im Jahr 1937 geschaffene und auf dem Platz des 17. Juni (1953) stehende Denkmal zeigt Eike von Repgow auf dem flachen Boden sitzend. Die Hände sind ausgebreitet, zwischen den Beinen liegt quer ein Schwert. Da es keine bildlichen Überlieferungen darüber vorliegen, wie der Ritter ausgesehen hat, ist sein Kopf und der streng nach vorn gerichtete Blick ein reines Phantasieprodukt. Symbolische Figuren sowie die Inschrift "Eike von Repgow" schmücken den schon ziemlich angegriffenen Kalksteinsockel.

Weitere Denkmäler erinnern in Magdeburg vor der Johanniskirche an Martin Luther (Bildhauer: Emil Hundrieser, aufgestellt 1886) sowie als Brunnenfigur den berühmten Doktor Eisenbart, einen reisenden Wunderarzt, der durch seine ausgefallenen Heilmethoden berühmt wurde und 1703 das Bürgerrecht Magdeburgs erwarb (Bildhauer: Fritz Grävenitz, 1939). Erinnert wird seit 1996 auch an Friedrich Wilhelm von Steuben, einen in Magdeburg geborenen preußischen Offizier, der sich als General während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges große Verdienste erworben hat (von Albert Jaegers, weitere Abgüsse des Monuments in Washington befinden sich in Berlin-Dahlem und Potsdam). Ferner seien erwähnt eine Stele zur Erinnerung an den Schriftsteller und Theaterleiter Karl Immermann (von Carl Echtermeier, 1896), eine Kolossalbüste unweit des Doms im Fürstenwallpark des Mitbegründers der patriotischen Turnerbewegung Karl Friedrich Friesen (von Ernst Habs, 1893) sowie nicht weit davon entfernt ein aufwändig dekoriertes Kriegerdenkmal, das an den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 erinnert und die Gründung des Deutschen Reiches feiert (von Hermann Eggert, 1877).

9. Februar 2018



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