Mit Feuer und Schwert gegen Raubritter
Vor über 600 Jahren traten die Hohenzollern als Kurfürsten von Brandenburg ein schweres Erbe an



Kurfürst Friedrich I. wird 1415 mit der Markgrafschaft Brandenburg belehnt. Farbige Miniatur aus dem 15. Jahrhundert.



Denkmal des Kurfürsten Friedrich I. vor der Burg in Tangermünde. Sein Nachfolger Friedrich II. der Eiserne verlegte die Residenz von hier an die Spree und bekam Ärger mit den Berlinern, die seinen Schlossbau sabotierten.



Friedrich I. und seine Nachfolger sahen sich immer wieder gezwungen, mit Waffengewalt gegen aufsässige Adelsfamilien vorzugehen oder sich mit ihnen gegen äußere Feinde zu verbünden. Die volkstümliche Grafik, die Brandenburgs ersten Kurfürsten in seiner kostbaren Hofrobe hoch zu Ross zeigt. stammt aus dem späten 19. Jahrhundert.



Der Kurfürst Johann Georg II. von Sachsen (mit dem Kurschwert) und sein brandenburgischer Kollege Friedrich Wilhelm (mit dem Kurzepter) in ihrer Amtstracht auf einem Kupferstich aus dem 17. Jahrhundert. (Fotos/Repros: Caspar)

Fast fünfhundert Jahre saßen die Hohenzollern in der Mark Brandenburg - von 1415 bis zur Novemberrevolution 1918, in der Wilhelm II., genannt "der Letzte", neben seinem Amt als deutscher Kaiser auch den Titel eines Königs von Preußen verlor. In äußerst unruhiger Zeit verlieh Kaiser Sigismund am 30. April 1415 auf dem Konzil zu Konstanz einem seiner Getreuen, dem Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg, offiziell die Würde des Markgrafen von Brandenburg sowie eines Kurfürsten des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation. Kniend nahm der neue Herr über das im Inneren zerrissene und auch ziemlich armselige Kurfürstentum Brandenburg die Würde an und gelobte Sigismund ewige Treue und Gefolgschaft.

Durch den Eintritt in den exklusiven Kreis der geistlichen und weltlichen Kurfürsten spielte der Markgraf von Brandenburg, der sich nun Friedrich I. nannte, in der ersten Liga der deutschen Fürstenriege mit. Er hatte das Recht, das Reichsoberhaupt zu wählen, übernahm aber auch das Zeremonialamt eines Erzkämmerers. Auf Wappen und Münzen wird es durch ein Zepter ausgedrückt, während die Kurfürstenwürde durch einen mit Hermelinfell besetzten Samthut unterstrichen wird. Bei Krönungsfeierlichkeiten und anderen Missionen musste der Kurfürst von Brandenburg dem Kaiser zu Diensten sein, eine leichte Übung verglichen mit der Macht, die die Angehörigen des Wahlmännergremiums hatten. Bis zur offiziellen Auflösung des römisch-deutschen Reiches im Jahr 1806 trugen die Könige den kurfürstlichen Titel, der mit der Bildung des Königreichs Preußen im Jahr 1701 an die zweite Stelle der Titulatur rückte. Tand von Nürnberg

Kurfürst Friedrich I. übernahm ein schweres, undankbares Amt, sah sich hinterhältigen Feinden gegenüber und musste sich mit einer mächtigen Adelsopposition auseinander setzen. 1411 war Markgraf Jost von Mähren kinderlos gestorben, ein Verwandter Kaiser Sigismunds. Der sah sich nach einem tatkräftigen, mutigen und loyalen Nachfolger um und fand ihn im Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg. Sigismund ernannte diesen seinen Ratgeber 1412 zum "rechten Obristen und gemeinen Verweser und Hauptmann" in der Mark Brandenburg. Als Vertreter des Kaisers hatte er den Auftrag, Ruhe und Ordnung in dem Landstrich an der Ostgrenze des Reiches herzustellen. Für seine Dienste stellte Sigismund dem Burggrafen Friedrich die Riesensumme von 100 000 Goldgulden in Aussicht, die aber nie ausgezahlt wurde. Mehr als dieses Lockmittel wirkte, dass die aus Schwaben stammende Hohenzollern dauerhaft die Mark Brandenburg erhalten würden, wenn sie diesen Auftrag erfüllt.

Dass ein "Hergelaufener" ihnen Befehle erteilt, schmeckte alteingesessenen Adelsgeschlechtern überhaupt nicht. Ihnen war ein schwacher Landesherr viel lieber, weil sie unkontrolliert ihren eigenen Interessen nachgehen konnten. Die Quitzows und andere Familien blieben denn auch der Huldigung dem "tant von Nurenberg" (Tand von Nürnberg) demonstrativ fern, hingegen schlossen sich zahlreiche Städte dem Burggrafen Friedrich an, weil sie sich von ihm mehr Sicherheit versprachen. Außerdem hatte der neue Herr ihnen ihre Privilegien bestätigt. Den Durchbruch in der leidigen Anerkennungsfrage schaffte der Bischof von Brandenburg, der sich von den Quitzows löste und zum neuen Landesherrn überlief. Das geschah alles 1412, drei Jahre vor der offiziellen Bestallung des Burggrafen von Nürnberg als brandenburgischer Kurfürst. Sie konnte erst vollzogen werden, nachdem die Kraft der adligen Opposition in der Mark sowohl mit diplomatischem Geschick als auch mit Waffengewalt gebrochen war, allerdings nicht auf Dauer.

Feuer, Schwert und Kerkerhaft

Um seine Macht zu festigen, schloss Friedrich I. Bündnisse mit geistlichen und weltlichen Fürsten in der Nachbarschaft der Mark Brandenburg und verständigte sich mit der Adelsfronde. Wo gute Worte nicht halfen, taten es Feuer, Schwert und Kerkerhaft, aber auch Geld und Gewährung von Privilegien. Einer der Anführer der vor allem im Havelland ansässigen Opposition gegen den Hohenzollern, Kaspar Gans zu Putlitz, schmorte ein paar Jahre im Kerker auf der Burg der Bischöfe von Brandenburg in Ziesar. Hier wird seit einigen Jahren in einer neuen Ausstellung über die Christianisierung der Mark Brandenburg und das Leben auf der inzwischen restaurierten Burg berichtet.

Friedrich von Hohenzollern musste manche Niederlagen und Rückschläge hinnehmen, bis er endlich während des Konzils zu Konstanz am Bodensee die Insignien seiner kurfürstlichen Würde entgegen nehmen konnte. Zeitgleich nahm der Einfluss der Adelsopposition ab, die immer weniger Rückhalt bei auswärtigen Fürsten, etwa bei Herzog Ulrich von Mecklenburg, mehr fand. Ein wenig fester im Sattel sitzend, konnte der nunmehrige Friedrich I. am 21. Oktober 1415 in Berlin eine zweite Huldigung der brandenburgischen Stände entgegen nehmen. Wie sich bald zeigte, war der Landfrieden brüchig, denn immer wieder erhoben sich einflussreiche Familien gegen die Hohenzollern, und es kam zu Übergriffen auf Städte, die zu den Hohenzollern hielten.

Friedrich I. und seine Nachfolger herrschten über einen rohstoffarmen, waldreichen Agrarstaat mit kleinen Städten darin. Das man Kurbrandenburg als märkische Streusandbüchse verspottete, kam nicht von ungefähr. Denn außer Sand, Kiefern und viel Wasser hatte das Land nicht viel zu bieten, es besaß keine Bodenschätze wie das benachbarte Sachsen oder die braunschweigischen Herzogtümer, die die Ausbaute ihre Bergwerker in klingende Münze verwandeln konnten. Es kostete viel Mühe, das Land zu stabilisieren und Angriffe gieriger Nachbarn abzuwehren. Vordringlich war der Ausbau der Infrastruktur, die Anlage von Straßen und Kanälen, die Bekämpfung von Hungersnöten und Seuchen, die immer wieder hohe Menschenopfer forderten. Da sich Friedrich I. auch um seine fränkischen Besitzungen kümmern musste und als Kurfürst in Angelegenheiten des Reichs unterwegs war, beauftragte er seinen Sohn und späteren Nachfolger Friedrich (II.), Ordnung in der Mark Brandenburg zu schaffen und gegen das Raubritterunwesen vorzugehen.

Hang zu Trunk und Faulheit

Als Friedrich I. starb, bestieg sein Sohn als Friedrich II., genannt der Eiserne oder Eisenzahn, den brandenburgischen Thron. Mit ihm war nicht gut Kirschen essen, zumal er sich mit den Bürgern der Doppelstadt Berlin-Cölln anlegte. Er verlegte seine Residenz von Tangermünde an der Elbe nach Berlin an der Spree und brachte sogleich die Bewohner der Stadt durch den Bau einer mächtigen Burg gegen sich auf. Dieses Gebäude war der Kern des Berliner Schlosses, dessen Ruine 1950 abgerissen wurde und dessen Wiederaufbau als Humboldt-Forum langsam zuende geht. Beim "Berliner Unwillen" (1440-1448), lehnten sich die Bewohner der Doppelstadt Berlin-Cölln gegen die landesherrliche Bevormundung und den Bau des als Zwingburg empfundenen Schlosses auf. Aufs Jahr genau 400 Jahre später brach die Revolution von 1848 aus, die die Königsherrschaft für einen Moment ins Wanken brachte.

Dass es in der Kurmark mit Kultur und Bildung nicht sehr weit her war, erfahren aus Klagen über die Berliner, denen in der frühen Neuzeit ein Hang zum Trunk, zur Faulheit und zu Ausschweifungen nachgesagt wurde. Doch es gab auch die andere Seite, nämlich die von einem dieser Kurfürsten, Joachim Friedrich, ganz weit weg von "lasterhaften" Berlin, im uckermärkischen Joachimsthal, betriebene Bildungspolitik, die Schaffung neuer Einnahmequellen in Gestalt von Glashütten und Eisenwerken, eine auf Festigung der Macht des Herrscherhauses betriebene Heiratspolitik und den Griff nach östlichen und westlichen Territorien zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Und es gab die Errichtung von Festungen durch italienische Baumeister und die Verschönerung der Residenzstädte. Berlin und Potsdam erlebten erst unter dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm und seinen Nachfolgern einen rasanten Aufstieg als brandenburg-preußische Residenz- und Soldatenstädte, und davon ist noch manches ungeachtet von Kriegen und Katastrophen an beiden Orten noch zu sehen.

10. Januar 2018

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