Ellenlange Herrschertitel galten oft nur pro forma
Preußens König Friedrich II. leitete fragwürdige Ansprüche auf schlesische Herzogtümer aus vergilbten Urkunden ab



Die Wappenscheibe aus dem Jahr 1598 im Märkischen Museum am Köllnischen Park in Berlin symbolisiert Besitzungen und Ansprüche des Markgrafen Johann Sigismund, der 1609 als Kurfürst den brandenburgischen Thron bestieg.



Das Edikt von 1696 zählt in einer Auswahl in deutscher und französischer Sprache die Titel des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III., der sich 1701 zum König in Preußen krönte.



Das vielgeteilte preußische Königswappen aus dem 18. Jahrhundert, dargestellt als Vignette auf einer Landkarte, ist mit den Insignien des 1701 gestifteten Hohen Ordens vom Schwarzn Adler geschmückt.





Auf dem Holzstich von Adolph Menzel nimmt der siegreiche Preußenkönig Friedrich II. die Huldigung der schlesischen Stände an. Die farbige Grafik aus der Zeit um 1880 zeigt ihn als Befehlshaber der hinter ihm angetretenen Soldaten.





Der Kupferstich zeigt, welche Herzogtümer in den Schlesischen Kriegen mit Waffengewalt der preußischen Krone zugeschlagen wurden. Die Silbermünze von 1743 nennt auf der Rückseite Friedrichs neuen Titel als Oberster Herzog von Schlesien.



Der Reichsadler auf kommt den nach 1871 geprägten deutschen Münzen mal schmal, ab 1890 in breiter Form vor. Stets aber liegt das preußische Wappen auf seiner Brust und unterstreicht damit, dass das Deutsche Reich von Preußen dominiert wird. (Fotos/Repros: Caspar)

Die Kurfürsten von Brandenburg und Könige von Preußen führten einen ellenlangen Titel und schmückten sich mit unterschiedlich großen Wappenschildern. Vielfach verkündeten die Herrschertitel durch Erbschaft oder Heirat erworbene Ansprüche wie Herzog von Mecklenburg oder Landgraf von Hessen, die aber nicht durchgesetzt wurden. Ab und zu führten unterschiedliche Potentaten den gleichen Titel. So nannte sich Preußens König Wilhelm I. unter anderem Fürst von Pyrmont. Im Unterschied dazu ließ sich Georg Viktor mit "regierender Fürst von Pyrmont" ansprechen. 1864 ordnete Wilhelm I. an, dass die Zahl von mehr als 50 Titeln nicht überschritten werden soll. Der große Titel der deutschen Kaiser enthält die vollständige Aufzählung der einzelnen Titel, die sie als König von Preußen führten. Zu besonderen Anlässen, etwa wenn eine Standeserhöhung verkündet wurde, hat man diesen langen Titel auf entsprechenden Urkunden vermerkt, ansonsten hat man sich mit "etc. etc." beholfen und damit signalisiert, dass zum Kaiser- und Königstitel noch weitere gehören.

In einem königlichen Erlass vom 16. August 1873 zu den preußischen Titeln und Wappen legte Wilhelm I. fest: "Nachdem durch Gesetz vom 20. September 1866 das Königreich Hannover, das Kurfürstentum Hessen, das Herzogtum Nassau und die freie Stadt Frankfurt und durch Gesetz vom 24. Dezember 1866 die Herzogtümer Holstein und Schleswig mit der preußischen Monarchie auf immer vereinigt worden sind, Ich auch in den Patenten wegen Besitznahme der gedachten Landesteile vom 3. Oktober 1866 und vom 12. Januar 1867 Mir vorbehalten habe, die entsprechenden Titel Meinem Königlichen Titel hinzuzufügen, ist eine Abänderung des großen und mittleren Königlichen Titels, wie er durch die Verordnung vom 9. Januar 1817 festgestellt worden, und zugleich eine Abänderung des durch den Erlass vom 11. Januar 1864 berichtigten großen und mittleren Königlichen Wappens notwendig geworden. Ich bestimme deshalb hiermit, dass der große und mittlere königliche Titel in Zukunft in dem aus der Anlage A zu entnehmenden Wortlaut und das große und mittlere königliche Wappen in einer Form geführt werde, wie sie aus der Feldereinteilung in Anlage B und der Beschreibung in Anlage C näher zu ersehen ist. Der große Titel und das große Wappen sollen bei den in feierlicher Form auszufertigenden Urkunden, namentlich in Angelegenheiten meines Hauses und behufs Standeserhöhungen in Anwendung kommen. Im übrigen verbleibt es sowohl wegen des kurzen Königlichen Titels und des kleinen Königlichen Wappens, als wegen des Gebrauchs der verschiedenen Arten des Titels und Wappens bei den Vorschriften der Verordnung vom 9. Januar 1817, und sollen auch die Dienstsiegel der Behörden einstweilen unverändert beibehalten, und erst wenn sie unbrauchbar werden, durch neue, Meinen gegenwärtigen Bestimmungen entsprechende Siegel ersetzt werden. Ich beauftrage das Staatsministerium, diesen Erlass zur Nachachtung für sämtliche Behörden durch die Gesetz-Sammlung bekannt machen zu lassen."

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Wilhelms I. großer Titel hatte folgenden Wortlaut: "Wir Wilhelm von Gottes Gnaden König von Preußen, Markgraf zu Brandenburg, Burggraf zu Nürnberg, Graf zu Hohenzollern, Souveräner und oberster Herzog von Schlesien wie auch der Grafschaft Glatz, Großherzog vom Niederrhein und Posen, Herzog zu Sachsen, Westfalen und Engern, zu Pommern, Lüneburg, Holstein und Schleswig, zu Magdeburg, Bremen, Geldern, Cleve, Jülich und Berg, sowie auch der Wenden und Kaschuben, zu Krossen, Lauenburg, Mecklenburg, Landgraf zu Hessen und Thüringen, Markgraf der Ober- und Niederlausitz, Prinz von Oranien, Fürst zu Rügen, zu Ostfriesland, zu Paderborn und Pyrmont, zu Halberstadt, Münster, Minden, Osnabrück, Hildesheim, zu Verden, Kammin, Fulda, Nassau und Mörs, gefürsteter Graf zu Henneberg, Graf der Mark und zu Ravensberg, zu Hohenstein, Tecklenburg und Lingen, zu Mansfeld, Sigmaringen und Veringen, Herr von Frankfurt."

Interesse verdient, wie Preußens König Friedrich II., der Große, zu seinem Titel "Oberster Herzog von Schlesien" kam. Ende 1740 hatte er einen Krieg um die zur österreichischen Krone gehörende Provinz Schlesien begonnen. Für den Überfall machte er uralte Erbansprüche auf die schlesischen Herzogtümer geltend, doch war es auch die Sucht des Achtundzwanzigjährigen, sich durch militärische Erfolge einen Namen zu machen. "Der Stier muss Furchen ziehen, die Nachtigall singen, der Delphin schwimmen und ich - muss Krieg führen", gestand der König seinem Brieffreund und zeitweiligen Gast im Schloss Sanssouci Voltaire. "Ich fasste den Entschluss, die Fürstentümer Schlesiens in Anspruch zu nehmen, auf welche mein Haus sehr begründete Rechte hatte, und ich ergriff Maßregeln, um meine Ansprüche auf dem Wege der Waffen zu verfolgen. Das war ein unfehlbares Mittel, die Macht meines Hauses zu vermehren und Ruhm zu erwerben, wenn das Glück meinen Unternehmungen zu Hilfe kam", schrieb Friedrich II. 1775 in der "Geschichte meiner Zeit". Bei der Kriegserklärung Ende 1740 an Österreich sei es auch darum gegangen, eines Tages als großer Feldherr in den Geschichtsbüchern erwähnt zu werden. "Rechnet man zu all diesen Beweggründen noch den Reiz eines zahlreichen und mobilen Heeres, die gute Ordnung der Finanzen, die großen Reichtümer, die den Schatz der Krone füllten (und vielleicht die Begierde, mir einen Namen zu machen), so kennt man alle Gründe, die ich hatte, Maria Theresia, der Königin von Ungarn und Böhmen, den Krieg zu erklären".

Krieg um die reiche Provinz Schlesien

Da der 1740 verstorbene Kaiser Karl VI. keinen männlichen Erben hinterließ, gingen die Königreiche Böhmen und Ungarn und weitere Besitztümer an seine Tochter Maria Theresia über. Durch Heirat mit Herzog Franz Stephan von Lothringen und dessen Wahl zum römisch-deutschen Kaiser Franz I. wurde sie 1745 Kaiserin. Die unklare Erbfolgelage bot Friedrich II. eine willkommene Gelegenheit zum Losschlagen, und so befahl er seinem Außenminister Heinrich Graf von Podewils, in alten Dokumenten die Gründe für den Krieg gegen das Haus Habsburg um den Besitz der schlesischen Fürstentümer aufzuspüren und zu verbreiten. Die Ansprüche bezogen sich auf die Liegnitzer Erbverbrüderung von 1537, derzufolge die Fürstentümer Liegnitz, Wohlau und Brieg nach dem Aussterben des nach ihrem Stammvater benannten schlesischen Herzoghauses Piasten an die Hohenzollern übergehen sollten.

Die nach dem Tod des letzten Piasten im Jahr 1675 erhobenen Ansprüche des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm ließen sich nicht durchsetzen, erst dem Urenkel Friedrich II. ist das gelungen. "Die Rechtsfrage ist Sache der Minister, also die Ihrige; es ist Zeit, im Geheimen daran zu arbeiten, denn die Befehle an die Truppen sind gegeben", schrieb der König an Podewils. So kommt es, dass der im Krieg gegen Maria Theresia erfolgreiche Preußenkönig das Münzedikt vom 14. Juli 1750, mit dem die Einführung des Vierzehn-Taler-Fußes im Rahmen der Graumannsche Münzreform verkündet wurde, mit dieser Aufzählung begann: "Wir Friderich von Gottes Gnaden König in Preussen, Marggraf zu Brandenburg, des Heil. Röm. Reichs Ertz-Cämmerer und Chur-Fürst, Souverainer und Oberster Hertzog von Schlesien, Souverainer Printz von Oranien, Neufchatel und Vallengin, wie auch der Graffschaft Glatz, in Geldern, zu Magdeburg, Cleve, Julich, Berge, Stettin, Pommern, der Cassuben und Wenden, zu Mecklenburg und Crossen Hertzog, Burggraf zu Nürnberg, Fürst zu Halberstadt, Minden, Camin, Wenden, Schwerin, Ratzeburg, Ost-Frießland und Meurs, Graf zu Hohenzollern, Ruppin, der Marck, Ravensberg, Hohenstein, Tecklenburg, Schwerin, Lingen, Bühren und Lehrdam, Herr zu Ravenstein, der Lande Rostock, Stargardt, Lauenburg, Bütow, Arlay und Breda etc."

4. September 2018

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