Geburtsort der Moderne
Die für 2019 geplante Gedenkmünze "100 Jahre Bauhaus" würdigt neue Bestrebungen in der bildenden Kunst und der Architektur



Die von Bastian Prillwitz gestaltete Bauhaus-Münze 2019 zu 20 Euro wird in Hamburg mit dem Buchstaben J geprägt.





Bereits 2004 würdigte die von Heinz Hoyer entworfene Münze zu 10 Euro das zum Weltkulturerbe gehörende Bauhaus in Dessau. (Fotos: Wuthenow/Caspar)

Das kommende Jahr gibt Anlass für verschiedene Jubel- und Gedenkfeiern. An zweihundert Jahre "Karlsbader Beschlüsse" wird man sich nur mit Widerwillen erinnern, war doch die Übereinkunft von europäischen Potentaten der Ausgangspunkt für massive Verfolgung von Menschen, die sich für die Befreiung von feudalen Fesseln, für die Mitbestimmung der Völker bei der Gestaltung ihrer Angelegenheiten, für die Abschaffung der Zensur und die Gewährung elementarer Menschenrechte sowie - speziell in Deutschland - die Überwindung der elenden Kleinstaaterei einsetzten und dafür verfolgt und ins Gefängnis geworfen wurden. Hundert Jahre später waren die Forderungen von damals in der neu gegründeten Weimarer Republik Verfassungsgrundsatz, mussten aber mühsam verwirklicht werden.

Es war kein Zufall, dass nach dem Ersten Weltkrieg, ja eigentlich schon davor auch im Bereich der bildenden Kunst und Architektur ganz neue Wege beschritten wurden. Die unter dem Logo "Bauhaus" firmierende Bewegung wird im kommenden Jahr durch eine bemerkenswerte 20-Euro-Münze und eine Sonderbriefmarke gewürdigt. Beide Neuerscheinungen rücken das Gemälde "Bauhaustreppe" von Oskar Schlemmer aus dem Jahr 1932 in den Mittelpunkt. Das von der Jury mit dem ersten Preis bedachte Münzmodell des Berliner Designers Bastian Prillwitz schildert analog zu Schlemmer, wie drei Menschen eine Treppe besteigen und die um sie stehenden Wohn- und Fabrikgebäude sowie Industrieerzeugnisse betrachten. Dass es sich bei den Bauwerken sowie der links oben ganz klein angedeuteten Lampe und dem Schwingsessel um Schöpfungen der Moderne handelt, wird durch die vertiefte Inschrift "100 JAHRE BAUHAUS" unterstrichen. Die Jury bescheinigte dem Münzentwurf, er gerate durch seine inhaltliche Vielschichtigkeit "zu einer Erlebniswelt im Miniaturformat, die den Betrachter durch 100 Jahre Bauhaus begleitet." Die anderen Münzentwürfe zeigen Gebäudeansichten, Symbole wie Quadrat, Dreieck und Kreis sowie Bildnisse von Walter Gropius und sogar einen Mann, der es sich in einem von Ludwig Mies van der Rohe entworfenen Schwingsessel gemütlich macht, in einem damals ungewöhnlichen Möbelstück, das wegen seiner Eleganz und Zeitlosigkeit bis heute nachgebaut und benutzt wird. Alle diese Münzmodelle fanden bei der Jury keine Gnade, und so wird der Entwurf von Bastian Prillwitz demnächst, in Silber oder Neusilber geprägt und mit der Randschrift DIE WELT NEU DENKEN versehen, in unserer Hand liegen.

Ohne dass Bauhaus-Gründer Martin Gropius und seine Mitstreiter wie Gerhard Marcks, Lyonel Feininger, Paul Klee, Ludwig Mies van der Rohe und Wassili Kandinsky genannt werden, ist die neue, in Hamburg mit dem Buchstaben J geprägte Münze eine Hommage an das Staatliche Bauhaus Weimar und seine Vertreter. Bei ihrem Anblick wird man sich hinzu denken müssen, dass die allen Plüsch und Plunder vergangener Kunstepochen über Bord werfende Bauhaus-Avantgarde nur bis 1925 in Weimar geduldet wurde und schon damals manchen Anfeindungen ausgesetzt war. Die Schule war sodann bis 1931 in Dessau tätig und musste, vom Stadtrat angeblicher kommunistischer Machenschaften verdächtigt, nach Berlin umziehen, wo ihr nach der Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur der Garaus gemacht wurde. Verschiedenen Lehrern und Studenten gelang die Flucht ins Ausland, wo sie weiter erfolgreich für die Ideen des Bauhauses warben und in seinem Geiste tätig waren.

Die neue Gedenkmünze reiht sich würdig in eine Serie zum Thema "Architectura in nummis" ein und liegt, wenn sie 2019 ausgeliefert sein wird, gleich neben einer deutschen 10-Euromünze von 2004 mit der programmatischen Randschrift KUNST - TECHNIK - LEHRE. Dargestellt ist auf der von dem Berliner Münz- und Medaillendesigner Heinz Hoyer gestalteten Ausgabe das zwischen 1926 und 1928 nach Plänen von Walter Gropius errichtete, in den vergangenen Jahren sanierte und restaurierte sowie in eine Stiftung umgewandelte Bauhaus mit der auffälligen, senkrecht angebrachten Fassadeninschrift. Es besitzt nicht nur als avantgardistisches Bauensemble internationalen Ruf und ist Pilgerstätte zahlreicher Besucher aus allen Kontinenten, sondern verkörpert zugleich eine auch durch Diktaturen niemals auszulöschende Idee.

23. Juli 2018

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