Der Heilige Eligius steht Pate
Numismatische Gesellschaft zu Berlin feierte 175jähriges Bestehen mit Vorträgen, Festschrift und einer Medaille



Die von Katrin Fahron witzig gestaltete Programm- und Menükarte zeigt vorn den an das Logo der Numismatischen Gesellschaft angelehnten Heiligen Eligius als Schutzpatron der Goldschmiede und Münzpräger sowie rückseitig einen einer französischen Grafik um 1700 nachempfundenen "Monnoyeur", dessen Körper aus einer Spindelpresse gebildet wird.



Michael Gnatzy, Bodo Broschat, Lutz Fahron und Familienangehörige gehörten zu den Teilnehmern und Ausrichtern der Jubiläumsveranstaltung im Hotel Relexa.



Katrin und Lutz Fahron mit Prof. Dr. Bernd Kluge in der Mitte, der bis 2014 das Berliner Münzkabinett geleitet hat. Im Hintergrund ein Wandschmuck mit der Inschrift "Radix omnium malorum abaritiae" (Wurzel allen Übels ist die Habsucht) auf einer päpstlichen Goldmünze von 1685.







In der Jubiläumsschrift werden die Medaillen vorgestellt, die von der NGB und im Zusammenhang mit ihren Aktivitäten herausgegeben und an verdienstvolle Mitglieder verliehen wurden, oben eine Gussmedaille von Wilfried Fitzenreiter zum 150jährigen Jubiläum 1993 und darunter die neueste Ausgabe von 2018, die Bodo Broschat vom Modell über den Stempelschnitt gestaltet und auch selber geprägt hat.



Die öffentliche Hinrichtung von Runk und Stief am 8. Juni 1718 war ein Spektakel zu dem die Berliner vor die Tore der Stadt zogen und das durch Druckschriften und Stiche weithin bekannt gemacht wurde.



Wilfried Fitzenreiter schuf die Medaille mit dem Münzmeister und seinem Gesellen am Amboss zum XII. Internationalen Numismatischen Kongress, den das Berliner Münzkabinett 1997 erfolgreich ausgerichtet hat. Die Medaille rechts zeigt als Nachprägung einer Medaille von 1700 die Sicht von Reinhold Faltz auf die damalige Haupt- und Residenzstadt Berlin und rechts ihre von den Hohenzollern angelegten Trabantenstädte.



Die Numismatische Gesellschaft zu Berlin kommt immer am letzten Donnerstag des Monats um 18 Uhr zusammen. Besucher und neue Mitglieder sind stets willkommen. Die Medaille von 2014 ehrt den bisherigen Kabinettsdirektor Bernd Kluge und würdigt die Erivan und Helga Haub-Stiftung, die das Kabinett mit großartigen Zuwendungen bedacht hat. (Fotos: Caspar)

Als die Numismatische Gesellschaft zu Berlin (NGB) vor 175 Jahren, am 22. Dezember 1843, von 36 Enthusiasten gegründet wurde, war sie nach Brüssel und London der dritte Vereinigung dieser Art in Europa, eine Versammlung vornehmer und wohlhabender Herren, die es sich leisten konnten, alte und neue Münzen und Medaillen zum eigenen Vergnügen beiseite zu legen und darüber kluge Abhandlungen zu verfassen. In der ersten Satzung von 1844 wurde als Zweck der Gesellschaft "gegenseitige Belehrung und Unterhaltung im Fache der Münzkunde" genannt. Eingeschlossen sollte auch die Sphragistik, also Siegelkunde, sein, "insofern sie für Geschichte und Kunst Interesse gewährt."

Der damals einmal im Monat festgelegte Versammlungstag findet heute unter der Leitung von Michael Gnatzy am letzten Donnerstag im Monat im Lesesaal des Münzkabinetts. Gäste und vor allem neue Mitglieder sind immer herzlich willkommen. Nur zwei Stockwerke höher kann man im Bode-Museum auf der Museumsinsel die ständige Ausstellung und eine Sonderschauen zur Geschichte des Münzkabinetts betrachten, das 2018 auf seine Gründung vor 150 Jahren als eigenständige Einrichtung der damals Königlichen, ab 1918 Staatlichen Museen zu Berlin, zurückblickt, eine Sammlung, der auch die Berliner Numismatische Gesellschaft zu Berlin freundschaftlich verbunden ist. Ihr stolzes Jubiläum hat die NGB kurz vor Weihnachten 2018 mit reger Beteiligung von Mitgliedern und Förderern sowie deren Angehörigen und Freunden im Hotel Relexa an der Anhalter Straße im Bezirk Kreuzberg ebenso würdig wie humorvoll mit Vorträgen, einer informativen und gut gestalteten Festschrift und einer von dem bekannten Münzdesigner Bodo Broschat gestalteten Medaille mit dem Blick auf das Bode-Museum als Versammlungsort und dem Heiligen Eligius als Schutzpatron der Goldschmiede und Münzpräger und zugleich Logo der NGB Berlin gefeiert.

Rückblick und Ausblick

Als Moderator führte Vorstandsmitglied Lutz Fahron durch den geselligen Abend und begann mit einer Zusammenstellung von Münzen aus den Jahren zwischen 1843 und 2018, die für die NGB und ihre Mitglieder wichtig waren: Gründung 1843, Gründung des Berliner Münzkabinetts 1868 als eigenständige Einrichtung der damaligen Königlichen Museen, 1918 Ende des Ersten Weltkriegs und der Monarchie, 1933 Neunzigjahrfeier und erschwerte Arbeit im Zeichen des Hakenkreuzes, 1943 Hundertjahrfeier des der NS-Organisation "Kraft durch Freude" unterstehenden Vereins mitten im Zweiten Weltkrieg. Nach 1945 Fortsetzung der Vereinstätigkeit in der damals geteilten Hauptstadt und nach 1961 nur noch in Westberlin, schließlich nach der Wiedervereinigung 1990 mit neuen Zielen und Kräften und heute, angedeutet durch das von Bodo Broschat geschaffene Zwei-Euro-Stück von 2018 mit dem Berliner Schloss Charlottenburg, die 175-Jahrfeier der Gesellschaft mit vielen neuen Mitgliedern mit optimistischen Ausblicken auf viele erfolgreiche Jahre. Die Stimmung war glänzend, es gab Worte des Dankes an die Adresse von Freunden und Förderern aus der Wirtschaft und dem Münzhandel, namentlich an das Auktionshaus Fritz Rudolf Künker in Osnabrück. Erinnert wurde an die Mitglieder, die schon lange von uns gegangen sind und in den Annalen der Numismatischen Gesellschaft zu Berlin einen ehrenvollen Platz innehaben. Was die NGB an Siegeln und Medaillen hinterlassen hat und in manchen Sammlungen zum Thema "Numismatica in nummis" zu finden ist, hat Michael Gnatzy in der Festschrift sorgsam katalogisiert.

Christian Stoess würdigte in seinem Vorträger Bernhard Koehne als einen der Gründungsväter der NGB, gefolgt von Bernhard Weisser, der aus dem Leben und Schaffen von Julius Friedländer berichtete, des ersten Direktors des Berliner Münzkabinetts. In einem weiteren Vortrag befasste sich Karsten Dahmen mit spektakulären Diebstählen von alten und neuen Gold- und Silbermünzen sowie Gegenständen aus Edelmetall und kostbaren Textilien im Berliner Schloss zur Zeit des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. Nach Aufdeckung und einem Gerichtsverfahren mussten vor genau 300 Jahren der im Berliner Schloss beschäftigte Schmied Daniel Stief und sein Komplice Valentin Runck unter den Augen einer großen Menschenmenge das Schafott besteigen, wo sie der Henker auf grausame Weise vom Leben zum Tod beförderte. Die antike Goldmünze aus königlichem Besitz, die das Duo an einen Hehler verkaufen wollte und durch das die Diebstahlsserie erst aufgedeckt wurde, erwies sich einhundert Jahre später als Fälschung!

Festschrift als Vorabdruck

Die zum Jubiläum als Vorabdruck den Gästen übergebene Festschrift ist mit der Auflage von nur 35 Exemplaren eine bibliophile Kostbarkeit der besonderen Art und wird 2019 in erweiterter Form und größerer Stückzahl vorliegen. Mit 238 Seiten und zahlreichen Abbildungen enthält das Heft Beiträge und Analyse von Bernd Kluge und weiteren Autoren über prominente Vereinsmitglieder, die ihre Erkenntnisse als erste bei den Zusammenkünften der BNG vortrugen. Aus den Protokollen und Presseveröffentlichungen von damals geht hervor, dass bei den Zusammenkünften ab und zu alte und neue Münzen und Medaillen vorgezeigt und diskutiert wurden. Manche Vereinsmitglieder waren sich nicht grün, wie das Beispiel einer erbittert geführten Fehde zeigt, die der berühmte Mittelalterspezialist Hermann Dannenberg und Kabinettdirektor Julius Menadier um die berühmten Otto-Adelheid-Pfennige austrugen. Der langjährige Direktor des Berliner Münzkabinetts Bernd Kluge beschrieb in seinem Vortrag, was er ganz persönlich "meinem Dannenberg" verdankt und wie dieser ihn bis heute in seiner beruflichen und publizistischen Laufbahn begleitet und inspiriert hat. Die von Dannenberg, im Hauptberuf Berliner Landgerichtsrat, für seine Bücher gezeichneten Münzbilder sind so präzise, dass man nach ihnen unschwer die Vorlagen in der Sammlung des Berliner Münzkabinetts finden kann.

Besprochen wurde bei dem Festabend und in der Festschrift die Frage, wie die NGB durch schwierige Zeiten, durch zwei Weltkriege, die Nazizeit und die deutsche Teilung kam und wie sie es schaffte, nach der Wiedervereinigung Münzfreunde und Münzforscher in Ost und West, West und Ost an einen Tisch zu bringen und sich neuen Themen durch Bildung von quicklebendigen Arbeitskreisen zu öffnen, die sich mit antiken Münzen und solchen aus der brandenburgisch-preußischen Vergangenheit sowie mit der Förderung der Medaillenkunst befassen. Gewürdigt wurde eine Satzungsänderung, durch die die NGB Unterstützer des Berliner Münzkabinetts und damit auch Patron von Ausstellungen, Publikationen und anderen Aufgaben wurde. In der Festschrift hat sich Bernd Kluge auch mit den schriftlichen Hinterlassenschaften der BNG befasst und sie streckenweise als eher dürftig bezeichnet. Daraus folgt, dass heutige und künftige Generationen aufgefordert sind, die eigene Arbeit besser und dauerhaft zu dokumentieren. Denn verloren ist, was vor langen Zeiten als nicht erhaltenswert erachtet wurde oder was durch Krieg und Nachkriegswirren im Orkus der Geschichte versunken ist.

Der Keim ist entwickelt

Beim Lesen der Festschrift kann man sich in zwar schon recht alte, aber doch auch heute noch gültige Überlegungen prominenter Vereinsmitglieder über den Zustand der Numismatik im Allgemeinen und den der NGB vertiefen. Der später geadelte Münzforscher Bernhard Köhne, Gründungsmitglied von 1843, bemängelte 1844 die "Zurücksetzung" der Numismatik und warum sie noch so darniederliegt. "Der Keim ist entwickelt, aber noch lange nicht gestaltet sich die Knospe zur Duft verbreitenden Blüthe. Um für die Münzkunde mit Erfolg zu wirken, muss man ihr sein ganzes Leben opfern! Wie wenige Münzfreunde haben aber die Mittel hierzu. Die Regierungen also müssen der noch im Jugendalter stehenden Wissenschaft zu Hilfe kommen."

Der Appell an Obrigkeit und Öffentlichkeit ist auch heute, da an Münzen und Medaillen großes Interesse besteht und viele Publikationen sie mit Beiträgen jeder Couleur bedienen, aktuell wie nie. Mit einer vom Ehepaar Fahron gestalteten Diashow klang der Festabend ebenso witzig wie informativ aus. Präsentiert wurden unter dem Motto "Iocus in nummis" numismatische Karikaturen und Aphorismen. Die Bilder und Sprüche machten Mut für kommende Zeiten, in denen die Numismatische Gesellschaft zu Berlin Sammlern und Forschern, Forschern und Sammlern nach Kräften bei ihrer Arbeit und Freizeitbeschäftigung helfen will. Ihr sind viele gute Jahre und ein reger Zustrom an jungen Mitgliedern zu wünschen, die den ja doch recht hohen Altersdurchschnitt senken helfen würden.

23. Dezember 2018

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