Preußens König Friedrich II., genannt der Große, hielt von seinem Neffen und designierten Nachfolger Friedrich Wilhelm nicht viel. 1744 geboren, bestieg der Prinz von Preußen am 17. August 1786 als Friedrich Wilhelm II. den Thron und hatte ihn bis zu seinem Tod am 16. November 1797 inne. Er war ein Lebemann par excellence und ein guter Cellospieler, der schönen Frauen nachstellte und neben dem legitimen Thronfolger Friedrich Wilhelm (III.) auch illegitime Kinder hatte, die er gut versorgte. Unter der Regentschaft des "dicken Wilhelm", wie der Volksmund ihn nannte, blühte in Preußen die Mätressen- und Günstlingswirtschaft. Die "elende Arbeit" des Regierens überließ der König zwielichtigen und machtgierigen Personen.
Dabei hätten die Jahre, als Preußen mit den Auswirkungen der französischen Revolution von 1789 zu tun hatte und mit seinen Verbündeten im Krieg gegen Frankreich unterlag, kluge und innovative Staatenlenker gebraucht. "Wenn aber nach meinem Tode mein Herr Neffe in seiner Schlaffheit einschläft, wenn er in Sorglosigkeit lebt; wenn er, verschwenderisch, wie er ist, das Staatsvermögen verschleudert und wenn er nicht alle Fähigkeiten seiner Seele neu aufleben lässt - sehe ich voraus, dass Herr Joseph ihn über den Löffel barbieren wird und dass in dreißig Jahren weder von Preußen noch vom Hause Brandenburg die Rede sein wird", schrieb Friedrich II. auch mit Blick auf Querelen mit Kaiser Joseph II. und warnte bei anderer Gelegenheit: "Nichts als Unglück aber sehe ich für die voraus, die ihrer Trägheit nachgehen und den Dingen ihren Lauf lassen."
Die letzten Jahre des 18. Jahrhunderts riefen in Preußen, und nicht nur dort, nach Reformen und Erneuerung. Die nach der Regierungsübernahme von Friedrich Wilhelm II. geprägten Medaillen preisen den Herrscher als "Neue Hoffnung des Königreichs", loben ihn als "Schon im Aufgang glänzend" und als "Gewissenhaftester Verfechter der Gerechtigkeit" und wünschen ihm und dem ganzen Land "Blühende Zeiten" und "Öffentliches Glück". Welche Medaillen zwischen 1786 und 1797 zu Ehren des an Baukunst und Musik, nicht aber an Politik und dem Militär interessierten Monarchen sowie Mitgliedern seiner Familie geprägt wurden, haben Gunter Mues und Manfred Olding in einem neuen Katalog erfasst. Dargelegt wird, was die Bildnisse, Allegorien und meistens die wegen ihrer internationalen Verständlichkeit lateinischen Inschriften bedeuten.
Huldigung statt Krönung
Das im Battenberg Gietl Verlag Regenstauf erschienene großformatige Buch mit zahlreichen Abbildungen hat 116 Seiten und kostet 69 Euro (ISBN 978-3-86646-161-1). Es eröffnet eine Serie von Publikationen über die Medaillen der preußischen Könige von 1786 bis 1870, also von Friedrich Wilhelm II. bis Wilhelm I., der am 18. Januar 1871 in Versailles zum deutschen Kaiser ausgerufen wurde. Für Forscher und Sammler bestimmt, ist das Buch eine Danksagung an Gunter Mues, den der Tod im Jahr 2005 daran gehindert hat, das Manuskript anhand einschlägiger Originale in öffentlichen und privaten Sammlungen zu vollenden. Diese Arbeit hat der Osnabrücker Münzhändler und Autor hervorragender Preußenkataloge unter anderem über die Münzen und Medaillen Friedrichs des Großen nun zum erfolgreichen Abschluss gebracht.
Geschaffen von herausragenden Künstlern wie Jacob Abraham, Abraham Abramson, Johann Veit Döll, Karl Wilhelm Hoeckner, Anton Friedrich König, Daniel Friedrich Loos, Friedrich Wilhelm Loos, Johann Jacob Stierle und anderen, im Einleitungsteil durch Kurzbiographien gewürdigte Künstler, erinnern die Medaillen an die mit vielen Hoffnungen verbundene Thronbesteigung des Königs und an seinen vom Volk wenig betrauerten Tod. Da Friedrich Wilhelm II. nicht gekrönt wurde wie 1701 Friedrich I. und Wilhelm I. 1861, sondern sich in verschiedenen Landesteilen nur huldigen ließ, geben diese Medaillen im vorderen Teil des Katalogs den Ton an. Die dort in allen ihren Varianten vorgestellten Medaillen kombinieren das Bildnis des Monarchen mit Inschriften, die auf den Staatsakt hinweisen. Hinzu kommen Preismedaillen, mit denen Künstler und Gelehrte ausgezeichnet wurden, sowie Prägungen zur Beförderung der Wirtschaft und sogar der Seidenindustrie und der Pferdezucht, die sich damals in Preußen allerhöchster Gunst erfreute. Dass sich das preußische Heer in den Koalitionskriegen gegen das revolutionäre Frankreich mit wenig Ruhm bedeckte, sieht man den Medaillen aus den 1790-er Jahren nicht an, die "Lohn des weisen Helden" und "Wiederhergestelltes Einvernehmen" feiern. Wer etwas über diesen "weisen Helden" wissen möchte, findet im einleitenden Teil einige biographische Hinweise, alles andere muss man in der Preußen-Literatur nachlesen.
14. Mai 2018
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