Pflug und rauchende Fabrikschlote
Wie der DDR-Fünfziger von 1950 entstand und woraus er besteht





Der DDR-Fünfziger von 1950 hat einen sehr seltenen Vorgänger mit der "dünnen" Wertzahl 50.



Die frühen DDR-Münzen geben DEUTSCHLAND noch als Herkunftsland an.



Von Franz Krischker stammt auch der Entwurf für die Medaille zum 1949 gestifteten Deutschen Nationalpreis, hier eine Ausgabe aus Gold von 1952.





Der Volkseigene Betrieb Münze der DDR war in einem aus der NS-Zeit stammenden Gebäude am Molkenmarkt untergebracht, hier die Gebäudefront am Rolandufer. Der im Hintergrund sichtbare Fernsehturm wurde 1969 eingeweiht. Die Prägung von Münzen war damals schlecht bezahlte, ausgesprochen monotone Frauenarbeit. (Fotos: Caspar)

Nach der Berlin-Blockade vor 70 Jahren und der Gründung der Bank deutscher Länder dauerte es nicht lange, bis Westdeutschland, am 23. Mai 1949 Bundesrepublik Deutschland, und Ostdeutschland, ab 7. Oktober 1949 Deutsche Demokratische Republik, eigene Münzen und Geldscheine herausgebracht haben. Das ostdeutsche Pendant des westdeutschen Fünfzigpfennigstücks war ein 1949 in wenigen Probeexemplaren und dann 1950 in einer Auflage von beachtlichen 67,7 Millionen in der Münze am Molkenmarkt in der Mitte Berlins mit der Kennung A hergestelltes Fünfzigpfennigstück mit der großen Wertzahl 50 auf der Vorderseite sowie einer Fabrikanlage mit qualmenden Schornsteinen und einem Pflug auf der Rückseite davor. Gestalter des DDR-Fünfzigers mit der Aufschrift DEUTSCHLAND war der an der früheren Preußischen Staatsmünze Berlin tätige Stempelschneider und Medailleur Franz Paul Krischker. Nach dem Zweiten Weltkrieg in Westberlin als Metallgestalter tätig, war er Urheber der Medaille für den 1949 gestifteten Nationalpreis der DDR mit einem Goethe-Kopf auf der Vorderseite. Die Ausgabe des Fünfzigers war in der DDR nötig, weil die Fünfzigpfennigscheine mit der Angabe BERLIN 1948 sehr schnell im Umlauf zerschlissen und Anlass für Klagen in der Bevölkerung waren. Außerdem wollte man sich so schnell wie möglich von den aus der Nazizeit stammenden Münzen trennen, die damals noch in Umlauf waren. Das für die Emission der neuen Kleinmünze benötigte Metall wurde zum großen Teil aus dem Material gestürzter und verschrotteter Bronzedenkmäler gewonnen.

Während in Ost-Berlin noch überlegt wurde, wer die über 67 Millionen Ronden für den neuen Fünfziger herstellt, machte sich Franz Krischker an den Entwurf. Die Bildseite, die das Zusammengehen von Arbeitern (Fabrik) und Bauern (Pflug) als Symbol der 1949 gegründeten DDR schildert, ging bei den SED- und Regierungsgremien anstandslos durch. Gegenüber den seltenen Proben von 1949 hat man allerdings bei der 1950 realisierten Gesamtauflage nur die Zahl auf der Wertseite verändert. Die zunächst magere "50" fiel 1950 kräftiger aus, um sie besser erkennen zu können. Originale Probe-Fünfziger von 1949 erzielen horrende Summen, sollten sie im Handel angeboten werden. Sollten normale Fünfziger von 1950 in "Stempelglanz" angeboten werden, sind ihnen gute Preise sicher.

Nach und nach wurden in der Sowjetischen Besatzungszone die alten Reichspfennige und Fünfziger eingezogen und durch neues Kleingeld aus Aluminium ersetzt, das in Berlin mit dem Münzzeichen A und in Muldenhütten mit einem E gezeichnet wurde. "Die Prägung der neuen Geldstücke stellte für die Münze Berlin eine echte Bewährungsprobe dar. Galt es doch innerhalb kurzer Zeit zig Millionen Münzen für die notwendige Ausstattung unserer Bürger mit neuem Hartgeld gemeinsam mit der Münze Dresden-Muldenhütten zu prägen", erinnerte sich der inzwischen verstorbene Geschäftsführer der DDR-Münze, Hartmut Mielke, und wies darauf hin, dass in Berlin die Zahl der Münzarbeiter verstärkt wurde und man in drei Schichten gearbeitet hat. Pro Schicht seien rund eine Million Münzen erzeugt worden. "Das Münzmaterial wurde aufgrund fehlender Kapazitäten nicht wie früher selbst in der Münze hergestellt. Es wurde in Streifen aus Aluminium bezogen, die auf Egalisierungswalzwerken in mehreren Arbeitsgängen auf die erforderliche Rondenstärke mit einer Toleranz von +/- 0,02 mm gewalzt wurden. Diese Ronden waren nicht immer völlig eben, was sich negativ auf die Qualität der Münzen auswirkte. Nach dem Walzen der Alu-Streifen wurden Ronden in den erforderlichen Abmessungen gestanzt. Nachfolgend wurden die gestanzten Ronden in schwenkbaren Scheuerglocken mit soda- und seifenhaltigen Waschmitteln gescheuert und entgratet." Die nassen Ronden seien dann in großen Zentrifugen mit Warmluft getrocknet worden. Auf speziellen Rändelmaschinen hätten die Arbeiter die Ronden vorgestaucht, danach sei die Prägung der Münze erfolgt, die dann, in Beutel verpackt und verblombt, an die Banken und anderen Ausgabestellen weitergeleitet wurden.

Insgesamt standen nach dem Krieg in der Geldfabrik am Berliner Molkenmarkt für den Mammutauftrag 31 Münzprägepressen der Baujahre 1920/30 mit einer Leistung von 80 bis 120 Stück pro Minute und einem Druck von 80 bis 250 Tonnen, fünf Reibspindelpressen und andere Maschinen zur Verfügung. Die betriebsinterne Bezeichnung für diese Pressen lautete M 100 nach der Leistung von durchschnittlich einhundert Münzen in der Minute. Um 1970 wurden neue Prägemaschinen der bundesdeutschen Firmen Schuler und Gräbener angeschafft. Diese M 250 genannten Geräte brachten es bis auf 250 Münzen in der Minute, während es heutige Maschinen leise klirrend auf 700 und mehr schaffen. Ältere Betriebsangehörige aus DDR-Zeiten klagen noch heute über den fürchterlichen Krach, den die alten M 100 und vergleichbare Modelle machten. Ohne Gehörschutz hätte man in den Prägesälen nicht arbeiten können. Solche urtümlich anmutende Kniehebelpressen sind im Betriebsmuseum der Staatlichen Münzen an der Ollenhauerstraße 97 im Bezirk Reinickendorf ausgestellt und auch auf verschiedenen Medaillen des VEB beziehungsweise der Staatlichen Münze Berlin abgebildet.

22. Januar 2018

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